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Kein Jenseits?

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Jenseits? Ist das nicht etwas für Predigten in Gotteshäusern? Doch auch Künstler haben sich viel­fach damit beschäftigt. Jetzt kommen sogar unerwartete Äußerungen aus der wissenschaftlichen Ecke. Abschalten, nicht hinhören, ist sicher kein Krimi!? Aber woher kommt die Welt, - aus dem Nichts?

Überall gelten dieselben Naturgesetze. Die winzigen Atome in uns und in allem und die noch viel kleineren Elementar­teilchen kennen sie genau, verstehen sie genau, gehorchen ihnen genau. Die riesigen Sterne über uns, und die Sonne ist einer von ihnen, und die noch viel gewaltigeren Gala­xien, die aus einer immensen Zahl von Sternen bestehen, kennen diese Naturgesetze genauso, verstehen sie genauso, gehorchen ihnen genauso. Wir selber, unser persönliches Leben, befinden sich irgendwo zwischen diesen Extremen, vielleicht etwa in der Mitte. Hier müssen dieselben Naturgesetze genauso gelten.

Wenn wir diese Welt verstehen wollen, haben wir die Auswahl zwischen mehreren grundlegend ver­schieden erscheinenden Disziplinen. Die älteste Art, sich dem Unverständlichen zu nähern, ist sicher eine religiöse Einstellung, klar zu trennen von einer institutio­nalisierten Religion, und zur Philosophie führend. In der Antike folgte dann die Kunst mit Methoden der Darstellung. Erst in der Neuzeit kamen als dritte Art die Natur­wissen­schaften dazu, welche mathematische Beschreibun­gen und die moderne Technik mit sich brachten. Alle diese Bereiche müssen denselben Natur­gesetzen gehorchen. Doch es sind auch noch weitere, teils gefundene und teils geschaffene Gesetze dazu gekommen.

All diese weiteren Gesetze gelten jedoch nicht universell, sondern immer nur beschränkt. Das gilt glei­cher­maßen für den jeweiligen religiösen Bereich, was zur Etablierung von Religionen geführt hat, für den künstle­rischen Bereich, was unter anderem verschiedenen Stilrichtungen mit sich brachte, und auch für die Naturwissenschaften, wo die einzelnen Disziplinen (etwa Physik, Medizin und schließlich die gesamte Technik) ihre spezifischen Vorgehens­weisen haben. Die zugrunde liegenden zusätzlichen Annahmen und die Geltungs­bereiche sollten klar benannt werden.

Das ist aber absolut nicht generell der Fall, was zu vielen heftigen Auseinandersetzungen in prak­tisch allen Gebieten geführt hat, also in entsprechender Art im religiösen, künstlerischen und naturwissen­schaftlichen Bereich. Wie schon gesagt, befinden sich unsere Welt, die Erde, unser Land, unser Lebens­ort, wir selber, unser persönliches Leben, irgendwo zwischen extremen, erst in jünge­rer Zeit bewusst gewordenen Welten. Vielleicht können wir diese Bereiche etwa in der Mitte zwi­schen den Galaxien und den Elementar­teilchen orten. Im Prinzip sollten speziell im menschlichen Bereich das öffentliche und das private Leben in ähnlicher Weise davon betroffen sein.

Wie ein merkwürdiger krächzender Rabe ausgerechnet im fernen Thailand auf dieses als zentral er­schei­nende Thema gestoßen ist, wurde bereits in einem vorigen Buch “Asiatische Nächte” erzählt. Verblüffende Parallelitäten zwischen privaten und öffentlichen ganz verschiedenen Lebens­berei­chen kamen ins Visier, unterschiedlich insbesondere auch zwischen dem europäisch geprägten Westen und dem asiatisch geprägten Osten.

Ist die tief eingewurzelte Bezugnahme auf Raum und Zeit die entscheidende und grundlegende Zusatz­annahme für alle Lebensbereiche und für unser Vorgehen im Verständnis dieser Welt? Raum und Zeit scheinen nicht Teil der allgemeingültigen Gesetze für alle Bereiche, sondern erst in einer weiteren, mög­licherweise nur menschlichen Entwicklungsphase dazu gekommen zu sein.

Gibt oder gab es irgendwo noch kein Wann? Gab oder gibt es irgendwann noch kein Wo? Und ebenso in der Zukunft? Die Verschränkung mag durchaus hintergründig sein und nicht nur gelten vor dem sogenann­ten Anfang oder nach dem sogenannten Ende, sondern vielleicht auch außerhalb von Allem oder im tiefsten verborgenen Inneren. Der Gedanke an ein mögliches Jenseits geistert durch alle Orte und alle Zeiten, ohne dass kaum die Begriffe Ort und Zeit selbst infrage gestellt wurden. Das kann aber von größter Bedeutung nicht nur für eine abstrakte, uns mehr oder weniger fern liegende Welt­beschrei­bung, sondern ähnlich wichtig sowohl für unser eigenes privates als auch für das darüber liegende öffent­liche Leben sein. Wenn wir entsprechend der eigenen Neigung vom eigenen privaten Leben ausgehen, können wir auf zunächst völlig wirr anmutende Fragen stoßen.

Gibt es Engel und Teufel? Ist eine Julia mein Engel? Bin ich selber ein Teufel? Was ist real, was imaginär? Was ist richtig, was ist falsch? Was ist gut, was ist schlecht? Was ist echt, was ist fake? Ist Ordnung besser oder die größere Freiheit in einer chaotischen Situation? Müssen wir uns auf Kom­promisse einlassen? Kommt es auf den genauen Zeitpunkt an oder nicht?

Ist alles eine Reality-Show oder gibt es ein Jenseits? Gibt es etwas, was nicht ist? Philosophen an die Front, oder sind Lebenskünstler gefragt? Sind diese vielen Fragen sinnlos, oder regelt sich nicht alles von allein?

Für uns selbst gibt es kein Jenseits. Dieses lässt sich in der Natur nicht finden, und dieses Gesetz kann von keiner Kultur durchbrochen werden. Das heißt aber nicht, dass es ein Jenseits überhaupt nicht gibt. Wenn wir jenes Gesetz verletzen, werden wir möglicherweise bestraft. Gesetze und Strafen können grausam sein. Aber sie sind deswegen nicht sinnlos. Kommt alles aus einem Jenseits oder geht schluss­endlich dorthin? Beides könnte offensichtlich wahr sein. Klingt Offenbarung nicht ganz ähnlich? So sehr diese Ähn­lich­keit der Worte uns gefallen mag, so hat diese Aussage jedoch keinerlei Beweiskraft.

Können wir irgendetwas über jenes Jenseits sagen, ob es wahr oder hypothetisch, mit Eigenschaften versehen oder nicht, echt oder nur als fake existierend ist? Oh ja, - es muss sehr einfach sein. Es hat gewiss keine komplexe Struktur, kennt so etwas wie Moral oder Schönheit noch nicht. Alle und sämt­liche menschliche Eigenschaften und zuvor sogar die tierischen schon und vielleicht noch wei­tere sind erst hinzugekommen, als etwas ganz geheimnisvolles entstand, was wir Entwicklung nennen. Vor allem aber, und dies ist für alle Einsicht von größter Bedeutung, fehlen Raum und Zeit.

Jenseits von Wo und Wann

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