Читать книгу Evangelisches Kirchenrecht in Bayern - Hans-Peter Hübner - Страница 69
b)Toleranz, Neutralität und Parität
ОглавлениеAus der gegen den Staat als „Heimstatt aller Bürger ohne Unterschied ihrer Religion oder Weltanschauung“50 gerichteten Grundrechtsverbürgung ergeben sich für diesen folgende Grundpflichten:
(1) Neutralität und Nichtidentifikation hinsichtlich der in seinem Bereich bestehenden Religionen und Weltanschauungen:
Das Neutralitätsgebot verwehrt die Einführung staatskirchlicher Rechtsformen und die Privilegierung oder Benachteiligung bestimmter Religionen, Konfessionen und Weltanschauungen. Dass der Staat verpflichtet ist, sich in religiösen und weltanschaulichen Fragen der Parteinahme zu enthalten, bedeutet aber weder Indifferenz noch laizistische Unduldsamkeit. Vielmehr darf der Staat bei seinem Handeln religiöses Wirken berücksichtigen, aus dem „große Teile des Volkes die Maßstäbe für ihr sittliches Verhalten entnehmen“.
In diesem Sinne offene Neutralität schließt daher die staatliche – selbst finanzielle – Förderung von Religion und Religionsgemeinschaften – unter Beachtung des Paritätsgebotes – nicht grundsätzlich aus.51
(2) Toleranz gegenüber allen in seinem Bereich vorkommenden Religionen und Weltanschauungen und deshalb Parität, d. h. Gleichbehandlung aller Individuen und Vereinigungen, unabhängig von ihrer religiösen oder weltanschaulichen Grundhaltung52:
Das Paritätsgebot fordert die rechtliche Gleichordnung und Gleichbehandlung aller Bürger und Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, unabhängig von ihrer spezifischen Überzeugung. Es geht dabei aber nicht um eine schematische Ergebnis-, sondern vielmehr um die Chancengleichheit bei der Realisierung der Religionsfreiheit.53 Differenzierungen sind deshalb zulässig, wenn sie sachlich zu begründen sind. Anerkannt sind Differenzierungen am Maßstab der konkreten Größe, der aktuellen (also nicht allein der historischen) Bedeutung bzw. Verbreitung sowie dem Grad der öffentlichen Wirksamkeit einer Religion bzw. Religionsgemeinschaft.54