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2.5. Neun Thesen zur kritisch-konstruktiven Orientierung einer »Bildung für eine nachhaltige Entwicklung« 2.5.1. Einführung

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Im letzten Kapitelabschnitt wurde der programmatische Rahmen für eine künftige Bildungsarbeit mit dem Fokus auf »nachhaltige Entwicklung« dargestellt. Der sich daran anschließende ausschnitthafte Blick auf die soziologische Empiriearbeit mit den entsprechenden möglichst zielgruppengenauen Praxisempfehlungen und die formulierte grundsätzliche Skepsis gegenüber Bildungskonzepten mit breitenwirksamen Ansprüchen verdeutlicht, in welchem Spannungsfeld sich eine reflexive Theorie und Praxis zur Umweltbildung bewegt.

Eine zunächst plausible, aber nach meiner Einschätzung zu kurz greifende Lösung scheint in folgendem Gedankengang zu liegen: Endlich gibt es jetzt einen verbindlichen (BLK-) Orientierungsrahmen, in dem sich alle bewegen können und wo es jetzt nur noch darauf ankommt, das Sein (hier die konkrete reale Krisenphänomenologie und das Verhalten der Menschen in den verschiedenen Subsystemen dieser Gesellschaft) und das Sollen (hier das anscheinend konsensfähige »Nachhaltigkeitsparadigma«) mit den entsprechenden, vor allem pädagogischen, Methoden zur Deckung zu bringen. So verführerisch und naheliegend dieser Gedankengang ist, so kurzschlüssig und fehlorientierend könnte er auch sein und in mögliche, vielleicht schon absehbare Sackgassen führen: Wenn sowohl die Interpretation des Seins als auch die des Sollens ungeklärt ist und von daher auf tönernen Füßen steht – und im weiteren Verlauf meiner Arbeit werden dafür ernst zu nehmende Zeugen benannt –, dann ist eine skeptische Grundhaltung im Umgang mit den zu erwartenden Konzeptansätzen gerechtfertigt.

Diese Skepsis begründet sich auch aus der Auseinandersetzung mit der bisherigen Geschichte der Umweltpädagogik (siehe Kap. 2.1–2.3), zumal eine Diskussion der von mehreren Seiten vorgetragenen Grundlagenkritik (Kahlert 1990, Oelkers 1990, Heid 1992, Bölts 1995, Bergstedt 1998) kaum stattgefunden hat und deshalb zu erwarten ist, dass die dort vorgebrachten Defizite in veränderter Gestalt wieder auftreten werden.

Deshalb werde ich – ebenso als teilnehmender Akteur in den verschiedenen Handlungszusammenhängen – mich bemühen, in kritischer Auseinandersetzung mit den praktizierten Konzeptlinien die folgenden Zielsetzungen in dieser Arbeit zu verfolgen: Inhaltlich werde ich u.a. danach fragen, ob und inwieweit das Leitbild der Nachhaltigkeit zum einen das Produkt eines im politisch-kulturellen Raum gewachsenen Wunschdenkens mit ideologischer Funktion ist. Oder ob sich in ihm die Substanz einer konkreten Utopie verbirgt, d.h. die verdeckte und an Voraussetzungen gebundene Möglichkeit besteht, dass relevante gesellschaftliche Akteure mit ihren bisher noch nicht entfalteten Gestaltungskräften in tätiger Auseinandersetzung mit dem Leitbild Impulse freizusetzen imstande sind, die auch das Programm einer Umgestaltung tiefer liegender, Krisen verursachender gesellschaftlicher und lebensweltlicher Strukturen auf die (vor allem politische, ökonomische und kulturelle) Tagesordnung bringt. Methodisch möchte ich diese Sucharbeit so gestalten, dass ich mich auf vier unterschiedlichen Pfaden dem komplexen Gefüge der zentralen Problematik nähere. Dabei werde ich vorher mein Untersuchungsinstrument vorstellen und auch begründen, weshalb nicht das Nachhaltigkeits-Leitbild als solches im Mittelpunkt des Interesses stehen sollte, sondern der eigentliche Anlass des jetzt beginnenden Diskurses, nämlich die aus den Fugen geratenen, in einer bestimmten historischen Kontinuität stehenden Mensch-Natur-Beziehungen (Kap. 2). Mit diesen beiden – inhaltlichen und methodischen – Vorentscheidungen ist auch in etwa festgelegt, welche Absichten ich in praktischer Perspektive verfolge. Mir geht es einerseits darum, vor und neben aller unzweifelhaft notwendigen stetigen Umsetzungsarbeit ein kontinuierliches, kritisches Nachdenken über Anlass, Ziele, Kontexte, Wirklichkeit(en) und Möglichkeiten von zukunftsfähigen Mustern einer »nachhaltigen Entwicklung« anzuregen. Andererseits – und damit nehme ich eine gezielte Schwerpunktsetzung vor – möchte ich einige Überlegungen dazu anstellen und auch erste Vorschläge zu der Frage unterbreiten, wie die Konturen von Denk- und Handlungsebenen einer allgemeinbildungsorientierten Grundlegung zur Umweltbildung aussehen könnte. Vor Augen habe ich dabei die Vorstellung von einem bildungstheoretisch fundierten »Sockelbeitrag« einer »ökologischen Grundbildung« mit dem Fokus auf die zentrale historisch gewachsene Konfliktlinie Mensch-Natur, wobei das Leitbild der Nachhaltigkeit in den verschiedenen Zusammenhängen eine integrierende und orientierende Rolle spielen wird. Dieses auszuarbeitende »Sockel-Curriculum«, so meine Hoffnung, müsste perspektivisch z.B. in allen Lehrplänen der Schulen und allen Studiengängen der Hochschulen – jeweils mit unterschiedlicher interdisziplinärer Akzentuierung und Gewichtung – curricular und personell fest verankert sein. Auf dieser Grundlage können dann die verschiedenen fachspezifischen Beiträge und praktischen Vorhaben entwickelt und realisiert werden.

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