Читать книгу Die 55 beliebtesten Krankheiten der Deutschen - Hans Zippert - Страница 7
Verdrängung
ОглавлениеFast täglich findet man in Deutschland Mitgliedsausweise, die dann ihren ehemaligen Besitzern viel Ärger bereiten. Irgendwann stellt sich immer heraus, dass irgendwie jeder in der NSDAP war, u.a. Dieter Hildebrandt, Martin Walser, Udo Jürgens und Klaus-Jürgen Wussow. Meist wurden sie ohne ihr Wissen in die Partei aufgenommen. Dieter Hildebrandt sagte, möglicherweise hätte seine Mutter den Antrag für ihn unterschrieben, und ich glaube ihm das. Sicherheitshalber möchte ich schon jetzt meine Mitgliedschaften offen legen, bevor ich später in Erklärungsnot komme.
Ich persönlich habe nie die Mitgliedschaft in der NSDAP beantragt, soviel ist sicher. Sollte dennoch ein entsprechendes Dokument gefunden werden, dann war es meine Mutter oder die von Dieter Hildebrandt. Ich bin nie Mitglied einer Partei gewesen, das kann man mir nicht vorwerfen. Ich war allerdings zwei Jahre lang bei Verdi, weil ich hoffte, dass die mehr Lohn für mich erkämpfen würden. Sobald mir klar war, dass Verdi nichts für mich erreichen konnte, war der Klassenkampf für mich erledigt.
Sechs Jahre gehörte ich der »Prisoner Appreciation Society« an, der zweitgrößten Fernsehserienfangemeinschaft – nach Star-Trek natürlich. Diese Gesellschaft hat sich der Verehrung der 17teiligen Serie »The Prisoner« verschrieben, die bei uns »No.6« hieß. Patrick McGoohan spielte die Hauptrolle, und sollte irgendwann mal rauskommen, dass er ein verkappter Nazi gewesen ist, wäre ich natürlich dran.
Gespendet habe ich meist direkt in Hüte und Pappteller oder an Medico International. Einmal aber gab ich dem Ägyptischen Museum in Kairo hundert Dollar und übernahm dafür eine Tiermumienpatenschaft. Für das Geld bekam ich die Patenschaft für eine viertel Ibismumie übertragen und vor allem eine schöne Urkunde. Das könnte mir beim Jüngsten Gericht Probleme bringen, weil wir wahrscheinlich nicht auf der Welt sind, um unser Geld für den Erhalt von Tiermumien zu verschwenden. Mich hat damals aber vor allem das vollkommen Sinnlose der Spende begeistert.
Ich gehörte keinem Sportverein an, war niemals bei Greenpeace oder Amnesty International, aber auch nicht bei der Stasi, es sei denn meine Mutter hätte dort für mich irgendwas unterschrieben. Mitglied der evangelischen Kirche blieb ich immerhin, bis ich als Wehrdienstverweigerer anerkannt war.
Mit sieben Jahren abonnierte ich die Zeitschrift Max und Molly, die von Rolf Kauka herausgegeben wurde. Als der das Blatt einstellte, abonnierte ich Fix und Foxi, und zwar vor allem wegen der »IWM-Kartei«. IWM stand für »Ich weiß mehr« und ich befürchte, daraus kann man mir wohl doch noch einen Strick drehen. Denn eigentlich handelte es sich da um eine Art Stasi-Aufbauorganisation.
Obwohl eigentlich nur allgemein zugängliches Wissen aus Naturwissenschaft, Technik und Kultur vermittelt wurde, ging es wahrscheinlich darum, Agenten, Spione, Denunzianten und Informanten heranzuzüchten. »IWM« klingt ja nicht umsonst beinahe wie »IM«.
Unterschrieben hat den Fix-und-Foxi-Aufnahmeantrag übrigens meine Mutter.
Die meisten jugendlichen Straftäter sind vorher Kinder gewesen. Wissenschaftler sehen da durchaus Zusammenhänge.