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Menschliche Intelligenz

Beginnen wir mit einem hübschen kleinen Beispiel für intelligentes Verhalten! Max von Laue, ein prominenter deutscher Physiker, war während der Nazi-Zeit in Berlin geblieben. Um die Korrespondenz mit seinem, in die USA emigrierten (und von den Nazis verpönten) Freund Albert Einstein ungestört fortsetzen zu können, schlug er der Zensur ein Schnippchen. Er adressierte seine Briefe einfach an Professor Albert, und sie kamen immer an.

Eine der größten Intelligenzleistungen der Menschen ist zweifellos die “Zähmung“ des Feuers, die in der Kunst des Feuermachens (anfangs wohl durch Reiben trockener Hölzer) gipfelt. Anders als beim Werkzeuggebrauch ist dies dem Menschen allein gelungen. Um diese Großtat gebührend würdigen zu können, müssen wir uns vor Augen halten, dass Mensch wie Tier ein Feuer, das in einer Steppe oder einem Wald ausbricht (verursacht meist durch Blitze, heutzutage auch durch Brandstiftung), als ein furchteinflößendes Inferno erlebt. Da bleibt (oft auch heute noch!) nur die Flucht.

Die Folgen des Gebrauchs von Feuer können nicht hoch genug eingeschätzt werden. Zum einen konnte durch Kochen und Braten die Nahrung effektiver genutzt werden als beim bloßen Verschlingen. Das scheint vor allem dem Gehirn zugute gekommen zu sein, dessen rasantes Wachstum die menschliche Entwicklung entscheidend voranbrachte. Zum anderen war durch die Nutzung des Feuers die Gewinnung und Verarbeitung von Erzen gewissermaßen vorprogrammiert, man musste sich nur die zurückgebliebene Schlacke genauer ansehen.

Ich kann unmöglich all die Entdeckungen und wissenschaftlichen Erkenntnisse aufzählen, die wir der Intelligenz von Forschern verdanken. (Auf die Erschaffung der Sprache als einer Intelligenzleistung par excellence werde ich in einem späteren Kapitel noch detailliert eingehen). Ich möchte im folgenden zur Abwechslung an zwei Beispielen zeigen, dass man “mit Köpfchen“ auch ein Vermögen machen kann, ohne dass man jemanden übers Ohr hauen muss.

Der bekannte ungarische “Börsenguru“ Andre Kostolany erzählte einmal, wie es ihm gelang, den Grundstein zu seinem Vermögen zu legen. Als Konrad Adenauer Chef der ersten (west-)deutschen Nachkriegsregierung geworden war, würde er nach Kostolanys Einschätzung bemüht sein, neues Vertrauen auf den internationalen Finanzmärkten zu gewinnen und sich das einiges kosten lassen. Einen Prüfstein hierfür würden die seinerzeit von der Nazi-Regierung im Ausland (namentlich in Frankreich) ausgegebenen Staatsanleihen abgeben. So wie er die Deutschen kannte, würden sie diese zurücknehmen, und noch dazu zu einem ordentlichen Preis. Diese Rechnung ging in der Tat vollständig auf. Kostolany kaufte rechtzeitig alle Anleihen, deren er habhaft werden konnte, zu einem Spottpreis auf, und der von der Bundesregierung festgesetzte Rücknahmepreis übertraf sogar noch seine Erwartung.

Auch Voltaire, der geistreiche Literat und Philosoph, benutzte seinen Verstand dazu, viel Geld zu “machen“. Dabei hatte er eigentlich nur etwas Naheliegendes getan, aber anscheinend war kein anderer auf die gleiche Idee gekommen. Folgendes ereignete sich. Es wurde eine Lotterie aufgelegt, und Voltaire stellte an Hand einer simplen Rechnung fest, dass der auszuschüttende Gewinn die Summe aller Lospreise deutlich überstieg. Er zog daraus sogleich die Konsequenz: Er pumpte sich so viel Geld, dass er sämtliche Lose aufkaufen konnte, und sicherte sich so den Gewinn. – Ich finde, man sollte diese Geschichte den Schülern erzählen, damit sie sehen, dass “Mathe“ doch zu etwas nütze ist.

Selbstverständlich haben auch wir normalen Menschen Aha-Erlebnisse. Man grübelt manchmal tagelang über ein Problem, und plötzlich “fällt es einem wie Schuppen von den Augen“. Ich muss allerdings zugeben, dass solche Momente der “Erleuchtung“ recht selten sind. Werfen wir daher lieber einen Blick auf das Alltagsleben, in dem Intelligenz bekanntlich schon eine große Rolle spielt. Zur Illustration eignet sich der folgende Witz. Ein verliebter Mann und seine Begehrte unterhalten sich. Er: “Du bist die schönste Frau, der ich jemals begegnet bin. Ich bewundere dich.” Sie: “Du willst mich doch bloß ins Bett kriegen! “Er: “Und intelligent bist du auch noch! “Intelligent sein bedeutet also in erster Linie, nicht alles zu glauben, was einem erzählt wird, oder, wie man so schön sagt, sich kein X für ein U vormachen zu lassen. Und man kann natürlich seine Intelligenz auch dazu benutzen, sich einen Vorteil zu verschaffen, sprich, einen anderen “hinters Licht zu führen“ oder ihn gar hereinzulegen. Ein Beispiel hierfür findet sich im nächsten Abschnitt. ‘

Schließlich rechne ich auch Schlagfertigkeit zu den Zeichen von Intelligenz. Hierzu möchte ich ein eigenes Erlebnis zum Besten geben. Ich war vor ein paar Jahren im Publikum, als der renommierte Wiener Quantenphysiker Anton Zeilinger zum Ehrenmitglied der Berliner Urania ernannt wurde. Klaus Wowereit, der damals noch Regierender Bürgermeister von Berlin war, ließ es sich nicht nehmen, selbst die Laudatio zu halten (sprich, abzulesen). Und dabei unterläuft ihm doch ein Versprecher. Er wendet sich mitten in seiner Rede an Zeilinger mit den Worten “Sehr geehrter Herr Heiliger! “ Und wie reagiert er darauf? Ohne einen Augenblick zu zögern, sagt er “So weit sind wir noch nicht! “ Ich fand das einfach großartig (zumal mir selbst Schlagfertigkeit abgeht).

Übrigens kann man, wenn man Glück hat, Zeuge eines spontanen Aufblitzens von Intelligenz werden. So erzählten mir zwei ältere Damen, welches Erlebnis sie auf einem Friedhof hatten. Sie hatten nicht daran gedacht, dass es schon Herbst war und demzufolge die Öffnungszeiten verkürzt waren. Als sie den Friedhof wieder verlassen wollten, standen sie daher vor einem verschlossenen Tor. Sie versuchten es zunächst an den anderen Ausgängen, aber – wie zu erwarten – ohne Erfolg. Sie gingen daher zum Hauptausgang zurück und warteten auf Passanten, die ihnen mit ihrem Handy helfen könnten. (Ihr eigenes hatten sie zu Hause gelassen.) Doch sie hatten kein Glück. Schließlich kam eine Gruppe junger Männer vorbei, die aber auch keine Hilfe waren. Beim Weitergehen stellte einer von ihnen jedoch eine intelligente Frage: “Ich frage mich bloß, wie die da reingekommen sind.“

Mitfühlenden Seelen kann ich erfreulicherweise versichern, dass die Geschichte doch noch gut ausging. Eine jugendliche Passantin lieh ihnen ihr Handy, sodass sie die Polizei anrufen konnten. Die Beamten reagierten prompt und erfolgreich. Sie besorgten sich einen Ersatzschlüssel, befreiten damit die Eingeschlossenen und brachten sie sogar im Polizeiwagen nach Hause (was seine Wirkung auf die aufmerksam beobachtenden Nachbarn nicht verfehlte).

Plauderei über natürliche und künstliche Intelligenz

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