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Wie ich die Liebe kennen lernte

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Ich war ein Knab’und ging allein

in einen dichten Buchenhain,

den Wohnsitz guter Hirten,

wo viele hundert Tauben zart,

durch Lieb’und Gegenlieb’ gepaart,

auf grünen Zweigen girrten.

Da kam ein Mädchen wunderschön

und lächelnd wie die Grazien,

mit Rosen auf den Wangen,

ihr Auge war voll Glanz und Licht

und bläulich wie Vergissmeinnicht,

grad auf mich zugegangen.

Noch wusst’ ich nicht, was Liebe war,

doch ward es mir so sonderbar,

versteinert blieb ich stehen –

ich sah ihr starr in’s Angesicht

und freute mich und konnte nicht,

mich satt genug d’ran sehen.

Und als sie endlich zu mir sprach,

da wurden Sinne plötzlich wach,

die ich zuvor nicht kannte.

Mein Herz schlug mir ohn’ Unterlass

und in den Adern fühlt’ ich was,

das heiß wie Feuer brannte.

Sie bat, ich möchte mit ihr gehn,

dort wüchsen Beeren rot und schön,

ich möcht’ ihr welche pflücken.

Sie schlang sich schnell an meinen Arm,

ihr Händchen war so weich und warm,

ich fing es an zu drücken.

Ich drückt’ es ihr, und sie verstand

den kleinen sanften Druck der Hand

und drückte sanft mich wieder

und sah mit holdem Lächeln dann

mich halb verstohlen schmachtend an

und dann am Busen nieder.

Auch ich sah nach dem Busen hin,

und sie ward rot bis an das Kinn,

als sie den Blick entdeckte,

und plötzlich zog sie einen Flor

mit ungerechten Händen vor,

der ihre Brust versteckte.

Ich schwieg, doch kehrte stets mein Blick

zu jenem Zauberritz zurück,

der sanft sich hob und blähte,

doch der vermaledeite Flor

hing wie ein Nebel dicht davor,

so sehr mein Aug’ auch spähte.

So gingen wir ein Weilchen fort

und keines sprach ein einzig Wort,

bis wir uns niedersetzten

und viel von himmlischem Gefühl

und unbekanntem Minnespiel

und Glück der Liebe schwätzten.

Wir saßen hier auf weichem Moos,

ich legte mich auf ihren Schoß;

mit glühendem Verlangen

hob ich mich leise dann empor,

verschob geschwind den Busenflor

und küsste Brust und Wangen.

Sie sträubte sich, doch wenig nur,

ich folgte dann der schönen Spur,

ihr Mund, gebaut zum Küssen,

war meiner Wünsche süßes Ziel,

ließ mich der Wollust Vorgefühl

in vollem Maß genießen.

Entflammter ward ich jetzt schon kühn,

ich hing mich fest an ihren Knien,

warf mich halb auf sie nieder.

Verstohlen zupfte meine Hand

schon an dem kleinen Strumpfenband

und an dem leichten Mieder.

Ihr Röckchen hob ich leicht empor,

noch leichter wie den Busenflor;

nun fuhr ich mit den Händen

empor zum purpurfarb’nen Schoß,

den braungelocktes Haar umfloss,

und küsste Marmorlenden.

Das Heiligtum von Amathunt,

der rosenfarb’ne kleine Mund,

den heilig Schilf beschirmet,

ward bald von meinem Aug’ entdeckt,

mit tausend Küssen überdeckt

und siegreich dann bestürmet.

Wie flog sie unter mir empor,

als sich ihr Blick in Nacht verlor!

Wie bebten ihre Glieder!

Heiß drängte sich mein kochend Blut,

hoch flog ich auf in Liebesglut

und sank dann heftig nieder.

So lernt’ ich, was man Liebe nennt,

und – o! – seit dieser Stunde brennt,

voll dürstendem Verlangen,

ein Feuer mir in dieser Brust,

um stets zu gleicher Liebeslust

ein Mädchen zu umfangen.

Kommt, Mädchen, die ihr lüstern seid,

und schmeckt durch mich die Süßigkeit

von Amors schönstem Spiele,

die Glut, die euer Herz verzehrt,

und euch erblasst, ist’s immer wert,

dass sie ein Jüngling kühle.

Anonym

Erotisches Rokoko. Literatur der Sinnlichkeit

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