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SELBER SCHULD?

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»Gesund«, das ist bei Lebensmitteln interessanterweise nahezu ein Unwort. Eine Studie ergab, dass sich Menschen von einem Schokoriegel weniger gesättigt und befriedigt fühlten, wenn »gesund« darauf stand, als wenn die Verpackung des gleichen Riegels zum Beispiel mit der Formulierung »mit extra Nüssen« für ihren Inhalt warb.

Doch mich beschäftigte auch die Frage, ob Konzerne das Recht haben, hunderte Millionen Menschen mit ausgefeilter Werbepsychologie zum Verzehr von chemisch aufgemotztem »Junk« zu verleiten und ihren Bedenken so etwas wie eine Alternativlosigkeit gegenüberzustellen: Wenn du das Fast-Food-Erlebnis haben willst, musst du eben zu uns kommen, dann sitzt du zwar bald in der Zucker-Fett-Salz-Falle, aber das ist dann deine eigene Verantwortung.

Wir könnten tatsächlich sagen, dass alle, die das Zeug essen, selbst schuld sind. Was erwarten sie denn? Bio-Huhn in Ein-Euro-Nuggets?

Ich kann das trotzdem so nicht gelten lassen. Wir sollten darauf vertrauen können, dass die Fast-Food-Konzerne und die Zulassungsbehörden für Lebensmittel aus einem Gefühl von Verantwortung handeln. Schließlich können wir uns nicht um alles selbst kümmern. Wozu gibt es ein Netz von Institutionen, das wir mit unseren Steuergeldern finanzieren und das uns die Mühe abnehmen sollte, jedes Produkt genau zu hinterfragen?

Das Dumme ist bloß, dass die Maschen dieses Netzes schon immer zu grob waren und dass die Lobbyisten der Fast-Food-Industrie beharrlich neue Löcher hineinreißen. Es verhindert, dass niemand in einem McDonald’s- Restaurant während des Verzehrs eines Burgers mit violetten Flecken im Gesicht tot umfällt, aber die ebenso schleichende wie gründliche Zerstörung der Gesundheit kann es nicht abfangen.

Wenn ich das mit Freunden und Bekannten bespreche, bekomme ich oft die Rückmeldung, dass sich die Situation in den vergangenen Jahren in diesem Punkt ja doch wohl verbessert hat. Schließlich sei das Gesundheitsbewusstsein und damit auch die Eigenverantwortlichkeit der Konsumenten gestiegen, meinen sie.

Leider sieht das bloß eine bestimmte Bubble so. Mehr Gesundheitsbewusstsein und Eigenverantwortlichkeit bei der Auswahl der Lebensmittel scheinen Minderheitenprogramme für Menschen ab bestimmten Einkommens- und Bildungsniveaus in bestimmten Ländern zu sein, und selbst die »gönnen« sich gerne mal was. Insgesamt jedenfalls, das ist eindeutig dokumentiert, steigt der Anteil der ultraverarbeiteten Lebensmittel an der Gesamtmenge der Lebensmittel und der Anteil der natürlichen sinkt.

Auch in der Fast-Food-Industrie hat sich die Situation seit meiner Zeit bei McDonald’s in den vergangenen drei Jahren trotz aller Bio- und Nachhaltigkeitsbeschwörungen weiter verschlechtert. Denn der Effizienz-Druck auf alle Branchen steigt, und die Fast-Food-Industrie kann ihm durch nichts besser begegnen als durch noch mehr denaturierten Junk mit noch mehr Chemie in noch hübscher gestalteten Schachteln.

Ich wäre dafür, dass auf jeder McDonald’s- oder Burger King-Schachtel ein Aufdruck wäre: »Achtung, der regelmäßige Verzehr dieses Produktes schadet Ihrer Gesundheit.« Es wäre nichts als die Wahrheit.

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