Читать книгу Ray Bradbury - Poet des Raketenzeitalters - Hardy Kettlitz - Страница 6
Оглавление2. – Debüt und erste Erzählungen (1938–1945)
2.1 – FUTURIA FANTASIA und die Fanzines
Als Bradbury im Alter von 17 Jahren noch an der Los Angeles High School war, führte ihn Forrest J. Ackerman, der zu einem guten Freund wurde, in das Science-Fiction-Fandom ein. Forry Ackerman gab selbst ein Fanzine mit dem Titel IMAGINATION heraus, in dem Bradbury auch seinen allerersten Text veröffentlichte (»Hollerbochen’s Dilemma«), und fragte Ray, warum er nicht selbst ein Fanzine zusammenstelle. Bradbury verdiente sich zu der Zeit ein paar Dollar als Zeitungsjunge an einer Straßenecke und hatte den festen Vorsatz, Schriftsteller zu werden. Also entstand die Idee zum Fanzine FUTURIA FANTASIA. Er sprach im Laufe der nächsten Monate einige bereits bekannte SF-Autoren an und erhielt tatsächlich Texte von Robert A. Heinlein, Henry Kuttner, Ross Rocklynne, Damon Knight und einigen anderen. Bilder für das Fanzine malte und zeichnete der sehr begabte Hannes Bok, mit dem Bradbury auch später noch freundschaftlich verbunden war.
Die erste Ausgabe von FUTURIA FANTASIA erschien pünktlich zur ersten World Science Fiction Convention in New York. Bradbury war sehr aufgeregt und fuhr mit seinem Freund Forry Ackerman per Greyhound-Bus nach New York, weil dies die billigste Art zu reisen war. In New York besuchten die beiden Farnsworth Wright, den Herausgeber des Magazins WEIRD TALES, und zeigten ihm die Bilder von Hannes Bok. Und tatsächlich kaufte Wright eines der Bilder als Magazintitelbild für fünfzig Dollar, was damals eine Menge Geld war. Bradbury schreibt in seinem Vorwort zur Buchausgabe von FUTURIA FANTASIA, dass man für rund 80 Dollar quer durch die ganzen USA und wieder zurück reisen konnte, wenn man es richtig anstellte.
Da Bradbury über kein Geld verfügte, finanzierte Ackerman den Druck von FUTURIA FANTASIA. Die erste Ausgabe kostete in der Vervielfältigung ca. 25 Dollar, und die hundert Exemplare wurden für 10 Cent pro Stück verkauft. Natürlich war das ein Zuschussgeschäft, doch Bradbury wollte, dass möglichst viele Leute sein Fanzine lasen und verteilte sogar viele Exemplare kostenlos auf dem WorldCon, der übrigens nur ca. 200 Besucher hatte.
Bradbury war damals oft in Geldnöten, wie so viele junge Männer. Als Forrest J. Ackerman in den Neunzigerjahren zu Gast in unserem Berliner Science-Fiction-Club ANDYMON war, erzählte er unter anderem auch eine Anekdote über Bradbury, die ungefähr 1939 passiert sein muss: Ackerman war damals bereits ein engagierter Bücher- und Magazinsammler, und Bradbury bot ihm ein von Edgar Wallace signiertes Exemplar des Romans King Kong an. Ackerman war begeistert und kaufte es sofort, fand jedoch später heraus, dass Wallace das Buch gar nicht signiert haben konnte, denn der Autor war bereits ein Jahr vor Erscheinen des Buchs gestorben. Wallace hatte an der ersten Drehbuchfassung zum Film King Kong mitgearbeitet, die Buchfassung schrieb eigentlich Delos W. Lovelace. Trotzdem hat Ackerman das signierte Buch behalten und sein Geld nicht zurückgefordert. Wer besitzt schließlich schon ein von Ray Bradbury gefälschtes Edgar-Wallace-Autogramm?
Die vier Ausgaben von Bradburys erstem Fanzine hatten folgenden Inhalt:
FUTURIA FANTASIA 1
(Sommer 1939, 11 Seiten)
»Greetings! At Long Last — Futuria Fantasia!« (Editorial von Ray Bradbury)
»The Revolt of the Scientists« (Artikel von Bruce Yerke)
»Don’t Get Technatal« (Story von Ron Reynolds [d. i. Ray Bradbury])
»The Record« (Story von Forrest J. Ackerman)
»Thought and Space« (Gedicht von Ray Bradbury)
FUTURIA FANTASIA 2
(Herbst 1939, 17 Seiten)
»Worry!!!« (Editorial von Ray Bradbury)
»The Galapurred Forsendyke« (Story von H. V.B. [d. i. Hannes Bok])
»I’m Through!« (Artikel von Foo E Onya [d. i. Forrest J. Ackerman])
»Satan’s Mistress« (Gedicht von Doug Rogers [d. i. Ray Bradbury])
»Lost Soul« (Gedicht von Henry Hasse)
»The Truth About Goldfish« (Artikel von Henry Kuttner)
»God Busters« (Artikel von Erick Freyor [d. i. Forrest J. Ackerman])
»The Pendulum« (Story von Ray Bradbury)
»Is It True What They Say About Kuttner? or The Man With the Weird Tale« (Artikel von Guy Amory [d. i. Ray Bradbury])
»Return from the Dead« (Story von Anthony Corvais [d. i. Hannes Bok])
»Conventional Notes« (Bericht von Ray Bradbury)
FUTURIA FANTASIA 3
(Winter 1940, 19 Seiten)
(Editorial ohne Titel von Ray Bradbury)
»The Voice of Scariliop« (Story von H. V.B. [d. i. Hannes Bok])
»Aw G’wan« (Artikel von Henry Hasse)
»The Fight of the Good Ship Clarissa« (Story von Ray Bradbury, anonym erschienen mit der Bemerkung ›by one who should know better‹)
»The Intruder« (Story von Emil Petaja)
»Asphodel« (Gedicht von E. T. Pine)
»Marmok« (Gedicht von Emil Petaja)
»The Best Way to Get Around« (Artikel von Ross Rocklynne)
»The Symphonic Abduction« (Story, anonym)
»As I Remember« (Artikel von Omega [d. i. Ray Bradbury])
FUTURIA FANTASIA 4
(September 1940, 20 Seiten)
»Gorgono and Slith—« (Editorial von Ray Bradbury)
»Heil!« (Story von Lyle Monroe [d. i. Robert A. Heinlein])
»The Phantoms« (Gedicht von J. E. Kelleam)
»Thoughts on the Worldstate« (Artikel von Henry Kuttner)
»Would You?« (Gedicht von J. Harvey Haggard)
»The Piper« (Story von Ron Reynolds [d. i. Ray Bradbury])
»The Itching Hour« (Story von Damon Knight)
»I’ve Never Seen—« (Gedicht von Hannes Bok)
»Ninevah« (Gedicht von J. E. Kelleam)
»Bok’s Creatures of Lorelei« (zwei Illustrationen von Hannes Bok)
Für die fünfte Ausgabe des Fanzines, die nie erschienen ist, gab es bereits ein Titelbild von Hannes Bok. Forry Ackerman schlug in einem Interview über fünfzig Jahre später vor, die fünfte Ausgabe schließlich doch noch herauszubringen, doch Bradbury lehnte ab. Bradbury schrieb für jede Ausgabe eine Kurzgeschichte, die nie länger als zwei Seiten war.
Die vier Fanzines, das Titelbild der fünften Ausgabe, einige Illustrationsskizzen von Hannes Bok sowie ein Vorwort von Bradbury und ein Interview von Craig Graham mit Bradbury und Ackerman sind in dem schmalen Buch Futuria Fantasia (1997 bei Graham Publishing) enthalten.
»Don’t Get Technatal«
(Pseudonym Ron Reynolds; Sommer 1939 in FUTURIA FANTASIA 1, enthalten in Futuria Fantasia; nicht auf Deutsch)
In dieser zwei Seiten langen Satire sitzt der Schriftsteller Samuel Stern verzweifelt vor seiner Schreibmaschine, denn ihm will keine Idee einfallen. Er unterhält sich mit seiner Frau Bella darüber, dass es einfach keine Themen mehr gibt, seit alle Menschen zufrieden sind, die Kriminalität abgeschafft wurde, jeder den gleichen sozialen Status und die gleiche Menge Geld hat. Bella schlägt vor, dass er über die Liebe schreiben soll, doch das ist Stern zu profan. Am Ende hat er schließlich die Idee, eine Liebesgeschichte zwischen zwei Robotern zu schreiben, denn auch wenn die Roboter noch nicht so weit entwickelt sind, dass sie Liebe empfinden können, wird es eines Tages so weit sein.
»The Pendulum«
(anonym erschienen; Herbst 1939 in FUTURIA FANTASIA 2, enthalten in Futuria Fantasia, 1971 in Horrors Unknown, Hrsg. Sam Moskowitz; nicht auf Deutsch)
Der Text beschreibt einen Gefangenen, der in einem gläsernen Pendel eingesperrt ist und für alle Ewigkeit hin- und herschwingen muss. Er wird des Verbrechens beschuldigt, mehrere Wissenschaftler umgebracht zu haben, und selbst als kein Mensch mehr da ist, um das Pendel am Laufen zu halten, muss der Mann weiter hin- und herschwingen, betreut von einer Gruppe von Robotern. Am Ende schließlich sitzt nur noch sein Skelett im Glaspendel und schwingt bis in alle Ewigkeit.
Eine Handlung gibt es in der Geschichte nicht, vielmehr wird mit pathetischen Worten der »Gefangene der Ewigkeit« geschildert. Sein Verbrechen ist dabei vollkommen nebensächlich. Bradbury ging es offenbar nur um die Schilderung des Bildes.
Im November 1941 erschien im Magazin SUPER SCIENCE STORIES eine Geschichte mit dem Titel »Pendulum«, bei der Ray Bradbury und Henry Hasse als Autoren angegeben wurden. Vermutlich handelt es sich dabei um eine andere Geschichte, die nur den gleichen Titel trägt. Bradbury hat gelegentlich seine Storytitel mehrfach verwendet.
»The Fight of the Good Ship Clarissa«
(anonym erschienen; Winter 1940 in FUTURIA FANTASIA 3, enthalten in Futuria Fantasia; nicht auf Deutsch)
Diese Geschichte ist nur eine Seite lang und soll wohl eine Satire sein. Das Raumschiff Clarissa ist auf dem Weg zur Venus, doch als es dort ankommt, werden die Menschen von den Venusiern angegriffen und getötet. Dabei benutzt Bradbury allerlei alberne Übertreibungen, in der Absicht, die Geschichte lustiger zu machen.
»The Piper«
(Pseudonym Ron Reynolds; September 1940 in FUTURIA FANTASIA 4, enthalten in Futuria Fantasia, 1970 in Futures to Infinity; nicht auf Deutsch)
Dies ist die erste Geschichte, in der der Leser Elemente des späteren Stils des Autors erkennen kann. Die Story spielt auf dem Mars, der inzwischen von Menschen besiedelt wurde. Drei Städte wurden errichtet, in denen jeweils tausend Menschen wohnen. Die Marsianer, die einst ein Volk mit einer hoch entwickelten Kultur waren, leben nun irgendwo in den Bergen und sind degeneriert; sie sterben aus. Der titelgebende Flötenspieler stammt von der Venus und beherrscht seine Kunst: Er spielt die Musik einer sterbenden Welt. In der Geschichte unterhalten sich ein alter Mann und ein Junge, beide von der Erde, über den Flötenspieler und das Ende der Marsianer.
Die Geschichte ist ganz klar eine Vorarbeit für den gleichnamigen Text, der im Februar 1943 im Magazin THRILLING WONDER STORIES erschienen ist. In den drei Jahren, die dazwischenliegen, hat Bradbury bereits eine Menge über den Aufbau und das Erzählen von Geschichten gelernt. Dennoch handelt es sich bei »The Piper« um etwas ganz Besonderes, denn es ist Bradburys erste Mars-Geschichte.
Die nachfolgenden Texte werden hier nur der Vollständigkeit halber aufgelistet. Es sind alles sehr kurze Texte von nur wenigen Seiten, die in Fanzines und Schülerzeitschriften mit geringen Auflagen publiziert wurden. Sie wurden alle nicht ins Deutsche übersetzt und liegen auch in keinem Sammelband von Bradbury vor: »Hollerbochen’s Dilemma« (Januar 1938 in IMAGINATION, 1974 in Horrors Unseen, Hrsg. Sam Moskowitz), »The Death of Mr McCarthy« (21. April 1938 in BLUE AND WHITE DAILY [Schülerzeitschrift der Los Angeles High School]), »Hollerbochen Comes Back« (November 1938 in MIKROS), »How to Run a Successful Ghost Agency« (Pseudonym Brian Eldred; März 1939 in D’JOURNAL), »Mummy Dust« (Pseudonym Cecil Clayborne Cunningham; Mai 1939 in D’JOURNAL), »Gold« (August 1939 in SCIENCE FICTION FAN), »The Maiden of Jirbu« (gemeinsam mit Bob Tucker; März 1940 in POLARIS), »Tale of the Tortletwitch« (Pseudonym Guy Amory; April 1940 in SPACEWAYS), »Luana the Living« (Juni 1940 in POLARIS, 1973 in Horrors in Hiding, Hrsg. Sam Moskowitz), »The Last Man« (November 1940 in THE DAMN THING), »The Tale of the Terrible Typer« (November 1940 in FANTASITE), »Genie Trouble« (Dezember 1940 in THE DAMN THING), »How Am I Today, Doctor?« (Februar 1941 in THE DAMN THING), »The Trouble With Humans is People« (März 1941 in THE DAMN THING) und »The Tale of the Mangledomvritch« (Juni 1941 in SNIDE).