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Johannes Gutenberg
ОглавлениеDer Mann, der durch eine Milleniumserfindung die Grundlage dafür schuf, dass die neuen Ideen schnell verbreitet wurden, stand zum Glück derjenigen, die diese Ideen hatten, am Anfang der Entwicklung: Johannes Gutenberg. Er erfand den Buchdruck. „Da durch die von ihm erfundene Druckerpresse die Verbreitung von Wissen und Ideen über die gesamte Welt möglich geworden ist, platzieren wir ihn vor alle anderen Persönlichkeiten, deren Wirkung erst durch die Druckerpresse möglich wurde.“ So schrieben Agnes Hooper Gottlieb, Henry Gottlieb, Barbara und Brent Bowers in ihrem Werk: „1000 years, 1000 people. Ranking the men and woman who shaped the millenium“, New York, Tokio, London 1999. Ohne den Buchdruck ist die Entwicklung der Zivilisation nicht denkbar.
Über sein Leben vor Erfindung der Druckerpresse gibt es wenig Zeugnisse. Einem Papier aus dem Jahre 1430 entnehmen wir, dass dem 1428 aus Mainz verbannten Gutenberg die Rückkehr nach Mainz gestattet wird. Auf den 14. März 1434 ist eine Urkunde datiert, die seinen Aufenthalt in Straßburg belegt. Aus dem Jahre 1439 liegen Gerichtsakten vor, aus denen sich ergibt, dass Gutenberg Kaufmann, einfallsreicher Erfinder und Meister im Handwerk ist, an den sich junge Männer wenden, um „etlich kunst“ zu erlernen. Er erteilt ihnen Lehre im Polieren von Edelsteinen, im Münz- und Goldschmiedehandwerk. Er stellt Wallfahrtszettel für eine Heiltumsfahrt nach Aachen her. Mit den Prozessbeteiligten Dritzehn, Andreas Heilmann und Hans Riffe hatte er eine Gesellschaft gegründet, deren Zweck es ist, dass Gutenberg „alle sind künste und afentur, so er fübasser oder in ander Wege mehr erkunde und wusste“, in die Gesellschaft einbringen soll. „Künste und afentur“ sind nach damaligem Sprachgebrauch Fachbegriffe für handwerkliches Können und wagemutige kaufmännische Unternehmungen. Aus den Gerichtsakten ergeben sich Hinweise auf eine hölzerne Presse, den Einkauf von Blei, die Bereitstellung von Formen, die eingeschmolzen wurden. Ein Hans Dünne sagte aus, dass er den Auftrag erhielt, für 100 Gulden alles zu fertigen, „dass zu dem trucken gehöret“. Der Gesellschafter Andreas Heilmann besaß vor den Toren Straßburgs eine Papiermühle, so erfahren wir.
1448 wird Gutenberg wieder in Mainz nachgewiesen. Am 17. Oktober 1448 leiht er sich bei seinem Vetter Arnold Gelthus 150 Gulden, offensichtlich, um seine Idee des Buchdrucks verwirklichen zu können. 1450 ist es so weit. Er druckte die ersten Seiten. Er beginnt mit Ablassbriefen, Kalendern und Wörterbüchern. Spätestens 1456 wird die erste Bibel gedruckt. In zwei Exemplaren der 88 Bibeln der ersten Auflage, die erhalten sind, aufbewahrt in der Bibliotheque National in Paris, ist ein Vermerk auf den jeweils letzten Seiten enthalten, dass ein Heinrich Cremer, Kleriker am Kollegialstift St. Stephan in Mainz, die Exemplare am 15. und 24. August 1456 gebunden hat.
Die Wissenschaft hat festgestellt, dass im Verlauf der Setzarbeiten der insgesamt 180 Bibeln sechs verschiedene Setzer beschäftigt waren. Die Druckzeit hat etwa zwei Jahre gedauert. Mit der neuen Technik konnten in dieser Zeit 180 Bibeln, großformatig wie ein Messbuch, hergestellt werden. Bis dahin erforderte das Abschreiben einer Bibel mit der Hand drei Jahre.
Gutenberg, der das Buchdruckunternehmen anscheinend ohne nennenswertes Eigenkapital begonnen hatte und immer wieder Kredite aufnehmen musste, geriet am Ende in Schwierigkeiten. Er lieh sich von einem Johann Fust 800 Gulden. Die Leihe führte zu Missverständnissen. Gutenberg verstand den Geldbetrag als Einlage in ein gemeinsames Unternehmen, Fust ging dagegen davon aus, dass es ein Darlehen sei, für das Zinsen zu zahlen seien. Es gab einen Prozess, an dessen Ende Gutenberg in große Schwierigkeiten geriet.
Fust gründete ein eigenes Buchdruckunternehmen und machte Gutenberg Konkurrenz. Er stieg in das lukrative Bibelgeschäft ein. Mit seinem Teilhaber Schöffer übernahm er den größten Teil des Buchdruckgeschäftes in Mainz. Gutenberg stirbt 1479. Sein Geschäft geht ein. Seine Druckerpresse, die erste der Welt, ist verschollen.
Der Buchdruck breitete sich lawinenartig aus. 1460 finden wir Buchdruckereien in Straßburg und Bamberg, 1465 in Rom, 1466 in Köln, 1469 in Venedig. Paris folgt 1470, 1475 Barcelona, 1476 London. Zu Zentren des Buchdruckes entwickeln sich nach kurzer Zeit Basel, Rom, Venedig, Paris, London. Die Kunst, Handschriften herzustellen, wird Mitte des 16. Jahrhunderts eingestellt.
Gutenberg konnte nicht ahnen, welche Veränderungen sich durch den Buchdruck für die Einheit der Christenheit und für die Entwicklung der Wissenschaften ergeben würden. Die Papiere aus der Druckerpresse gelangten schnell in die Hände vieler Menschen, kluger Köpfe, die neues hinzudachten. Seine Erfindung, so einfach wie wirkungsvoll, steht einzig da. Die Neuzeit ist ohne sie nicht zu denken.