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Handy

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Herr N., Sie werden ihn nicht kennen, lehnt es ab, sich ein Handy anzuschaffen. Er brauche solch ein neumodisches Ding nicht, sagt er. Bisher habe er es problemlos geschafft, ohne ein Handy durch die Welt zu kommen, immerhin mit achtzig. Und dabei solle es auch bleiben, meint Herr N. Ihn umzustimmen, gerade ihn mit seinen immerhin achtzig von den Vorzügen dieser technischen Errungenschaft zu überzeugen, gelingt uns nicht. Herr N. will ganz einfach nicht und damit basta.

Herr D., auch ihn werden Sie nicht kennen, wohnt in einer Urbanisation. Stellen Sie sich eine Anhäufung von Häusern vor, die ein sich so nennender Erschließer oder Immobilienmakler auf ein großes kahles Gelände gesetzt hat. Er gestaltet einen Swimmingpool, pflanzt Palmen, Olivenbäume und Oleander, spricht von traumhaftem Fernblick und verkauft die Eigenheime dann für viel Geld als Finkas. Zur Sicherheit der Eigentümer ist eine solche Urbanisation dann von einer Mauer oder einem festen Zaun umgeben. Ein Tor, meist steht es offen, gestattet den Zugang.

Als ich Herrn D. besuche, ist es verschlossen. Ich suche auf dem Klingeltableau mit 36 Knöpfen nach dem Namen unseres Freundes. Den finde ich nicht, nur Nummern. Von eins bis sechsunddreißig, denn es ist eine gehobene Wohnanlage, deren Bewohner anonym bleiben wollen, aus Sicherheit, sagen sie. Nur, welche der Nummern ist nun die richtige?

Ich versuche es mit einer Klingel. Ohne Erfolg. Versuche es mit dem zweiten Knopf, dem dritten, vierten - über die Sprechanlage meldet sich keiner. Bei meinem 10. Versuch sagt mir eine liebe Kinderstimme, die Mammi habe verboten, die Tür für fremde Männer aufzumachen. Es geschieht auch nichts, trotz meines inständigen Bittens. Das gehorsame Kind hat lediglich vergessen, den Hörer aufzulegen - also sind alle weiteren Klingelversuche vergebens.

„Aber wozu gibt es ein Handy?“ sage ich so vor mich hin. „Welch großartige Erfindung doch für solche Notfälle.“ Problemlos kann sie mir wenigstens das Tor öffnen ..., vorausgesetzt, die Telefonnummer unseres Freundes D. ist gespeichert. Sie ist es nicht (inzwischen wohl). Ich suche im Speicher unsere häusliche Telefonnummer unter unserem Namen und drücke den Knopf mit dem grünen Symbol. Mit klarer, mir wohlvertrauten Stimme meldet sich unverhofft die Schwiegermutter unseres Sohnes, die in der Frankfurter Wohnung gerade nach dem Rechten sieht. Ich muß wohl auf den falschen Knopf gedrückt haben. Aber sie freut sich über den unerwarteten Anruf und will nun sofort wissen, wie es denn so geht, wie ich mich fühle, wie so das Wetter hier ist - in Frankfurt sei es lausig kalt und von Mallorca habe man ja auch Schreckliches gehört usw. Höflich beende ich das Gespräch und wähle erneut, diesmal richtig. Meine liebe Frau ist dran. „Frage jetzt nichts. Ruf einfach den D. an und bitte ihn, mir das vermaledeite Tor zu öffnen.“ Nach einigen Minuten des Wartens wird mir tatsächlich aufgetan. Fröhlich kommt mir unser Freund D. entgegen. Er habe sich schon solche Sorgen gemacht, wo ich nur bleibe! Wie freut man sich über solche Anteilnahme und wie haben wir uns über das Wiedersehen gefreut.

Aber warum erzählt er uns das nur? werden Sie fragen. Was interessiert es uns, wie der in ein Haus kommt. Sie werden es bald erfahren. Dazu müssen wir wieder zurück zu unserem Herrn N., na, Sie wissen es noch: Das ist doch der, den ich Ihnen eingangs bereits vorstellte. Wie wäre der wohl ins Haus gekommen? Wie hätte der das geschafft, ohne Handy? Wäre er über die Mauer geklettert? Nein, Herr N, ist nicht mehr so sportlich, zumal in seinem Alter. Hätte er gewartet, bis jemand das Tor von innen öffnet? Auch nein, denn alle Bewohner gehen tagsüber außerhalb ihrem Broterwerb nach, wie mir unser Freund D. zur Erklärung sagte. Oder hätte er gar um Hilfe gerufen, wie neulich, bei einem Waldspaziergang, der sich unbeabsichtigt bis in die Dunkelheit hinzog? Er stolperte auf einem abschüssigen, steinigen Weg und verstauchte sich den Fuß. Keiner hörte seine verzweifelten Hilferufe. Mit Mühen konnte er sich zurück in sein Haus schleppen.

Herr N., heute geht es ihm zum Glück wieder gut, zieht gerade in Erwägung, sich doch solch ein neumodisches Ding anzuschaffen.


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