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Zur Leipziger Neuauflage

Nachbemerkung vom Dezember 1989 anläßlich der Fahnenkorrektur von »Herr und Knecht. Figurenpaare in der Geschichte« (Urania-Verlag Leipzig / Jena / Berlin):

»Was ich über HERR und KNECHT, einen Gegenstand dialektischer Sozialgeschichte, schrieb, hat immer auch mit der Freiheit des Menschen zu tun. Knecht und Magd können den Herrn zum Rollentausch zwingen, Freiheit und Würde haben sie damit noch nicht errungen. Oder ein Dritter stößt den Herrn vom Stuhl, auf den Kunze sich setzt, und Hinze wird sein Fahrer (Volker Braun: Hinze-Kunze-Roman, Halle-Leipzig 1985) oder sein Spitzel.

MIELKE-KNECHTE schämt euch – haben Dresdner groß an die Mauer des auf dem östlichen Elbufer gelegenen Objekts Bautzener Straße geschrieben. Widmen möchte ich das Buch denen, die in Leipzig am 2., am 7. und am 9. Oktober in der Innenstadt und auf dem Ring gegen das System der Selbstzerstörung dieses Landes und seiner Menschen demonstrierten. Möge die Revolution es dauerhaft überwinden … Leipzig, Dezember 1989.«6

Aus der Absicht, jenes grundstürzende Geschehen zu dokumentieren, das Teil einer großen europäischen Freiheitsbewegung war,7 entstand »Ende einer Selbstzerstörung. Leipzig und die Revolution in der DDR« – mit Vorträgen im März 1990 an den Universitäten Rotterdam und Leiden, später an der Volkshochschule Bielefeld und dem Göttinger Max-Planck-Institut für Geschichte. Zum 38. Deutschen Historikertag in Bochum, September 1990, habe ich dem Verlag Vandenhoeck & Ruprecht das Manuskript eingereicht; es ist mit einiger Verzögerung 1993 erschienen. Die Ausgabe mit dem Umschlagbild von Wolfgang Mattheuer »Geh aus deinem Kasten«, 1985, Öl auf Leinwand, erzielte in kurzer Zeit zwei Auflagen. Auszüge sind vor allem für die Schule nachgedruckt worden.8

Das Buch ist schon lange vergriffen, und so war es der wiederholt erklärte Wunsch des Sax-Verlages, den Text nach Leipzig zurückzuholen, wo er entstanden ist und wovon er wesentlich handelt. Diesem Angebot und der Möglichkeit zu Erweiterungen der inzwischen stets und ständig ansteigenden berichtenden und Forschungsliteratur bin ich dankbar gefolgt. Ergänzende Titel in den Anmerkungen stehen kursiv. Weitere Hinzufügungen sind im laufenden Text mit einer grauen Hintergrundfläche kenntlich gemacht. Der Beitrag »Zeitzeugenschaft. Kommentar« und ein weiterer zur Leipziger Montagsdemonstration vervollständigen die Neuauflage; Letzterer ist überschrieben mit »Die Mauer muß weg! Leipzig am 6. November«. Ihn aufzunehmen, darauf hatte der Göttinger Verlag seinerzeit verzichtet. Sprechchöre und Transparente zeigen die Unumkehrbarkeit des Geschehens, das dem Fall der Berliner Mauer vorausging. Mein Kommentar zur Zeitzeugenschaft, damals, ist getragen vom Wissen um die Unsicherheit von Erinnerung und von deren Verlust durch Vergessen.

Ein Vierteljahrhundert ist seit der friedlichen Revolution vergangen, und ich sage von Herzen Dank für die Leipziger Neuausgabe dieses Buches, die der Sax-Verlag, vertreten durch Frau Birgit Röhling und Herrn Lutz Heydick, in die Wege geleitet hat. Vandenhoeck & Ruprecht hat die Verlagsrechte ohne Zögern zurückgegeben, Heinrich August Winkler seine Besprechung »Mehr als ein Zusammenbruch. Hartmut Zwahr über die Revolution in Leipzig und das Ende der DDR« (DIE ZEIT, 6.8.1993) zum Abdruck zur Verfügung gestellt. Ich danke auch ihnen.

Leipzig, Januar 2014 Hartmut Zwahr

Ende einer Selbstzerstörung

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