Читать книгу Arbeitsrecht - Hans Brox - Страница 20
III.Vertragsfreiheit und Tarifvertrag
Оглавление30Einseitig zum Nachteil des schwächeren Arbeitnehmers wirkende Ergebnisse werden vermieden, wenn beim Vertragsschluss auf der Arbeitnehmerseite nicht der einzelne Arbeitnehmer, sondern eine Vereinigung der Arbeitnehmer steht. Das ist beim Tarifvertrag (Rdnr. 775 ff.) der Fall. Hier führt das Prinzip der Vertragsfreiheit in aller Regel zu gerechten Ergebnissen, da annähernd gleich starke Parteien den Tarifvertrag schließen und diesen notfalls durch Arbeitskampf (Rdnr. 864 ff.) erzwingen können.
31Existenz und Betätigung der Gewerkschaften, zu denen sich die Arbeitnehmer im Wege der Selbsthilfe zusammengeschlossen haben, sind heute verfassungsrechtlich geschützt. Art. 9 Abs. 3 GG gewährleistet allen Arbeitnehmern die Freiheit, sich zu ihnen zusammenzuschließen. Die Gewerkschaften treten den Arbeitgebern und den gleichfalls durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Arbeitgeberverbänden als ebenbürtige Partner gegenüber; sie schließen mit diesen den Tarifvertrag ab. Die Normen des Tarifvertrags wirken wie ein Gesetz unmittelbar und zwingend auf den Arbeitsvertrag ein (§§ 1, 3, 4 TVG; Einzelh.: Rdnr. 804 ff.).
Beispiel: In einem Verbandstarifvertrag einigen sich der Arbeitgeberverband A und die Gewerkschaft G für eine bestimmte Tätigkeit (Entgeltgruppe) auf einen Stundenlohn von 16,– Euro. Ein Arbeitgeber, der dem Verband A angehört, vereinbart im Arbeitsvertrag mit einem in der Gewerkschaft G organisierten Arbeitnehmer einen Stundenlohn von 14,50 Euro. Zwingende Wirkung des Tarifvertrags: Die Lohnvereinbarung von 14,50 Euro wird verdrängt. Unmittelbare Wirkung des Tarifvertrags: Der Tariflohn von 16,– Euro tritt an die Stelle der einzelvertraglichen Vereinbarung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 TVG; Rdnr. 805), wird aber nicht Bestandteil des Einzelarbeitsvertrags.
32Die Vertragsfreiheit der Parteien des Arbeitsvertrags wird durch den Tarifvertrag jedoch insoweit nicht eingeschränkt, als die einzelvertragliche Abmachung für den Arbeitnehmer günstiger ist als die tarifliche Regelung (§ 4 Abs. 3 TVG; Günstigkeitsprinzip; Rdnr. 807 ff.).
Im Beispielsfall würde ein arbeitsvertragliches Entgelt von 17,– Euro/Stunde nicht durch den Tarifvertrag verdrängt.