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Kein Wo?

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Raum und Zeit beherrschen aber unser menschliches Leben. Können wir “ihnen” noch entfliehen? Wahrscheinlich sind sie ein zusammen gehöriges Paar, das nicht voneinander getrennt werden kann. Und wenn wir das dennoch versuchen, zum Beispiel uns für einen anderen Ort entscheiden? In Europa leben, oder in Asien? Blumen im Vorgarten pflanzen, oder die Rückseite des Mondes erforschen?

Für uns gibt es im allgemeinen nur wenig Wahl, wo wir leben können. Fortbewegung braucht Energie, und die Energie ist begrenzt. Sie entsteht durch Umwandlung aus dem, was Materie heißt, speziell zum Beispiel aus Futter oder Rohstoffen oder Elementen im Inneren der Sterne und ins­besondere unserer Sonne. Erzeugung von verwendbarer Energie braucht Raum und Zeit, viel Energie braucht viel Raum und Zeit. Wenn manche Menschen durch großen Energieverbrauch indirekt mehr Raum und Zeit beanspruchen als andere, so geht das auf Kosten der übrigen Men­schen, und bei Tieren ist das, nebenbei bemerkt, genauso. Ist das der Grund, warum Menschen, die viel reisen oder vielleicht sogar ganz in fernen Ländern leben, mit so scheelen Augen angesehen werden?

Nun, ein normal lebender Mensch mit einem normalen Einkommen - und wir wollen an dieser Stelle ganz bescheiden versuchen, ohne eine längliche Diskussion des bisweilen schillernden und dann wie­der fast kriminell nicht beachteten Wortes “normal” auszukommen, wollen aber damit Kapi­tal anle­gende reiche Leute und auch extreme Kommunisten ausschließen, - ein solcher Mensch hat in vielen westlichen Staaten trotz mehrerer schrecklicher Kriege im allgemeinen die Wahl, sein Geld auf zwei völlig verschiedene Arten anzulegen. Entweder kann mann oder frau es zur Gründung einer festen Existenz anzulegen, was meist den Erwerb eigenen Wohnraums ein­ schließt, möglichst eines eigenen Hauses und sogar des darunter und ringsherum befindlichen Grund und Bodens. Die andere Möglich­keit ist, ungebunden zu bleiben, nur zur Miete zu wohnen und dadurch viel in der irdischen Welt herum­zukommen. Ökonomisch und ökologisch lassen sich ohne dogmatische Vorurteile kaum Vorteile für die eine oder die andere Lebens­art ausmachen. Selbstverständlich werden solche Vorteile sofort mit felsenfester Miene behauptet, doch wenn die zugrunde liegenden Vorurteile auch bisweilen schwer zu entlarven sind, so bleibt die Sache doch mehr als zweifelhaft.

Der Rabe hat sich, nicht zuletzt beeinflusst von Kriegserlebnissen, wo er die plötzliche Annihili­sierung von Häusern tausendfach erlebt hat, für ein weitgehend besitzloses Wanderleben entschie­den. Dass er nach Thailand kam, mag fast zufällig erscheinen, war auch wirklich nicht seine eigene Idee. Wieder werden gerne Vorurteile bemüht, um eine Begründung zu finden. Er wolle ja nur junge Kätzchen dort vernaschen, habe es auch nicht geschafft, eine finanzielle Sicherheit zu schaffen. Natürlich ist ein wenig Wahrheit daran, aber eben nur ein wenig. Nach einigen Jahren tatsächlichen Lebens in solchen Umständen plustert er sich sehr viel selbstbewusster, hält es arroganterweise gar nicht mehr für nötig, auf all die kleinen Argumente einzugehen, welche diese Meinung kontra­karieren könnten.

Ist das die Arroganz eines Pseudo-Philosophen, der plötzlich die Nichtigkeit von Raum und Zeit fast überall und jederzeit zu sehen glaubt? An diesem Satz stimmt kein einziges Wort. Weder gibt es Pseudo-Philosophen noch sind Raum und Zeit nichtig, und vollends kann man nicht von überall reden, wenn der Raum nichtig ist, und ebenso nicht von jederzeit, wenn die Zeit nichtig ist. Die umgekehrte sogenannte positive Behauptung aber, dass die abstrakten Geisteskinder Raum und Zeit überall und immer Lebens­recht haben, stimmt genauso wenig.

Die Lösung dieses im Grunde philosophischen Problems kennen die Mathematiker längst. Aber wer will schon im täglichen Leben etwas von den Fundamenten der Mathematik ausgraben? Diese Funda­mente sind kein Fundamenta­lismus, sondern besagen schlicht und einfach, dass zu jedem Gesetz, wel­ches nicht eines jener geheim­nisvollen allgemeinen Naturgesetze ist, ein Geltungsbereich ange­geben werden muss. Wir müssen uns mit der Idee anfreunden, dass die beiden Geistes­kinder Raum und Zeit nicht Teil der allgemeinen Naturgesetze sein mögen. Sofort donnern die Maschinengewehre los: Beweis, Beweis, Beweis, Beweis, Beweis . . . und dann folgt das Zeigen von Einstein-Fahnen. Der pseudo-­arro­gante Rabe antwortet nur raab raab und krächz krächz. Sucht doch mal nach dem Beweis, dass Raum und Zeit Teil der allgemeinen Natur­gesetze sind! Das sagt übrigens nichts dagegen, dass Einstein gewal­tigen Fortschritt gebracht hat. Doch auch er war nur ein Mensch. Liebte er nicht Polyamory? Wie bitte, was? Was hat das denn hier verloren?

Wenn wir den Geltungsbereich der gewohnten Gesetze unseres Lebens verlassen, bedeutet das Aben­teuer. Gleichzeitig können wir dann das nebulöse Land der Philosophie betreten. Dass Aben­teuer und Philo­sophie eng miteinander verbändelt sind, ist nicht nur in den Fokus des Raben gera­ten. Sind es ähnliche Vögel, die auf der Webseite www.adventurephilosophy.com darauf abzielen, damit "andere zu inspi­rieren, in allen Bereichen des Lebens eigene Abenteuer zu suchen, Träume zu verfolgen, kreativ zu sein, und die Welt um sie herum zu schätzen.“ Jene Vögel sagen, sie „glau­ben an einen abenteuer­lichen Geist, Entschlossenheit, Träume oder Visionen, die Hartnäckigkeit Hindernisse zu überwinden, die Bereitschaft kalkulierte Risiken einzugehen, und an Respekt und Beachtung für die Erde. Sie glau­ben an die Abenteuerlust im Herzen der Menschen, aus denen sich eine gesunde Gesellschaft ergibt. Sie glauben, dass Stabilität und Balance auf einem individuellen Familien- und Sozialniveau für Wohl­stand und Glück notwendig sind. Aber gebraucht und bewun­dert werden auch diejenigen, die bereit sind, den Status Quo in Frage zu stellen und herauszu­fordern. Durch Störungen wird unser Weltbild infrage gestellt, wobei Fehler in den vorherrschen­ den Paradigmen aufgezeigt und Bedingungen für ein besseres Verständnis geschaffen werden. Innerhalb unseres sozialen Rahmens müssen wir Raum für die Kreati­ven machen, die Herausfor­derer, die Federrupfer, wo die Präzision des Räderwerks der Gesell­schaft nicht das Leben von denen erdrückt, die bereit sind, unkonventionelle Dinge zu unter­nehmen.“

Dem Raben gefallen diese Worte sehr, obwohl er meint, dass es sich nicht um Glauben, sondern Erfah­rungen handelt, die wenig mit religiöser Einstellung zu tun haben, sondern eben mit Philo­sophie. Es geht um die Erschließung neuer Räume in einem weiten, abstrakt anmutenden Sinn. Was macht diesen veränderten Sinn aus? Raum als reine Ortsangabe macht allein keinen Sinn mehr, zum Beispiel nur einfach ein Ortswechsel auf einer Reise. Als ebenso wesentlich erscheint die dort verbrachte Zeit und wie sie verwendet wird. Raum und Zeit sind auch in unserem Leben eng miteinander verknüpft, nicht nur in Einstein's Theorien.

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