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Science-Fiction: Eine Reise durch Zeit und Raum

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Sich eine Welt auszumalen, wie sie sein könnte, hat uns Menschen schon immer fasziniert. Je nach Stimmungs- und Weltlage bevorzugen wir dabei Utopien oder Dystopien, kühne technische Visionen oder gesellschaftliche Albträume. Und deshalb ist die Science-Fiction zu einem ebenso anerkannten wie populären Genre geworden. Dieses Buch stellt Ihnen in zehn Kapiteln die aufregende Welt der Science-Fiction vor. Statt einer Einleitung gibt eine Zeitreise in kurzen Szenen einen ersten Überblick über das, was die Leser erwartet: inhaltlich höchst unterschiedliche Vorstellungen von der Zukunft und Szenarien, die auf der Erde und im Weltall spielen. Jedes der Kapitel schildert ein Thema der Science-Fiction, geht – wo nötig – auf die Geschichte und den Gegenwartsbezug ein. Einbezogen werden alle Medien vom gedruckten Buch über Film und Fernsehen bis zum Online-Computerspiel. So wird in diesem Buch ein weiter Begriff von Science-Fiction verwandt, der sich eher an die Wahrnehmung des Publikums hält als an die engen Definitionen der Literaturwissenschaft.

2015 Vorsichtig schleichen wir durch den Urwald, durch Unterholz, riesige Farne und mannshohe Pilze. Das ohrenbetäubende Gekrächze der Vampirpapageien verstummt abrupt, als ein Speed Biker durch die Wipfel fliegt. „Ein Aufklärer der imperialen Truppen“, bedeutet mir Robby, ein Online-Kollege aus Vermont, mit dem ich an diesem Tag ein Team bilde. Wir gehören zu den Rebellen, die Endor aus den Händen der imperialen Sturmtruppen befreien wollen. Den Waldmond und die putzigen Ewoks, liebenswerte kleine Teddybären, kennen wir seit Episode 6 des Kriegs der Sterne gut. Ihr Baumdorf mehr als hundert Meter über dem Boden gilt es vor den Schergen Darth Vaders zu bewahren. Wir könnten die hölzerne Rampe hinaufstürmen, aber dann lägen wir unter dem feindlichen Feuer. Also schleichen wir uns zu einer kleinen Schlucht, das Blastergewehr eng an uns gepresst, und hoffen, von dort aus einen Überraschungsangriff starten zu können.

(Star Wars: Battlefront 4, Computerspiel)

2006 Können Menschen und Mutanten friedlich nebeneinander leben? Professor Xavier und seine X-Men aus der Mutantenschule glauben das. Der mächtige Telekinet Magneto befürchtet, dass die Menschen die Übersinnlichen ausrotten wollen. Vor allem, seit ein Heilmittel entdeckt wurde, das den X-Faktor entfernt und damit jede Mutantenfähigkeit. Dem wollen Magneto und seine Leute vorbeugen und treten zum Kampf gegen die Regierung an. Die X-Men schlagen sich auf die Seite der Menschen und so kommt es zum alles entscheidenden Kampf.

(X-Men: Der letzte Widerstand, Film)

1997 Der Weg zu den Sternen beginnt tief unter den Cheyenne Mountains in Colorado. Dort steht das mächtige Star Gate, das von außerirdischen Wesen gebaut wurde, die unsere Vorfahren für Götter hielten. Durch viele Zufälle und den genialen Wissenschaftler Daniel Jackson entdeckt, haben wir das Sternentor in Betrieb genommen und sind durch eine Wurmlochverbindung zum Planeten Abydos transmittiert worden. Nur um zu entdecken, dass unsere ganze Galaxis von solchen Stargates durchzogen ist, Tausende von Planeten können so erreicht werden. Aber die Wunder sind mit Schrecken verbunden. Die meisten Welten werden von grausamen Sternenlords, den Goa’uld, beherrscht, gottähnliche Parasiten, die sich am Reichtum und den Seelen ihrer Untertanen mästen. Auch auf unsere Erde haben sie wieder ein Auge geworfen! Aber wir werden sie bekämpfen und versuchen, auf anderen durch die Sternentore erreichbaren Planeten Verbündete zu gewinnen.

(Stargate – Kommando SG-1, Fernsehserie)

1989 Ich bin Major Motoko Kusanagi und arbeite in der streng geheimen Sektion neun der Stadt Niihama-shi. Die 2029 gegründete Einheit befasst sich mit Spionage und Terrorismus, vor allem aber mit Cyberkriminalität. Dazu sind wir besonders geeignet, weil wir alle künstliche Körperteile haben. Ich selbst bin ein Cyborg, mein Geist ist vollständig von einem künstlichen Körper umhüllt, ich bin ein „Ghost in the shell“. Mein Mitarbeiter Batou hat Mikroskopaugen und wenn es hart auf hart geht, setzen wir die „Fuchikoma“, kleine, aber starke Kampfpanzer mit künstlicher Intelligenz, ein. Derzeit jagen wir einen Verbrecher, den wir den „Puppetmaster“ nennen. Er ist ein begnadeter Hacker, er kann fast durch jede „Shell“ dringen und so die Persönlichkeit des Opfers steuern. Erst kürzlich hat er den Außenminister zu seiner Marionette gemacht. Irgendwo im Netz versteckt er sich und ich frage mich, ob er ein menschliches Wesen oder nur eine künstliche Intelligenz ist …

(Ghost in the shell, Manga)

1984 Gestrandet in Chiba, der Stadt der Glücksspiele und Süchtigen, der Schieber und Kleinkriminellen, wo ein Mord nur ein paar Neo-Yen wert ist. Was für ein tiefer Fall! Noch vor zwei Monaten kannte mich jeder im Cyberspace, ich war Case, der „Konsolen-Cowboy“, dem man jeden Hack zutraute, und das zu Recht. Doch dann überschätzte ich meine Möglichkeiten und leitete einige Millionen meiner Auftraggeber auf mein eigenes Konto um. Sie erwischten mich und flößten mir ein russisches Mykotoxin ein, das mein Nervensystem so beschädigte, dass ich mich nicht mehr in den Cyberspace einloggen kann. Doch jetzt sehe ich wieder eine Chance. Ein ehemaliger Officer der Special Forces hat mir einen Auftrag angeboten, bei dem vorher meine Schäden repariert werden. Allerdings erhalte ich auch Giftkapseln in den Darm, sodass mich meine Auftraggeber kontrollieren können. Aber was soll’s: Endlich kann ich mich wieder frei im Netz bewegen, von Knoten zu Knoten hüpfen, immer auf der Suche nach der geheimnisvollen künstlichen Intelligenz „Neuromancer“.

(William Gibson: Neuromancer)

1973 „Silent running“ – Schleichfahrt! Aber nicht im U-Boot in den Tiefen des Ozeans, sondern im Weltraum. Unser Raumschiff, die „Valley Forge“, ist eine Art Arche Noah, ein riesiger Tender, über dem sich eine durchsichtige Plastikkuppel wölbt und unter der wir die letzten Tiere und Pflanzen des Planeten Erde pflegen. Es ist still an Bord, zusammen mit den Robotern Tick, Trick und Track kümmern wir uns um die gewaltigen Wälder, die sich lautlos im Sonnenwind bewegen. Nur manchmal durchbricht ein Lied von Joan Baez die majestätische Stille. Dann blicken wir auf den blauen Planeten, der so blau nicht mehr ist. Die Ozeane sind Dreckbrühen, die Wälder sind abgeholzt, stattdessen nur braune Kontinente, in die sich die Metropolen wie riesige Geschwüre eingefressen haben. In New York etwa leben – oder besser vegetieren – 40 Millionen Menschen. Die meisten von ihnen ernähren sich von Konzentraten, die vom Megatrust „Soylent“ hergestellt werden. Um das neueste Produkt – das angeblich aus Plankton erzeugte „Soylent Green“ – liefern sich die Menschen Straßenschlachten. Wer am Leben verzweifelt, geht in eines der öffentlichen Sterbezentren, wo man sich zu den Klängen von Beethovens Pastorale einschläfern lassen kann. Und inmitten dieser düsteren Welt hinter dem Grün- und Grauschleier findet ein Polizist die schreckliche Wahrheit heraus: „Soylent Green ist Menschenfleisch“.

(Lautlos im Weltraum und Jahr 2022 … die überleben wollen, Film)

1965 Der Laden riecht leicht muffig. Nicht, dass es bis auf den durch Schuhe hineingetragenen Straßendreck nicht sauber gewesen wäre, das seltsame Aroma entströmte den Tausenden von Heften, die unter den mit Taschen- und ehemaligen Leihbüchern gefüllten Regalen in länglichen Pappkartons stehen. Links vom Tresen Comics wie Mickymaus oder Fix und Foxi, dann fünf Kästen mit Liebes- und Kriminalromanen. An der gegenüberliegenden Wand finden wir das, weswegen wir in die Romantauschzentrale gekommen sind: drei Kästen Perry Rhodan, dann zweimal Terra und Terra extra, ein Karton mit Utopia-Bänden und schließlich eine Reihe etwas kleinerer Hefte mit festem Umschlag, auf die wir uns zunächst stürzen. Unsere Augen leuchten, als wir das Terra-Sonderheft Alle Wege führen nach Trantor entdecken, den letzten und noch fehlenden Teil des Foundation- Zyklus von Isaac Asimov. Dazu gesellen sich ein Band des Magazins Galaxis – Geschichten aus der Welt von übermorgen, das Ende der Fünfzigerjahre Storys aus dem amerikanischen Magazin Galaxy nach Deutschland brachte. Sammlerglück, obwohl es ein reichlich zerfleddertes Exemplar ist. Für jeden dieser Funde müssen wir fünf ausgelesene Hefte bringen, also trennen wir uns von Edward E. „Doc“ Smiths Lensmen-Zyklus, Jesco von Puttkamers Zeitmanuskript und zwei Heften von Clark Darlton. Bei Perry Rhodan – hier fehlen uns noch einige Exemplare in der mittlerweile über 200-bändigen Ausgabe – gilt das Tauschverhältnis zwei zu eins. Wir ziehen unsere Liste heraus und gehen die drei Kartons Stück für Stück durch. Wir finden Das galaktische Rätsel, den Anfang einer Suche im Wega-System, an deren Ende unser Held die Unsterblichkeit erhält. Wir geben dafür zwei Terra-Hefte. Dann fragen wir noch, ob ein paar Piccolos hereingekommen sind. Die Ladenbesitzerin greift in eine Schublade unter der Kasse mit Heften, die nur für besonders gute Kunden bestimmt sind. Das Objekt der Begierde sind zwei schmale Comic-Heftchen von Nick, der Weltraumfahrer, die wir allerdings bezahlen müssen. 2,50 DM pro Exemplar, weil wir so gute Kunden sind …

(in der Romantauschzentrale)

1952 Es doch passiert! Erst habe ich es gar nicht bemerkt, als wir in unsere Zeit zurückkamen. Das Bild eines martialisch uniformierten Polizisten auf der Straße, Menschen in Angst, wir fanden uns in einer Diktatur wieder. Dabei haben wir doch so aufgepasst! Aber zurück zum Anfang: wir reisten mit der „Zeit-Safari-GmbH“ 70 Millionen Jahre in die Vergangenheit, um einen Dinosaurier zu jagen. Wir wussten, dass wir dort sehr, sehr vorsichtig sein mussten, denn jede noch so kleine Veränderung könnte unabsehbare Wirkungen in unserer Zeit haben. Deshalb hatten die Veranstalter ein Tier ausgewählt, das sowieso in wenigen Minuten sterben würde. Wir durften uns nur auf einem über dem Boden schwebenden Weg bewegen und von ihm nicht abweichen. Aber dann sah ich das Monster, rannte zurück zur Zeitmaschine und kam für einen Moment vom Weg ab. Ein anderer Großwildjäger erlegte den Dinosaurier und stolz kehrten wir heim. Aber alles war anders! Doch bald wusste ich, warum: Ich zog meine Stiefel aus und entdeckte an der Sohle einen winzigen toten Schmetterling …

(Ray Bradbury: Ferner Donner)

1945 „Ich bin ein Schwein! Vermutlich ein armes Schwein! Obwohl ich große Zeiten erlebt habe, wenn auch nur als eine Art Mitläufer. Als wir Tiere unsere Unterdrücker, den Bauern Jones und seine Knechte, verjagten, war ich noch ein Ferkel. Ich lernte die Gebote des „Animalismus“, die auf die Rückwand der Scheune geschrieben waren wie „Alles, was auf zwei Beinen geht, ist ein Feind“, „Alles, was auf vier Beinen geht oder Flügel hat, ist ein Freund“ und „Alle Tiere sind gleich“. Doch dann kamen Hunger und Not, wir Schweine, die wir doch die ganze Kopfarbeit und Organisation machen, durften vom Stall ins Farmhaus ziehen. Um zu überleben, handelten wir mit den Menschen und mussten unsere Brüder, die Pferde, Kühe, Esel und Hühner, zu immer härterer Arbeit anhalten, sie notfalls mit unserer Polizei, den Hunden, dazu zwingen. Manchmal frage ich mich, was aus unserer Revolution und ihren Idealen geworden ist?

(George Orwell: Farm der Tiere)

1938 Es ist der Abend des 30. Oktober. Eine düstere Stimmung, fast ein bisschen gruselig, es ist Halloween. Plötzlich wird das Konzert im Radioprogramm unterbrochen, ein Sprecher sagt: „Wir unterbrechen unser Programm für eine aktuelle Durchsage vom Mount-Jennings-Observatorium in Chicago.“ Von dort interviewt ein Reporter einen immer aufgeregteren Wissenschaftler: „Gasexplosionen auf dem Mars! Materie mit enormer Geschwindigkeit in Richtung Erde geschleudert!“ Der weltrauminteressierte Hörer – vielleicht hatte er im Kino gerade den Kampf des tapferen Flash Gordon gegen den grausamen Tyrannen Ming vom Planeten Mongo gesehen – wurde hellhörig und wenig später besorgt, als erste Einschläge auf dem amerikanischen Kontinent berichtet wurden. Dramatisch wurde es, als zur nahe gelegenen Einschlagstelle in Grover’s Mill (New Jersey) geschaltet wurde. Aufgeregt berichtete der CBS-Reporter, dass sich aus einem großen Krater ein riesiges zylindrisches Objekt erhebe, aus dem Tentakel austräten. Dann war ein infernalisches Zischen zu hören und ersterbende Schreie. Die Reportage endete abrupt, eine Stimme aus dem Studio sagte entsetzt: „Ein Hitzestrahl aus dem Objekt hat alle Umstehenden binnen Sekunden vernichtet. Die gesamte Region wurde unter Kriegsrecht gestellt.“

Hunderte besorgte Anrufe gingen bei CBS und der New York Times ein, manche Hörer verschanzten sich in ihren Kellern, andere flohen mit Sack und Pack in ihren Autos vor den Marsianern. Eine Massenpanik war es vermutlich nicht. Aber die Zeitungen hatten ihre Sensation und bauschten das Geschehen auf, schon um ihrer Konkurrenz, dem neuen Medium Radio, eins auszuwischen. Ein Beispiel dafür, dass in der sich entwickelnden Medienwelt Realität und Fiktion nicht immer auseinanderzuhalten waren.

(Orson Welles: Krieg der Welten)

1936 Zigarettenqualm und Tuscheln im Vorstadtkino. Nach den endlosen Werbedias beginnt endlich der Vorfilm, auf den wir schier endlose vier Wochen lang gewartet haben: „Universal presents: Flash Gordon (Alex Raymonds Cartoon Strip) with Buster Crabbem, Jean Rogers, Priscilla Lawson“. Alles hat damit begonnen, dass der Planet Mongo seine Umlaufbahn verließ und auf die Erde zuraste. Der geniale Wissenschaftler Doktor Zarkov hat ein Raumschiff gebaut und fliegt mit seinen Freunden Flash Gordon und Dale Arden zu dem Planeten, um das Unheil zu verhindern. Sie treffen auf den Diktator Ming, der sie gefangen nimmt, aber sie können fliehen. Doch die Freiheit währt nur Stunden. Haimänner umzingeln sie und bringen sie zu ihrem König. Flash Gordon wird in einen riesigen Wassertank geworfen, eine Riesenkrake kommt auf ihn zu! Cliffhanger! Kurze Pause und dann Charlie Chaplins Modern Times. Aber was können diese modernen Zeiten noch bringen, wo wir die Zukunft gerade gesehen haben?

(Flash Gordon, Kinovorfilm)

1926 Es ist unsere Welt und doch eine andere. Auf dem gefrorenen Meer laufen eingemummte Menschen Schlittschuh. Dahinter steil aufragende kahle Berge, auf denen die Wracks alter Segelschiffe thronen. Im Hintergrund statt unseres vertrauten Mondes der nahe Saturn mit seinen Ringen. Es ist eine Endzeitwelt, die im April auf der Titelseite des neuen Magazins Amazing Stories prangt. Das neue Genre Science-Fiction hat bald eine massenwirksame Plattform. Herausgeber Hugo Gernsback –Jahrzehnte später wird der populärste Science-Fiction-Preis nach ihm benannt werden – will wissenschaftlich fundierte Zukunftsgeschichten veröffentlichen. Doch bald merkt er, dass seine Leser eigentlich mehr an furchterregenden Aliens, Weltraumkriegen oder „mad scientists“ interessiert sind. So finden wir auf den Titelbildern neben friedlich fliegenden Menschen bald dreibeinige Monster, die die Erde verwüsten, oder furchterregende Giganten vom Saturn.

(Amazing Stories, Pulp-Magazin)

1916

Invasion der Zukunft

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