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Anbeginn

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Vor Anbeginn unserer Zeit war das Nichts in Form von zwei uferlosen, grundlosen Schwarzwasserseen in der unendlichen Zeitlosigkeit verloren. Der eine war aus flüssigen Eis der andere aus glühenden Wasser. Über diesen beiden Seen schlief Gott in der Gestalt von drei Schwestern den ewigen Schlaf der Zeitlosigkeit

Die Eine, die über dem flüssigen Eis schlief hieß Aura, die Herrin über die Wasser, die Wälder und den Winter, die über dem glühenden Wasser schlief hieß Kera, die Herrin über Feuer, die Steppe und den Sommer. Zwischen ihnen und zwischen den beiden Seen schlief Midra, die Trennende und Verbindende, Herrin über Frühjahr und Herbst, die Seele des Friedens.

Aus einer anderen oder einer längst zerflossenen Ewigkeit zog der schwache Hauch eines Traumwindes und berührte eine Wimper von Aura und die Schwester begann zu träumen. Mit jedem Traumbild wurde der Traumwind stärker, erhob sich und berührte die anderen Schwestern. Die Traumbilder von allen Dreien machten den Traumwind so stark, dass er über die Wasser strich und kleine Wellen in die Uferlosigkeit schickte. Als die Wellen so groß wurden, dass das erste Plätschern zu hören war erwachte Aura und weckte ihre Schwestern. Dies war der Augenblick in dem die erste Sekunde unserer Ewigkeit zu laufen begann.

Aura und Kera wollten sich umarmen, vor lauter Freude um den Hals fallen, jedoch Feuer und Eis hätten den Traumwind ins Chaos gestürzt. Erst als Midra sich aus ihrem Lager erhob und jede die Schwester umarmen konnten, waren sie imstande ihren Reigen zu beginnen. In Midras Lager jedoch begannen sich die beiden Schwarzwasserseen zu mischen und sich durch die Kraft des Reigens in einen gewaltigen tosenden Strudel zu vereinen.

Jede Luftblase darin bildete eine neue Welt, jede Schaumkrone eine Milchstraße. Je schneller die Schwestern tanzten desto mächtiger und gewaltiger wurde der Strudel und je mehr Welten bildeten sich. Eine Vielzahl von Welten und Sonnen ordneten sich zu Milchstraßen.

Ihre Anzahl ist genau bemessen, zähle die Sterne zu Mitsommer, nehme mal mit dem Laub des Herbstes, zähle die Tropfen des Regens seit den ersten Tagen und nehme nochmals mal, so hast du die genaue Zahl der Welten bis zum nächsten Regen.

Eine dieser Welten war unsere, die mit dem Mond viel zu schnell um die Sonne taumelte. Doch nun unterbrachen die drei Schwestern ihren Reigen, um ihre Traumbilder auszusenden die als Tiergeistwanderer die letzte Ordnung in das Weltgefüge brachten.

Auf unsere Welt kam der mächtige Stier, stellte seine vier Beine fest auf die Erde, nahm den Mond zwischen seine Hörner und hob ihn auf den richtigen Abstand. Dann bremste er den schnellen Lauf der Jahre und richtete das Jahr, das Monat und den Tag ein. Als unsere Welt nun so weit war, kamen die drei Schwestern in der Gestalt von drei Kranichen und tanzten rund um den Stier. Wo ihre Beine den Boden berührten wurde alles grün, noch nicht so wie das Grün das wir aus unserer Zeit kennen, sondern eher wie das Grün der Steine in den Bächen. Erst langsam wurde Mutter Erde weiblich und der Mond zu ihrem Mann.

Von nun an begann im Tau des Mondes und in den Tieden der Meere die Vielfalt des Lebens zu blühen und zu wachsen. So begann unsere Ewigkeit und wenn man einen Stier auf der Wiese sieht und Kraniche in seiner Nähe, so ist noch immer der Willen Gottes im Gewand der drei Schwestern zu spüren.

So jetzt wissen sie, dass es nicht um nette gute Nacht Geschichten geht. Wenn man sich darauf einlässt und darüber nachdenkt, können einem die Märchen doch aus unseren festgetretenen Pfaden stoßen und dazu verleiten ein Stück auf einem neuen Weg zu gehen.

Ich hatte einmal einen Psychiater bei einer meiner Erzählungen dabei, der danach gemeint hat: das sind wohl die Geschichten seiner Vorgänger die ganz einfach ein Märchen angeboten und die Zuhörer eingeladen haben ihren Weg darin zu finden.

Ich war damals sehr berührt von dieser Sichtweise und sie werden im Laufe dieses Buches merken, dass viele Geschichten sogar einen medizinischen Hintergrund haben beziehungsweise fast Gebrauchsanweisungen sind oder altes Leid erklären und helfen es zu verstehen.

Eine meiner Lieblingsgeschichten, wenn´s um medizinisches geht, ja fast schon ein Rezept mit samt der Gebrauchsanweisung. Die Pechsalbe um dies hier geht gab’s bis vor einigen Jahren in jeder Apotheke zu kaufen.

Märchen aus Samüdia

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