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I. Begriff und Arten des Rechtsobjekts
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1. Die Zementfabrik „mit allem, was dazugehört“, mag eine wirtschaftliche Einheit sein; aber das heißt noch nicht, dass es sich bei ihr um einen Gegenstand im Rechtssinne handelt, der als Einheit veräußert werden könnte.
Veräußerung ist Übertragung des Eigentums, also Verfügung im Gegensatz zum Verpflichtungsgeschäft, etwa einem Kaufvertrag. Die Übereignung als dingliches Rechtsgeschäft ist von dem zugrundeliegenden Schuldverhältnis strikt zu trennen (Trennungsprinzip) und im Interesse der Rechtssicherheit abstrakt ausgestaltet, dh Mängel im Grundgeschäft (der causa) lassen die Wirksamkeit der Übereignung unberührt (Abstraktionsprinzip; s. unten Rn 237 f). Die sachenrechtliche Zuordnung jedes einzelnen Rechtsobjekts muss auch für an dem Rechtsgeschäft unbeteiligte Dritte möglichst eindeutig sein. Das dingliche Rechtsgeschäft muss daher bestimmt, dh auf einen konkreten Gegenstand bezogen sein (Spezialitätsprinzip). Während ein Schuldverhältnis, das nur zwischen den Parteien wirkt (§ 241), problemlos eine Vielzahl von Gegenständen betreffen kann, erfordert deren Übertragung so viele Verfügungsgeschäfte, wie Gegenstände da sind, selbst wenn – äußerlich gesehen – alle Geschäfte in einem Akt vorgenommen werden können.
U kann also „die Zementfabrik“ mit allem, was dazugehört, als Ganzes verkaufen (vgl § 433). Ob er auch mit einem Rechtsgeschäft über das Ganze verfügen kann, hängt davon ab, ob das Unternehmen ein Gegenstand im Rechtssinne ist. Andernfalls sind so viele Verfügungsgeschäfte erforderlich, wie Gegenstände da sind. Dabei unterscheiden sich die Verfügungsgeschäfte nach der Art der Gegenstände, zB gelten für bewegliche Sachen §§ 929 ff, für Grundstücke §§ 873 ff, und Forderungen werden nach § 398 abgetreten.
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2. § 90 definiert den „Gegenstand“ nicht, setzt den Begriff vielmehr voraus. Gegenstand oder Rechtsobjekt ist der Gegenbegriff zum Rechtssubjekt. Rechtsobjekt ist alles, was vom Menschen beherrschbar ist und ihm von der Rechtsordnung zugeordnet werden kann. Es reicht für die Rechtsobjektqualität aus, dass in irgendeiner Form Beherrschung und Zuordnung möglich sind. So ist zB der Hase auf dem Feld als herrenloses Tier ebenso ein Rechtsobjekt wie die „Berliner Luft“ in der Dose oder der elektrische Strom in der Leitung.
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Daran, dass Tiere Rechtsobjekte sind, kann auch § 90a idF des G „zur Verbesserung der Rechtsstellung des Tieres im bürgerlichen Recht“ vom 20.8.1990 (BGBl I 1762) nichts ändern. Auch wenn Tiere keine „Sachen“ mehr sein sollen (§ 90a Satz 1), bleiben sie doch Sachen (Satz 3), mögen auf Tiere auch besondere Schutzvorschriften anwendbar sein (§§ 251 II 2, 903 Satz 2; § 811c ZPO; TierschutzG). Vgl die Glosse von K. Schmidt, Sind Hunde Plastiktüten?, JZ 1989, 790.
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Die Rechtsobjekte können körperlicher oder unkörperlicher (immaterieller) Art sein. Körperliche Gegenstände bezeichnet man als Sachen, § 90. Die Unterscheidung zwischen beweglichen und unbeweglichen Sachen (Grundstücken) ist vor allem für die Übereignung wichtig, vgl §§ 929 ff für bewegliche Sachen mit § 873 für Grundstücke. Den Grundstücken gleich stehen die grundstücksgleichen Rechte, zB das Erbbaurecht als das vererbliche und veräußerliche Recht, ein Gebäude auf einem fremden Grundstück zu haben (vgl §§ 1, 11 ErbbauRG).
F152
Im Schuldrecht von gewisser Bedeutung (zB für § 650 Satz 3 oder für die Art des Schadensersatzes in §§ 249 I, 251 I) ist die Definition von vertretbaren Sachen in § 91. Ob eine Sache vertretbar, also durch eine gleiche ersetzbar, ist, bestimmt sich rein objektiv nach der Verkehrsanschauung. Unvertretbare Sachen sind zB ein Ölgemälde, ein Maßanzug und grundsätzlich alle gebrauchten Sachen. Vertretbare Sachen sind etwa ein Ei, ein (neuer) Palandt. Vertretbare Sache ist keineswegs gleichbedeutend mit einer Gattungsschuld (§ 243): Ob diese oder eine auf das konkrete Einzelstück bezogene Stückschuld (Speziesschuld) vorliegt, können die Vertragspartner frei vereinbaren, zB dieses konkrete Kleid von der Stange (vertretbare Sache) kaufen (Spezieskauf).
F153
Zu den verbrauchbaren Sachen in § 92 I gehören vor allem Nahrungsmittel und Geldscheine, aber auch zur Veräußerung bestimmte Handelsware nach § 92 II. Vom Verbrauch als Substanzverzehr zu unterscheiden ist der Gebrauch einer Sache; vgl § 598 mit §§ 607 I, 700 I.
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Unabhängig von der Zweckbestimmung ist alles, was körperlich selbstständig, dh räumlich begrenzt ist, eine selbstständige Sache.
Folglich ist jede Maschine, jeder Lastwagen, jedes Grundstück (die Grundstücksgrenze muss, anders als bei beweglichen Sachen „künstlich“ gesetzt werden), jeder zur Zementherstellung bestimmte Gegenstand, kurz jede Sache, „die zum Unternehmen gehört“, ein selbstständiges Rechtsobjekt. Die Wirtschaftseinheit „Unternehmen“ zerfällt also in eine große Zahl selbstständiger Rechtsobjekte.
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3. Rechte sind ebenfalls Rechtsobjekte, weil auch sie zugeordnet und grundsätzlich auch übertragen werden können. Der Eigentümer einer Sache hat eine ganz ähnliche Stellung wie der Inhaber eines Rechts, zB der Gläubiger einer Forderung.
Der Gläubiger U kann eine Forderung aus dem Verkauf von Zement abtreten oder verpfänden (vgl §§ 398, 1273, 1279) oder seine Grunddienstbarkeit aufgeben (vgl § 875). Er kann auch sein Patent einem anderen übertragen oder ihm eine Lizenz einräumen, die zur Nutzung der patentierten Erfindung berechtigt (vgl § 15 I, II PatG).
Rechtsobjekte sind nicht nur die absoluten, sondern auch die relativen Rechte. Absolute Rechte wirken gegen jedermann. Musterbeispiel ist das Sacheigentum, § 903. Doch muss das absolute keineswegs immer ein dingliches (= aus dem Sacheigentum fließendes) Recht sein. Absolute Rechte sind zB auch die Immaterialgüterrechte, wie das Patent und das Urheberrecht. Relative Rechte wirken hingegen nur zwischen dem Berechtigten und dem Verpflichteten; dritte Personen geht diese Beziehung – die Forderung – nichts an.
So ist die Grunddienstbarkeit (§ 1018) ein dingliches Recht, das U auch gegen einen Dritten, der ihn im Abbau stört, oder gegen einen Erwerber des Grundstücks geltend machen kann. Hat dagegen N dem U die Überfahrt gestattet, ohne ihm eine Dienstbarkeit einzuräumen, dann wirkt das Recht des U als schuldrechtliches nur relativ, dh nur gegenüber N als Verpflichtetem. Veräußert N das Grundstück, so kann U vom Erwerber Duldung der Überfahrt nicht mehr fordern. Die Relativität des Rechts ändert aber nichts an seiner Eigenschaft als Rechtsobjekt.
Teil II Die Rechtsobjekte › § 8 Rechtsobjekte. Objektverbindungen: Bestandteile, Zubehör. Unternehmen als Rechtsobjekt › II. Objektverbindungen