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d) Zweifelsregeln (§ 271)

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Wenn weder die Parteivereinbarungen noch gesetzliche Bestimmungen Abweichendes bestimmen und auch die Umstände des Einzelfalls nichts Abweichendes ergeben, kommen die Zweifelsregeln des § 271 zum Tragen. § 271 Abs. 1 regelt sowohl die Fälligkeit als auch die Erfüllbarkeit von Schulden. Beides tritt im Zweifel sofort ein: Der Gläubiger kann die Leistung sofort verlangen (sofortige Fälligkeit), der Schuldner kann die Leistung sofort bewirken (sofortige Erfüllbarkeit). Mit „sofort“ ist aber nicht unbedingt der Zeitpunkt gemeint, zu dem die Leistungspflicht entsteht, so dass der Gläubiger die Leistung „auf der Stelle“ verlangen könnte. Vielmehr kann unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und der Verkehrssitte (§§ 133, 157, 242) eine mit Rücksicht auf die konkreten Einzelfallumstände zu bestimmende Zeitspanne des Abwartens einzuhalten sein.[9]

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Steht der Vertrag unter einer aufschiebenden Bedingung, treten Fälligkeit und Erfüllbarkeit frühestens im Zeitpunkt des Bedingungseintritts ein. Denn erst ab diesem Zeitpunkt entstehen die Leistungspflichten aus dem Vertrag.[10]

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§ 271 Abs. 2 regelt Fälligkeit und Erfüllbarkeit für den Fall, dass eine Leistungszeit bestimmt ist. Dann gilt für die Fälligkeit im Zweifel: Der Gläubiger kann die Leistung erst ab dem Zeitpunkt der bestimmten Leistungszeit verlangen. Für die Erfüllbarkeit sieht § 271 Abs. 2 Abweichendes vor. Der Schuldner kann im Zweifel die Leistung auch schon vor der vereinbarten Leistungszeit bewirken. Wer etwa ein zinsloses Darlehen erhalten hat, kann das Darlehen im Zweifel schon vor der bestimmten Leistungszeit zurückzahlen. Wenn der Schuldner einer unverzinslichen Geldforderung dementsprechend vorzeitig zurückzahlt, kann er jedoch gem. § 272 keinen Abzug wegen Zwischenzinsen vornehmen. Mögliche Zinsvorteile des Gläubigers muss der Schuldner in diesem Fall also hinnehmen, da seine Zahlung freiwillig erfolgt.

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Die vorzeitige Erfüllungsmöglichkeit, die § 271 Abs. 2 als Zweifelsregel vorsieht, wird den Parteiinteressen oft nicht gerecht. Deshalb wird beispielsweise in verzinslichen Darlehensverträgen regelmäßig vereinbart, dass die vorzeitige Rückzahlung des Darlehens ausgeschlossen ist bzw nur unter Zahlung zusätzlicher Entgelte („Vorfälligkeitsentschädigung“) erfolgen darf. Solche Vereinbarungen sind gegenüber der Zweifelsregel vorrangig.[11] Beim verzinslichen Darlehen finden sich auch vorrangige gesetzliche Bestimmungen, die § 271 Abs. 2 verdrängen: So sieht § 488 Abs. 3 S. 3 nur für das nicht verzinsliche Darlehen vor, dass der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt ist. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass die Erfüllbarkeit der Rückzahlungspflicht grundsätzlich nicht vor Kündigung des Darlehens (vgl dazu die Kündigungsgründe des § 489) statthaft ist. Auch aus den Umständen kann sich ergeben, dass § 271 Abs. 2 nicht zum Tragen kommt: Dazu sei als Beispiel in Erinnerung gerufen, dass der Verkäufer einer Einbauküche diese regelmäßig nicht vor dem vereinbarten Termin liefern darf.[12]

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Zwar kann B die Darlehensvaluta in Fall 23 erst am 23.12. zurückfordern (Fälligkeit), aus § 271 Abs. 2 folgt jedoch, dass, selbst wenn eine Zeit bestimmt ist, der Schuldner die Leistung im Zweifel auch vor dieser Zeit bewirken darf (Erfüllbarkeit). Gemäß § 488 Abs. 3 S. 3 muss das (zinslose) Darlehen dazu nicht gekündigt werden. Folglich steht es A frei, das Darlehen auch schon Ende November an B zurückzuzahlen, insbesondere, weil dieses zinslos)gewährt wurde und B daraus keine Nachteile erwachsen (vgl etwa § 272).

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