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3. Die Realität der Evolution, die Evolutionstheorie und der Evolutionsmythos a) Zwingende Gründe für die Annahme von Mikro- und Makro-Evolution

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Im Streit zwischen Evolutionsbiologen und ID-Vertretern geht es darum, ob wir die Entstehung des Universums sowie des Lebens und seiner Vielfalt naturwissenschaftlich als Resultat ungerichteter, zufälliger Prozesse von Mutation, Variation und Selektion zu erklären haben oder – wie die ID-Vertreter meinen – als die (naturwissenschaftlich erkennbare!) Manifestation intelligenten Designs.

1) Die ID-Vertreter bestreiten nicht, dass es Mikroevolution innerhalb eines schon vorhandenen Organisationsniveaus gibt, also auch die Bildung von Unterarten und neuen „Arten“ innerhalb einer „Gattung“ (empirisch beobachtbar sind z. B. bei Kleinstlebewesen wie Vogelgrippe-Viren schnelle Veränderung, aber auch bei größeren Organismen wie Vögeln Artaufspaltungen nach vorheriger räumlicher Trennung). Aber, so behaupten die ID-Vertreter, es würden angeblich jegliche Beweise und biologische Erklärungen fehlen für die sogenannte Makroevolution, also für Höherentwicklung im Sinne von evolutiven Neubildungen oder der Entstehung neuer Baupläne (z. B. Übergang vom Fisch zum Amphibium oder Entwicklung von Flügeln; alle Konstruktionsfortschritte vom Einzeller über Schwämme, Hohltiere, Würmer, bis hin zu segmentierten Insekten und bis zu Wirbeltieren). Das sei nicht mehr aus ungerichtet-planlosen Prozessen kausal erklärbar, es sei nicht möglich ohne die gezielte Intention eines intelligenten Designers, m. a. W.: nicht ohne göttliche Eingriffe.

Nun hatte Darwin selbst zum Problem der evolutiven Höherentwicklung, über die er im vierten Kapitel von „Ursprung der Arten“ spricht (mit Stichworten wie „advance-Fortschritt“, „Verbesserung“, „Erhöhung“ „stufenweise Vervollkommnung der Organisation“ „fortschreitende Entwicklung“), in der Tat noch nicht viel Erhellendes gewusst, und die ID-Vertreter zerren mit einer Hartnäckigkeit, die heutige Darwinisten immer neu auf die Palme treibt, Lücken und Schwachstellen in der Evolutionstheorie ans Licht, insbesondere oberflächliche und ungenügende Erklärungen der Zweckmäßigkeit von komplexen Organen und Organismen. Aber warum soll es denn nicht irgendwann bessere und überzeugende natürliche Erklärungen für die bestaunte Zweckmäßigkeit geben können?

Gewiss sind viele bisherige evolutionsbiologische Erklärungen noch nicht so gut wie die stets angeführte Herausbildung von Linsenaugen. Diesbezüglich ist heute gut belegt, dass es in der Stammesgeschichte der Tiere wohl 20- bis 40-mal, voneinander unabhängig, zur Entwicklung des komplexen und so überaus zweckmäßigen Linsenauges aus einfachen lichtempfindlichen Zellen und in relativ wenigen Evolutionsschritten gekommen ist, wobei jeder Zwischenschritt für sich schon als vorteilhaft (selektionsprämiert) angesehen werden kann. Aber Darwins Selektionstheorie kann auch in vielen anderen Fällen plausibel machen, wie aus kleinen ungerichteten Zufallsveränderungen Zweckmäßiges entsteht; und die Zahl der Erklärungserfolge steigt stetig. – Am deutlichsten gegen ein Design sprechen übrigens die Rhopalien, Hochleistungsaugen an den Fangarmen mancher Würfelquallen, die kein Gehirn haben und über ihre Augen mehr optische Reize aufnehmen als sie verwerten können, weshalb sie die Netzhautbilder nachträglich unscharf machen, um ihre Hochleistungsaugen zum einfachen Richtungsehen zu gebrauchen, zu dem sie allein fähig sind. (Kummer 2007; Kummer 2008)

2) Heute gibt es also auch für die sogenannte Makroevolution empirische Belege, die Darwin noch nicht kannte (auch wenn die Mechanismen und Faktoren, die dabei eine Rolle spielen, vielfach noch nicht verstanden sind und weiterer Klärung bedürfen). Dazu kommen überdies noch die folgenden grundsätzlichen Bestätigungen:

(a) Die isotopische Zusammensetzung der festen Materie-Elemente11 belegt ihre Herkunft aus Sternen. – Jedes jetzt in unseren Körpern befindliche Kohlenstofffatom war einmal im Innern eines Sterns. Die vielen chemischen Elemente, die vor Jahr-Milliarden in den Hochöfen von Sternen entstanden und durch deren Explosion ins All herausgeschleudert worden sind, sind auch die Grundelemente der verschiedensten Lebewesen, so dass man bildhaft sagen konnte: Wir sind Sternenstaub.

(b) Die groben Zeiträume und Abfolgen der Evolution hat man bisher nur aus den sehr lückenhaften Fossilienfunden vermutet; heute werden sie weitgehend durch radioaktive Altersbestimmungen der Fossilien bestätigt. – Aber auch schon ohne diese Bestätigung besagt das angebliche Fehlen von Übergangsformen, „missing links“, die Schönborn (2007, 96, und 2008, 65 f) gegen Darwins Theorie anführt, gar nichts, wenn man nur einmal bedenkt, wie viele Fossilien wir von den heute in der Natur sterbenden Lebewesen finden müssten, und wir finden fast nichts, weil Bakterien, Pilze und andere Verwerter ganze Arbeit leisten; die Chance, zum Fossil zu werden, haben nur wenige Lebewesen (etwa wenn sie in luftdichtem Schlamm, Lava, Bernstein usw. eingebettet sind).

(c) Vor allem aber wird der bisher nur aus Fossilienfunden vermutete Evolutionsablauf durch genetisch abgeleitete Stammbäume weitgehend bestätigt; der paläobiologisch-morphologische und der molekulargenetische (aus Unterschieden in den DNA-Sequenzen berechnete) Stammbaum des Lebens stimmen also im Wesentlichen überein, zwei voneinander unabhängige Rekonstruktionsmethoden der Geschichte des Lebens kommen zum gleichen Ergebnis (Schuster 2007, 52 und 112 f). Die moderne Molekularbiologie untermauert somit die grundlegenden Einsichten der Evolutionstheorie.

Darwin war noch der Überzeugung, dass die Evolution nur graduell in kleinen Schritten erfolgen könne („natura non facit saltus“). Heute weiß man, dass in der Evolution auch innovative Sprünge möglich sind, und man kennt auch die genetische Basis dafür. „Solche drastischen Veränderungen geschehen manchmal allein aufgrund einer einzigen Veränderung in einem einzigen Gen“, wenn es sich dabei um ein Gen „in den steuernden Regionen“ handelt. „Klar ist heute, dass möglicherweise nur eine kleine Anzahl von Mutationen in entscheidenden Genen zum Teil große morphologische Veränderungen hervorrufen“, also „große entwicklungsbiologische Effekte“ haben kann (Meyer 2008, Z3)12 – wobei freilich nie vergessen werden darf, dass sich die Abwandlungen nur erfolgreich fortpflanzen können, wenn sie in die bereits vorhandenen organismischen Strukturen passen, diese also nicht behindern oder zerstören.

Darüber hinaus gibt es einen zwingenden Grund für die Annahme von Evolution: Wenn Organismen als lebende Systeme auf Stoff- und Energiewechsel angewiesen sind und zugleich ihre Fortpflanzung mit störanfälliger Vererbung verbunden ist (was beides nicht zu bestreiten ist), dann ist Evolution unausweichlich. Denn die durch zufällige Mutation im Erbgut bewirkte Variation führt zu Unterschieden der Beschaffenheit und Leistungsfähigkeit der Organismen (in Nahrungsbeschaffung, Energiewandel, Mobilität, Fortpflanzungsfähigkeit), somit zu Konkurrenz und zu natürlicher Selektion (Peters 1984).

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