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Zeitkrise

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Bei allem „Mehr“ bleibt ein Faktor immer gleich. Die Zeit. Sie beschleunigt sich nicht. Sie tut, was sie immer tut. Sie vergeht einfach. Egal, ob wir eine Stunde aus dem Fenster blicken und vorbeiziehende Wolken beobachten oder ob wir in diesen 60 Minuten drei Produkte online erworben, zwanzig Nachrichten auf vier Kommunikationsebenen gecheckt und filmschauend 20 Laufbandminuten hinter uns gebracht haben.

Die Zeit ist weg. Nur. Was haben wir als sinnvoll erlebt? Haben wir überhaupt etwas erlebt?

Der deutsch-koreanische Philosoph Byung-Chul Han spricht von Dyschronie und meint damit ein eher wirres Nebeneinander von Abläufen. „Wenn ich in einem Leben möglichst viele Weltmöglichkeiten umsetzen kann, brauche ich kein Versprechen auf Unsterblichkeit … aber dieses Kalkül ist naiv“5, sagt Byung-Chul Han. Fülle werde mit Erfüllung verwechselt. Schon die griechischen Philosophen haben uns klargemacht: Ohne das Erlebte nicht zu erfahren und ohne das Erfahrene nicht wirklich zu erkennen und zu verstehen, werden wir nicht genießen können. Wenn also all die auf uns einprasselnden Innovationen und Beschleunigungsmechanismen nicht mehr zu verarbeiten sind, setzen Überforderung und Desinteresse ein. Das wiederum führt über kurz oder lang zu innerem Abschalten und der Verweigerung neuer Botschaften und Produkte. Der umworbene Rezipient geht auf „off“. Sinn hat das keinen mehr. Und Unzufriedenheit und Wut wird es schließlich – um nochmals zur Multioptionswelt für Konsumenten zurückzublenden, wenn man sich beim Kauf eines Produktes, bei der Wahl eines Urlaubsziels, bei einem Mietvertrag in der Eile für die aus seiner Sicht dann doch falsche Option entschieden hat. Also wenn der Konsument nicht nur im Angebotswahnsinn aufgegeben, sondern auch noch eine unüberlegte, dann bereuende Entscheidung getroffen hat. Etwa weil die Schönheit der BiN (Bilder im Netz – Abkürzungscopyright beim Autor) jene der Realität am Urlaubsort eine Spur übertroffen oder sich das Hochqualitätsprodukt auf der Homepage nach Lieferung als Nachahmungsmist entpuppt hat.

Aber auch wenn es die für ihn letztlich doch passende Option geworden ist, erlebt der Mensch von heute ein mittel- oder langfristig zum Verbrauch gedachtes Produkt noch als sinnstiftendes Objekt? Wie lange dauert die Freude? Überlegen Sie für sich selbst. Fernseher, iPad, Auto, Fidget Spinner … egal, wie groß oder klein, wie teuer oder billig. Wie lange hält sie?

Selbstverständlich ist nichts mehr

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