Читать книгу Trilogie der reinen Unvernunft Bd. 2 - Harald Hartmann - Страница 13
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ОглавлениеIch fühlte mich wie frisch geduscht, als ich die Sparkasse mit eiligem Schritt verließ. Ich hatte trotz meiner Mission noch Zeit gefunden, meiner Sparkassenberaterin einen kurzen Freundschaftsbesuch abzustatten. Das grenzenlose Rundum-Service-Paket war inzwischen noch grenzenloser geworden, wie sie mir bei einem Beruhigungstee erklärte. Wieder hatte der Fortschritt einen schönen Sieg errungen. Ich applaudierte, er verbeugte sich weinend vor Glück wieder und wieder. So kam es, dass der Fortschritt darüber die Welt vergaß. Mir durfte so etwas aber auf keinen Fall passieren. Ich hatte schließlich die Verantwortung für die Welt und alles darüber hinaus. Ich musste sie retten. Deshalb hatte ich natürlich längst nach dem Eskimo geschickt. Er sollte mit einem ersten Schritt in eine beliebige Richtung zunächst einmal den Fortschritt vor mir retten. Stolz kam der Eskimo mit seinem schicken Cabrio angesaust und entführte den Fortschritt in den Urlaub. Geld durfte bei dieser Aktion keine Rolle spielen. Es war gut, dass ich mir nicht die Lumpen vom Leib reißen ließ. Der Erfolg kam, und der Fortschritt galt seither als gerettet. Ich habe gehört, seit er aufgehört hatte, sich dauernd zu verbeugen, tat ihm der Rücken nicht mehr weh. Das war natürlich, therapeutisch gesehen, ein herber Verlust für ihn, der ihm sehr weh tat, aber nicht nur ihm sondern auch seinem inzwischen ganz ausgehungerten Therapeuten.
Wenn ich das vorher gewusst hätte, hätte ich bestimmt nicht nach dem Eskimo geschickt, sondern nach dem Okapi. Da merkte ich, dass zwischen Hinterher und Vorher also immer noch ein Unterschied bestand, obwohl ich bereits während meiner ersten Regierungsperiode alle sichtbaren und unsichtbaren Unterschiede ausdrücklich verboten hatte. Es blieb mir nichts anderes übrig, ich musste handeln. Als Ministerpräsident hatte ich alle Optionen. Ich handelte wie ein Erleuchteter. Mit einer Handbewegung machte ich den Eskimo rückgängig und den Fortschritt auch. Dann entschied ich, wo ich schon mal dabei war, alles rückgängig zu machen, einfach alles. Ich legte den Rückwärtsgang ein. Es stellte sich als die ganz große Lösung heraus, nach der die Forscher so lange geforscht, aber die sie nie gefunden hatten. Die Gründe dafür wollte ich lieber nicht wissen. Doch mir war klar, wenn sie besser geforscht hätten, hätten sie auch selbst drauf kommen können. So aber würde ich den ganzen Ruhm ernten.
Der ungeflügelte Engel kam herbei geflogen, er war immer noch im Honeymoon mit dem Walross, und überreichte mir meinen Preis für die Entdeckung der ganz großen Lösung. Es war das beliebte, rostige Einrad mit den sechs Rückwärtsgängen. Ich stellte es sofort raus zum Sperrmüll, aber die Müllmänner weigerten sich, es mitzunehmen.
„Warum wollt ihr das rostige Einrad mit den sechs Rückwärtsgängen nicht mitnehmen?“ fragte ich sie.
„Wir haben unsere Vorschriften“, antworteten sie.
„Habt ihr Lust auf noch mehr Vorschriften?“ fragte ich sie mit einigen schönen, maßgeschneiderten Hintergedanken dahinter.
„Lust schon“, sagten sie, „aber leider gibt es keine mehr.“
„Das macht gar nichts, ich mache welche“, antwortete ich und ging auf sie zu.
Ich nahm die Hände eines jedes einzelnen und legte sie in meine Hände. Ich strich über ihre harten, rissigen, schwieligen, verschmutzten Hände und machte ein strenges Gesicht.
„Es gibt neue Vorschriften“, verkündete ich feierlich. „Erstens: Hände waschen. Zweitens: Hände eincremen. Und zwar dreimal täglich nach dem Essen. Drittens: Schnauze halten. Wehe, es kommt was raus!“
Sie stöhnten kurz auf vor Lust.
„Drittens können wir schon“, sagten sie, „aber Erstens und Zweitens wird ein Problem.“
„Warum?“ wollte ich wissen.
„Aus praktischen Erwägungen“, sagten sie.
„Dann lasst Vorschrift 1 und Vorschrift 2 eben weg“, sagte ich, „das war sowieso nur Deko für die Galerie.“
Sie bedankten sich bei mir, als hätten sie eine Tarantel erstochen. Ich war tief beeindruckt, wie gut sie es schafften, dabei die Schnauze zu halten, damit nichts raus kam. Eine gute Vorschrift fand eben immer die richtigen Liebhaber.
Fast hätte ich über diesem Geplänkel meine Verabredung mit dem Gehirnbildner verpasst. Er wartete schon in meinem Gehirn auf mich. Der Weg dorthin war allerdings weit, steinig und schwer, wie ich aus dem Hörfunk erfuhr. Derartige Informationen konnten einen Ministerpräsidenten aber nicht schrecken. Ich betätigte die Toilettenspülung.