Читать книгу Evangelisches Kirchenrecht in Bayern - Hans-Peter Hübner - Страница 72
Weiterführende Literatur:
ОглавлениеP. Badura, Der Schutz von Religion und Weltanschauung durch das Grundgesetz. Verfassungsfragen zur Existenz und Tätigkeit der neuen „Jugendreligionen“, Tübingen 1989;
A. von Campenhausen, Religionsfreiheit, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg)., HdbStR Bd. 7: Freiheitsrechte, 3. Aufl. Heidelberg 2009, § 157;
A. von Campenhausen/H. de Wall, Staatskirchenrecht (A.), § 12;
C. D. Classen, Religionsfreiheit und Staatskirchenrecht in der Grundrechtsordnung, Jus Publicum 100, Tübingen 2003;
M. Herdegen, Gewissensfreiheit, in: HdbStKirchR Bd. 1 (A.), S. 481–504;
St. Korioth/I. Augsberg, Neue Religionskonflikte und staatliche Neutralität-Erfordern weltanschauliche und religiöse Entwicklungen Antworten des Staates? JZ 2010, S. 828–834;
J. Listl, Glaubens-, Bekenntnis- und Kirchenfreiheit, in: HdbStKirchR Bd. 1 (A.), S. 439–479;
J.-B. Schrooten, Gleichheitssatz und Religionsgemeinschaften, Jus Eccl. 112, Tübingen 2015;
P. Unruh, Religionsverfassungsrecht (A.), § 4.
1A. von Campenhausen/H. de Wall, Staatskirchenrecht (A.), S. 54.
2BVerfGE 83, 341, Ls. 1 und 353. Zur Problematik der Definition des Religionsbegriffs vgl. A. von Campenhausen/H. de Wall, Staatskirchenrecht (A.), S. 55 ff.
3v. Mangoldt/Klein/Starck, Kommentar zum Grundgesetz, Bd. 1, 5. Aufl. München 2005, Art. 4 Rz. 19.
4BVerfGE 32, 98 (106); 24, 236 (245).
5A. von Campenhausen/H. de Wall, Staatskirchenrecht (A.), S. 58 unter Hinweis auf OLG Köln, NJW 1993, 1345, und OLG Hamm, JZ 1956, 701.
6A. von Campenhausen/H. de Wall, Staatskirchenrecht (A.), S. 58.
7Demgegenüber genießt der einfache Stundenschlag als bloßes Instrument akustischer Zeitansage nicht den Schutz des Art. 4 GG. Vgl. dazu BVerwGE 68, 62 und BVerwGE ZevKR 38 (1993), sowie H.-W. Laubinger, Nachbarschutz gegen kirchliches Glockengeläut, Verwaltungsarchiv 83 (1992), S. 623 ff, und A. Hense, Glockenläuten und Uhrenschlag, Berlin 1998.
8BVerfGE 24, 236 (246).
9Grundlegend dazu die sog. „Lumpensammler-Entscheidung“ des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 24, 236) aus dem Jahr 1968. Darin hat das Bundesverfassungsgericht im Übrigen auch klargestellt, dass nicht nur Individuen, sondern auch die Religionsgemeinschaften und die ihnen zugeordneten diakonischen und sonstigen rechtlich selbstständigen Träger den Schutz des Grundrechts der Religionsfreiheit gemäß Art. 4 Grundgesetz genießen.
10Aus Anlass des zu Recht heftig kritisierten Urteils des LG Köln, NJW 2012, 2128 ff., das die religiös motivierte Beschneidung als strafbare Körperverletzung im Sinne von § 223 Strafgesetzbuch angesehen hat, hat der Bundesgesetzgeber im Ergebnis eines Ausgleichs zwischen den kollidierenden Rechtspositionen – körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) und positive Religionsfreiheit (Art. 4 GG) bzw. elterliches Erziehungsrecht (Art. 6 Abs. 2 GG) – zur Klarstellung folgende Regelung in das Bürgerliche Gesetzbuch eingefügt:
„§ 1631d Beschneidung des männlichen Kindes
(1) Die Personensorge umfasst auch das Recht, in eine medizinisch nicht erforderliche Beschneidung des nicht einsichts- und urteilsfähigen männlichen Kindes einzuwilligen, wenn diese nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführt werden soll. Dies gilt nicht, wenn durch die Beschneidung auch unter Berücksichtigung ihres Zwecks das Kindeswohl gefährdet wird. (2) In den ersten sechs Monaten nach der Geburt des Kindes dürfen auch von einer Religionsgesellschaft dazu vorgesehene Personen Beschneidungen gemäß Absatz 1 durchführen, wenn sie dafür besonders ausgebildet und, ohne Arzt zu sein, für die Durchführung der Beschneidung vergleichbar befähigt sind.“
11Vgl. dazu § 4a Abs. 2 Nr. 2 Tierschutzgesetz; danach kann durch die zuständige staatliche Behörde eine Ausnahmegenehmigung vom Verbot des betäubungslosen Schlachten eines warmblütigen Tieres (Schächten) erteilt werden, wenn „zwingende Vorschriften der Religionsgemeinschaft das Schächten vorschreiben oder den Genuss von Fleisch nichtgeschächteter Tiere untersagen.“
Durch das Erfordernis einer solchen behördlichen Genehmigung sah sich ein muslimischer Metzger in seinen Grundrechten verletzt. In seiner Entscheidung vom 15. Januar 2002 hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 104, 337) darauf hingewiesen, dass vorrangig nicht das Grundrecht der Religionsfreiheit, sondern vielmehr die bei einem Nichtdeutschen durch Art. 2 des Grundgesetzes im Kontext der allgemeinen Handlungsfreiheit gewährleistete Berufsausübungsfreiheit betroffen sei. Diese ist allerdings – im Unterschied zur ohne einen solchen Vorbehalt garantierten Religionsfreiheit – nur im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung, d. h. all der Rechtsnormen gewährleistet, die formell und materiell mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Die Vereinbarkeit der Regelungen des Tierschutzgesetzes mit dem Grundgesetz hat das Bundesverfassungsgericht bejaht; zugleich hat es aber festgestellt, dass die Ablehnung einer Ausnahmegenehmigung im konkreten Fall durch die vorausgegangenen Gerichtsentscheidungen unverhältnismäßig gewesen seien. Nach dieser Entscheidung ist 2002 ausdrücklich auch der Tierschutz als Staatsziel im Grundgesetz (Art. 20 a) verankert worden. Dieser tritt nun als verfassungsimmanente Schranke seinerseits unmittelbar in Konkurrenz zum Grundrecht der Religionsfreiheit. Das einfach gesetzlich geregelte Genehmigungserfordernis für die Ausübung des Schächtens erscheint damit gewissermaßen als Ausdruck eines praktischen Ausgleichs zwischen den beiden Grundgesetzbestimmungen.
12A. von Campenhausen, Religionsfreiheit (W.), Rz. 96 f.
13BVerfGE 83, 341 Ls. 2 b und S. 355.
14Zur Entwicklung der Religionsfreiheit vgl. insbesondere A. von Campenhausen, Religionsfreiheit (W.), Rz. 6–43; zum ALR: A. Schwennicke, Evangelisches Staatslexikon (Neuauflage), Stuttgart 2006, Sp. 1397 f.; für Bayern: H. Böttcher, Die Entstehung der evangelischen Landeskirche und die Entwicklung ihrer Verfassung (1806–1918), in: G. Müller/H. Weigelt/W. Zorn (Hrsg.), Handbuch der Geschichte der Evangelischen Kirche in Bayern. Zweiter Band. 1800–2000, Sankt Ottilien 2000, S. 1–29 (6).
15Vgl. auch Art. 140 GG i. V. m. Art. 136 Abs. 3 und 4 WRV.
16Art. 7 Abs. 2 GG; Art. 137 Abs. 2 BV; Art. 46 Abs. 4 BayEUG (RS 125).
17Art. 7 Abs. 3 GG; Art. 136 Abs. 3 BV; Art. 46 Abs. 2 Satz 2 BayEUG (RS 125).
18In diesem Falle ist die Frage zwar erlaubt, die Beantwortung jedoch freigestellt (BVerfGE 46, 266).
19BVerfGE 65, 1/38 ff.
20Hess. StGH vom 27. 10. 1965, KirchE 7, 275.
21BVerfGE 52, 223.
22BVerfGE 24, 236/246.
23BVerfGE 24, 236/247 ff.
24K. H. Kästner, Hypertrophie des Grundrechts auf Religionsfreiheit, JZ 1998, S. 974.
25A. von Campenhausen/H. de Wall, Staatskirchenrecht (A.), S. 51 f.
26BVerfGE 33, 23/28 ff.
27BVerfGE 79, 69/76. Im konkreten Fall ging es um die Ablehnung des gemäß Art. 24 Abs. 4 Bayer. Landkreisordnung verlangten Amtseids eines zum Kreisrat Gewählten.
28BVerfGE 12, 1/4. Danach unterliegen die in diesem Zusammenhang häufig zitierten, indes nicht gerade aktuellen Beispiele von glaubensbedingter Polygamie, Ritualmord, Tempelunzucht, Witwenverbrennung u. ä. gerade nicht dem Schutzbereich des Art. 4 GG.
29BVerfGE 32, 98/108.
30BVerfGE 33, 23/32.
31BVerfGE 12, 1/4.
32BVerfGE 32, 98.
33Thesen zum „Kirchenasyl“ des Rates der EKD vom 9./10. September 1994, in: epd-Dokumentation 43/94.
34Dazu B. Huber, Sanctuary: Kirchenasyl im Spannungsverhältnis von strafrechtlicher Verfolgung und verfassungsrechtlicher Legitimation, Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik 1988, S. 153–158; G. Robbers, Kirchliches Asylrecht? Archiv für öffentliches Recht 113 (1988), S. 30–51; U. K. Jacobs, Kirchliches Asylrecht, ZevKR 35 (1990), S. 25–43; H.-P. Hübner, Christlicher Beistand für verfolgte Menschen – Anmerkungen zum „Kirchenasyl“ aus der Sicht eines Kirchenjuristen, in: Una Sancta 1998/3, S 213–220; M. A. Müller, Rechtsprobleme beim „Kirchenasyl“, Baden-Baden 1999.
35Strafrechtliche Vorwürfe gegen Mitglieder von Kirchenvorständen, die sich zur Gewährung von „Kirchenasyl“ entschlossen und einen Beschluss zur Überlassung kirchlicher Räume gemäß § 21 Nr. 3 KGO (RS 300) gefasst haben, z.B. wegen Beihilfe zum unerlaubten Aufenthalt nach § 92 Abs. 1 AuslG sind deshalb nicht auszuschließen, auch wenn die zuständigen staatlichen Behörden über den Aufenthaltsort des Asylbewerbers und das Ziel des „Kirchenasyls“ informiert sind („offenes Kirchenasyl“) und das „Kirchenasyl“ sich nicht gegen die Rechtsordnung als solche richtet, sondern als ultima ratio vielmehr dazu dient, dem Recht dort Geltung zu verschaffen, wo die bisherige staatliche Handhabung diesem nicht gerecht zu werden scheint und eine Überprüfung der staatlichen Anordnung erreicht werden soll. Umfassend dazu A. Radtke/H. Radtke, „Kirchenasyl“ und die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Mitgliedern des Kirchenvorstandes, ZevKR 42 (1997), S. 23–60.
36P. Unruh, Religionsverfassungsrecht (A.), § 5 Rz. 132, 168.
37Jetzt auch Urteil des OLG München vom 3. Mai 2018 (Az.: 4 OLG 13 Ss 54/18). Vgl. dazu das Rundschreiben des LKA vom 8. Mai 2018 betr. Kirchenasyl und unerlaubten Aufenthalt.
38BVerfG NJW 1993, 455 = ZevKR 38 (1993), S. 99; A. von Campenhausen/H. de Wall, Staatskirchenrecht (A.), S. 70 f; W. Bock, in: W. Bock/H. Diefenbacher/H.-R. Reuter, Pazifistische Steuerverweigerung und allgemeine Steuerpflicht, Heidelberg 1992, insbesondere S. 129–202 und 216–119.
39Eingehend dazu P. Unruh, Religionsverfassungsrecht (A.), § 5 Rz. 132.
40BVerfGE 34,165/182; BVerwGE 94, 82/84.
41BVerwGE 147, 362 ff.
42BVerwGE 141, 223/236 Rz. 43. Krit. dazu H. M. Heinig, Religionsfreiheit auf dem Prüfstand: Wie viel Religion verträgt die Schule? KuR 2013, 8 ff/18 f.; St. Korioth/ I. Augsberg, Neue Religionskonflikte (W.). S. 832 f.
43P. Unruh, Religionsverfassungsrecht (A.), § 5 Rz. 133 a.
44BGBl I, S. 1570 ff., vgl. dazu BT-Drucksache 18/11180.
45Für bayerische Schulen ist dies in Art. 56 Abs. 4 S. 1–2 BayEUG (RS 125) geregelt: „Alle Schülerinnen und Schüler haben sich so zu verhalten, dass die Aufgabe der Schule erfüllt und das Bildungsziel erreicht werden kann. 2Sie dürfen insbesondere in der Schule und bei Schulveranstaltungen ihr Gesicht nicht verhüllen, es sei denn, schulbedingte Gründe erfordern dies; zur Vermeidung einer unbilligen Härte können die Schulleiterin oder der Schulleiter Ausnahmen zulassen.“ Allgemein zur Gesichtsverhüllung in der Schule H. Wißmann, Von Angesicht zu Angesicht – Zum Verbot gesichtsbedeckender Verschleierung in der Schule, ZevKR 63 (2018), S. 345–366.
46BVerwG ZevKR 38 (1993), S. 341.
47BVerfGE 33, 23/29.
48J. Listl, Glaubens-, Bekenntnis- und Kirchenfreiheit (W.), S. 467.
49BVerfGE 6, 278; 13,233; 42,329.
50BVerfGE 19, 206/216.
51BVerfGE 44, 103/104. Dazu Chr. Link, Staat und Kirche in einer sich wandelnden Gesellschaft, in: Byrd, B. Sharon/Joerden, Jan C., Philosphia Practica Universalis. Festschrift für Joachim Hruschka zum 70. Geburtstag, Berlin 2005, S. 257–274 (271 ff.).
52Grundlegend dazu M. Heckel, Das Gleichbehandlungsgebot im Hinblick auf die Religion, in: HdbStKirchR Bd. 1 (A.), S. 623–650.
53P. Unruh, Religionsverfassungsrecht (A.), § 5 Rz. 106.
54BVerfGE 19, 1/10.
55BVerfGE 35, 366 = ZevKR 20 (1975), S. 185; grundlegend E.-W. Böckenförde, Kreuze (Kruzifixe) in Gerichtssälen? ZevKR 20 (1975), S. 119–147.
56Vgl. dazu A. v. Campenhausen, Religionsfreiheit (W.), Rz. 134 m. w. N. in Fn. 323.
57§ 13 Abs. 1 Satz 3 der Schulordnung für die Volksschulen in Bayern hatte bis 1995 folgenden Wortlaut: „In jedem Klassenzimmer ist ein Kreuz anzubringen.“
58EGMR (Große Kammer), Urteil vom 18. März 2011 – 30814/06 (Lautsi u. a./Italien), NVwZ 2011, S. 737. Dazu H. de Wall, Die Lautsi-Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, Jura 2012, S. 960–965.
59Für Lehrkräfte in Bayern gilt Art. 59 Abs. 2 S. 2–4 BayEUG (RS 125). Danach dürfen von Lehrkräften „äußere Symbole und Kleidungsstücke, die eine religiöse oder weltanschauliche Überzeugung ausdrücken, … im Unterricht nicht getragen werden, sofern die Symbole oder Kleidungsstücke bei den Schülerinnen und Schülern oder den Eltern auch als Ausdruck einer Haltung verstanden werden können, die mit den verfassungsrechtlichen Grundwerten und Bildungszielen der Verfassung einschließlich den christlich-abendländischen Bildungs- und Kulturwerten nicht vereinbar ist. Die für den öffentlichen Dienst geltenden Vorschriften über die Gesichtsverhüllung gelten für Honorarkräfte, sonstiges mit erzieherischen oder pflegerischen Aufgaben betrautes Personal sowie die in Ganztagsangeboten tätigen Personen entsprechend.“
60P. Unruh, Religionsverfassungsrecht (A.), § 5 Rz. 133 m. w. N.
61Im Ergebnis ebenso V. Herbolsheimer/Chr. Kukuczka, Der bayerische Kreuz-Beschluss im Neutralitätskonflikt, ZevKR 63 (2018), S. 367–389.
62BVerfGE 53, 366/401.
63Hierzu N. Blum, Die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit nach Art. 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention, Berlin 1990; J. A. Frowein, Die Bedeutung des die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit garantierenden Art. 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention, in: H. Heinemann/H. Marré (Hrsg.), Die Einigung Europas und die Staat-Kirche-Ordnung, Essener Gespräche zum Thema Staat und Kirche, Bd. 27, Münster 1993, S. 46–60.
64A. von Campenhausen/H. de Wall, Staatskirchenrecht (A.), S. 79, 365; P. Unruh, Religionsverfassungsrecht (A.), § 18 Rz. 590.