Читать книгу Raumschiff Prokyon Band 1-18: Die ganze Serie - Harvey Patton - Страница 14
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ОглавлениеAuch der nächste Tag brachte weiter nichts als Routine.
Nur die drei Wissenschaftler hatten zu tun, die PROKYON-Crew langweilte sich mehr schlecht als recht. Während der langen Reise hatten alle von den paradiesischen Zuständen auf dem Gürtelkontinent geträumt. Nun hatten sie ausgiebig Gelegenheit, sie zu genießen, und doch waren sie nicht zufrieden.
»Der Mensch pflegt immer genau das zu schätzen, was er gerade nicht hat«, kommentierte Lars Gunnarsson. »Eine merkwürdige, aber von den Experten seit Langem erkannte Tatsache. Wirst du etwas unternehmen, um Abhilfe zu schaffen, Taff?«
Sie lagen im weißen Sand, die Strahlen der Sonne Mosaf hatten allen eine gesunde, gleichmäßige Bräune verliehen. Der Kommandant wälzte sich träge auf den Rücken und entgegnete, ohne die Augen zu öffnen: »Ich werde, Alter. Lavazza hat mir vorhin eröffnet, dass eine Begleitung bei seinen und Valentinas Abstechern ins alte Dorf überflüssig sei, und auch Janine will ihre Interviews zukünftig allein durchführen. Das bedeutet, dass wir, zumindest vorerst, nur lästige Anhängsel am Karren der Wissenschaft sind. Ich werde also heute Abend mit Welgun reden und ihm einige weitere Geschenke zusagen. Als Gegenleistung soll er es uns ermöglichen, seine Fischerflotte auf ihren Fahrten zu begleiten.«
»Nicht schlecht, Taff«, sagte Orvid Bashkiri von der anderen Seite her. »Im hiesigen Meer gibt es wahre Prachtexemplare von Fischen, nur leider nicht hier an der Küste. Wir haben Tauchgeräte an Bord, Harpunen und Angeln, so dass wir uns voll dem edlen Sport hingeben können.«
Er erntete allgemeine Zustimmung, und am Abend sprach Taff mit dem Dorfhüter. Welgun stimmte sofort zu, erklärte aber, dass ein Mitfahren an Bord der regulären Fischerboote nicht angebracht sei.
»Sie bieten zu wenig Platz, ihr würdet unsere Männer beim Auswerfen und Einholen der Netze stören, Mensch Taff. Seid ihr damit zufrieden, die Flotte auf zwei anderen Booten begleiten zu können? Einige junge Männer werden euch rudern, ihr könnt dann alles tun, was euch gefällt.«
Caine stimmte zu. Am nächsten Morgen stand die Crew früh auf und begab sich zu den Booten. Nur Lars blieb freiwillig zurück, um in der PROKYON Wache zu halten. Das Flottenreglement schrieb vor, dass immer jemand da sein musste, um Funkverbindung mit Besatzungsmitgliedern halten zu können, die sich weit vom Schiff entfernten. Taff hatte es damit nie sehr genau genommen, inzwischen jedoch aus den Vorkommnissen auf Dusty im System der Sonne Alschain seine Lehren gezogen.
Er fuhr mit Mitani in einem Boot, Dorit, Orvid und Luca benutzten das zweite. Sie wurden von jeweils vier Jungen an der Schwelle des Mannesalters gerudert, die sich bemühten, den älteren Fischern in nichts nachzustehen. Die kleine Flotte stieß zwischen den Korallenriffen und der vorgelagerten Inselkette hindurch und bog dann nach Osten ab, bis das vorgesehene Fanggebiet erreicht war.
Die Fischer warfen ihre Netze aus, die Menschen tauchten in einiger Entfernung in das klare, nicht allzu tiefe Wasser. Zwei Stunden später hatten sie bereits reiche Beute gemacht. Farbenprächtige Warmwasserfische aller Größen, hummerähnliche Krebstiere und einige Oktopoden häuften sich zwischen den hölzernen Sitzbänken.
Die Fischer fuhren nach ihrem ersten Fang noch weiter hinaus, aber Taff wies die jungen Männer an, zum Dorf zurückzurudern. Er beabsichtigte, während des restlichen Tages die schönsten Beuteexemplare zu präparieren. Später, auf Orion-Island, sollten sie als Erinnerung an Thorga dienen.
Als die Crew dann entspannt und gutgelaunt in die Siedlung zurückkehrte, waren die drei Wissenschaftler verschwunden!
Im ersten Moment fiel das gar nicht auf. Mittag war inzwischen längst vorbei, man vermutete die Experten wieder an Bord der PROKYON, wie an den Nachmittagen zuvor. Die Fangbeute wurde mittels der Antigravplattform ins Schiff gebracht, aber darin fand man nur den Bordingenieur vor.
»Wo steckt denn das Brain-Team?«, erkundigte sich Taff, noch immer arglos. Lars hob die Schultern.
»Ich habe nicht die Spur einer Ahnung. Irgendwo da draußen, wie ich annehme, ich habe die drei seit dem Morgen nicht mehr gesehen. Mir war eingefallen, dass ich noch die Feldspulen der Hypergeneratoren nachjustieren wollte, damit wir für den Rückflug gerüstet sind. Ich war deshalb bis vor Kurzem im Maschinendeck und bin eben erst wieder nach oben gekommen, weil ich Hunger hatte.«
»Den habe ich jetzt auch«, sagte Luca. »Mach dir nur keine Sorgen, Taff, Lavazza und die beiden Tanten sind alt genug, um selbst auf sich aufzupassen. Außerdem wollten sie allein sein, lass ihnen also ihren Willen. Für den Fall, dass sie uns doch brauchen sollten, haben sie ja die Armbandfunkgeräte.«
Damit war dieses Thema vorerst erledigt. Die Crew nahm ein Essen ein, das wieder einmal aus den gewohnten Gerichten bestand. Dann ließ es dem Commander jedoch keine Ruhe mehr, er aktivierte den Normalfunk und rief die Wissenschaftler an. Als sie sich nach einigen Minuten noch immer nicht gemeldet hatten, dämmerte ihm, dass etwas nicht in Ordnung war.
»Schalte die Außenbeobachtung ein, Orvid«, bestimmte er besorgt.
Das Dorf lag ruhig im hellen Sonnenlicht, nur wenige Letho-Dimonds waren im Freien. Von Janine Latep war nichts zu sehen, und auch in der verfallenen Siedlung zeigte sich keine Bewegung. Taff kniff die Lippen zusammen, denn sein untrüglicher Sinn für Gefahren hatte angesprochen, obwohl es bisher keine konkreten Anhaltspunkte dafür gab.
»Bring die Fische einstweilen in einen Kühlraum«, wies er den Kybernetiker an. »Wir verlassen das Schiff wieder und begeben uns ins Dorf, um uns dort umzuhören. Vielleicht mache ich mir unnütze Sorgen, aber besser das, als dass ich mir später Vorwürfe machen müsste.«
Dorit Grenelle hatte inzwischen nochmals über Funk gerufen, aber ebenfalls keine Antwort erhalten. »Ich fürchte auch, dass da etwas nicht stimmt, Taff«, erklärte sie. »Allerdings kann ich mir nicht denken, was und warum. Die Eingeborenen waren doch bisher friedlich und zuvorkommend, ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sie sich an dem Team vergriffen haben sollten.«
Caine nickte. »Ich eigentlich auch nicht, Dorit-Mädchen, aber bekanntlich ändert sich nichts schneller als die Lage. Orvid, bleibe weiter im Schiff und beobachte die Umgebung aufmerksam. Sobald sich etwas Verdächtiges tut, verständigst du uns, sollte uns jemand angreifen, schalte ihn mit den Lähmstrahlern aus.«
»Worauf du dich verlassen kannst«, versicherte der Astrogator.
*
Die fünf Menschen verließen den Zentrallift, sicherten ihn und gingen dann auf das Dorf zu. Sie bewegten sich absichtlich nicht schneller als sonst, dafür aber bedeutend vorsichtiger. Die Gasdrucknadler steckten griffbereit in den geöffneten Futteralen, Taff hatte zusätzlich noch einen kleinen Handstrahler in das Oberteil seiner Kombination geschoben.
Zuerst stießen sie auf eine junge Frau, die dabei war, in einem Holzzuber Wäsche zu waschen. Sie ignorierte die fremden Gäste, aber Caine blieb neben ihr stehen und sprach sie an.
»Ich weiß nicht, wo die anderen Fremden sind, Mensch Taff«, erklärte sie auf seine Frage hin. »Sie waren am Morgen hier im Dorf, sind dann aber fortgegangen.«
»Wohin?«, forschte Taff, aber sie zuckte nur mit den Schultern. Ihr Gesicht war verschlossen, und Mitani stieß den Commander an.
»Lass sie, Taff«, sagte sie auf Terranisch. »Aus ihr wirst du nichts herausbekommen, sie scheint irgendwie eingeschüchtert zu sein. Es dürfte am besten sein, wenn wir uns direkt zum Dorfhüter begeben, um ihn zu fragen. Wenn sich hier in der Siedlung etwas Unvorhergesehenes ereignet haben sollte, muss er davon wissen.«
»Die Frage ist nur, ob er damit herausrücken wird«, knurrte Caine skeptisch. »Okay, gehen wir zuerst zu ihm. Notfalls müssen wir eben mit dem nötigen Nachdruck fragen, es geht hier schließlich möglicherweise um das Leben des Brain-Teams.«
Welgun war jedoch nicht in seinem Haus, die Crew traf dort nur seine halbwüchsige Tochter an. Diese wirkte unbefangen und antwortete bereitwillig, als Dorit Grenelle sie ansprach.
»Mein Vater, der Hüter des Dorfes, ist heute morgen mit anderen Männern fortgegangen, Frau Dorit. Sie wollten in einen anderen Ort, um Fische dorthin zu bringen und gegen andere Waren zu tauschen. Wann sie zurückkehren werden, weiß ich nicht. Vielleicht am späten Abend, vielleicht erst morgen.«
»Sie spricht die Wahrheit, Taff«, sagte die Funkerin überzeugt. »Ich kenne sie, denn ich war dabei, als Janine sie befragte. Du doch auch, Mitani – was hältst du von ihren Worten?«
»Ich bin derselben Ansicht«, bekräftigte das Mädchen, und sie verließen das Haus wieder. Taff lachte humorlos auf.
»Das ist es, was ich so sehr liebe, werte Freunde: Wer etwas weiß, sagt nichts, und wer etwas sagt, weiß von nichts! Lassen wir also die Fragerei, sie wird uns doch nicht weiterbringen. Wir kontrollieren jetzt sämtliche Häuser, nach außen hin ruhig und freundlich, dafür aber sehr genau. Beginnen wir zunächst beim Quartier der Wissenschaftler.«
Das Gebäude war leer, von Lavazza und den beiden Frauen gab es keine Spur. Alles war aufgeräumt, die persönlichen Sachen der drei Vermissten befanden sich an den üblichen Plätzen. Auf den Tischen standen Schalen mit frischen Früchten, offenbar unberührt.
»Weiter!«, drängte Caine ungeduldig und besorgt.
Eine halbe Stunde später hatten sie das gesamte Dorf durchkämmt. In den Häusern befanden sich fast nur Frauen und Kinder, auf alle Fragen gab es nur unbestimmte und ausweichende Antworten. Die Tatsache, dass etwas nicht stimmte, lag sozusagen greifbar in der Luft. Niemand hinderte die Crew jedoch daran, sich in den Räumen umzusehen – ergebnislos.
»Unser Haus können wir wohl auslassen«, sagte Taff schließlich mürrisch. »Jetzt bleibt nur noch die alte Siedlung als letzte Hoffnung für uns. Machen wir uns also auf den Weg.«
Unterwegs aktivierte er sein Armbandfunkgerät und rief nach den Vermissten. Sie gaben jedoch kein Lebenszeichen. Nur Orvid Bashkiri meldete sich und teilte mit, dass er nichts bemerkt hatte, das irgendwie verdächtig war.
Sie beeilten sich, so sehr sie konnten, und hatten das verfallene Dorf nach einer Viertelstunde erreicht. Dort teilten sie sich in zwei Gruppen und gingen systematisch vor. Keines der baufälligen Häuser blieb unbeachtet, aber auch hier gab es keine Spuren.
»Die drei können sich doch nicht in Luft aufgelöst haben«, sagte Lars Gunnarsson resigniert. »Ich verstehe das alles einfach nicht, Taff. Valentina und Janine wussten doch ebenso gut mit den Funkgeräten umzugehen wie Carlo. Im Gefahrenfall hätte es doch mindestens einem von ihnen gelingen müssen, wenigstens eine kurze Nachricht abzusetzen, die dann von den automatischen Geräten im Schiff aufgezeichnet worden wäre.«
»Ich verstehe die andere Hälfte«, knurrte Caine gereizt. »Sie melden sich jedenfalls nicht, und das lässt zwangsläufig nur noch einen Schluss zu: Sie sind nicht mehr am Leben! Man muss sie schlagartig angefallen und umgebracht haben, so dass sie nicht mehr reagieren konnten. Warum, mögen allein die Götter von Thorga wissen, und die werden wohl kaum ...«
»Still, Taff!«, sagte Mitani und griff nach seinem Arm. »Dort hinten zwischen den Büschen hat sich eben eine Gestalt bewegt – ich glaube, man beobachtet uns.«
»Hoffentlich!«, sagte Taff grimmig. »Dann gibt es wenigstens einen greifbaren Feind, an den wir uns halten können. Geht langsam weiter und lasst euch nichts anmerken. Du, Luca, entfernst dich unauffällig von uns und schlägst einen Bogen, so dass du von hinten an diese Stelle kommst. Falls es mehrere Eingeborene sind, mache nicht viele Umstände und decke sie mit Lähmnadeln ein. Nur einen hätte ich gern bei vollem Bewusstsein, damit wir ihn ausquetschen können.«
»Dein Wunsch ist mir Befehl«, grinste der Kybernetiker. »Montezumas Rache wird alle ereilen, die mir vor den Nadler kommen.«
Die Gruppe setzte sich in Bewegung und gab sich den Anschein, eine Reihe von Gebäuden nochmals zu durchsuchen. Luca Ladora drückte sich um die nächste Ecke und verschwand geräuschlos. Zwanzig Sekunden später klang ein heller Schmerzensschrei auf, dem ein triumphierender Ausruf folgte.
»Ich habe den Knaben erwischt, Taff!«
Der Commander lief zurück. Als er jedoch den Gefangenen sah, den Luca gemacht hatte, schüttelte er enttäuscht den Kopf.
»Wen bringst du uns denn da an, Computerverschalter? Das ist ja wirklich nur ein Knabe!«
»Habe ich etwas anderes behauptet?«, fragte Ladora bissig. »Ich musste ihn nehmen, eine andere Auswahl gab es nicht. Er war allein auf weiter Flur, niemand sonst ist uns gefolgt.«
»Fass ihn nicht so hart an, du Grobian«, schimpfte Dorit Grenelle gleich darauf empört. »Das ist doch nur Kaiakan, ein netter und vollkommen harmloser Junge. Er scheint einen Narren an mir gefressen zu haben, denn seit vorgestern folgt er mir bei jeder Gelegenheit.«
Der Kybernetiker lockerte seinen Griff und lachte belustigt auf. »Unser Dorit-Mädchen hat einen neuen Verehrer – hört, hört! Mir scheint, deine Ansprüche scheinen sich im Lauf der Jahre zu vermindern, teure Freundin. Früher einmal war es ›Apoll‹ Braun-Springer, der dir Heiratsanträge machte, und jetzt ...«
»Lass den Unsinn, Luca«, wies ihn Taff scharf zurecht. »Jetzt ist wirklich nicht die Zeit für geschmacklose Scherze. Wir haben einen großen Fehler gemacht, indem wir die Wissenschaftler sich selbst überließen. Nun müssen wir versuchen, ihn wieder auszubügeln, falls es nicht schon zu spät dazu ist. Vielleicht können wir von Kaiakan jene Auskünfte bekommen, die uns die anderen beharrlich verweigern.«
Der Junge stand eingeschüchtert da und sah mit großen Augen von einem zum anderen. Er war etwa vierzehn Jahre alt, hoch aufgeschossen und schmächtig, seine einzige Bekleidung bestand aus einem Lendenschurz. Von der Unterhaltung hatte er nichts verstanden, denn sie war in Terranisch geführt worden.
»Lass ihn los, Luca«, sagte Dorit Grenelle und wechselte in die Sprache der Eingeborenen über. »Komm her zu mir, Kaiakan, wir wollen dir nichts Böses. Wir sind nur in Sorge um unsere Freunde, die wir nirgends finden können. Im Dorf wollte uns niemand sagen, wo sie jetzt sind. Weißt du es?«
Das Gesicht hatte sich bei ihren freundlichen Worten etwas aufgehellt. Nun flog erneut ein Schatten darüber hin, er trat unsicher von einem Fuß auf den anderen. Er wusste etwas, das war unschwer zu erkennen, aber er hatte auch Angst. Wahrscheinlich war allen Letho-Dimonds verboten worden, über die Dinge zu reden, die mit dem Verschwinden des Brain-Teams zusammenhingen.
»Pass auf, Kaiakan«, schaltete sich nun Taff ein. »Wir sind hier allein, niemand von deinen Leuten kann uns hören, und von uns werden sie bestimmt nichts erfahren. Wir wollen nur wissen, ob unsere Freunde noch leben, und wo wir sie suchen müssen, mehr nicht.«
Der Junge kämpfte eine Weile mit sich, gab sich dann aber einen Ruck. »Sie leben, Mensch Taff«, sagte er leise. »Sie sind mit jenen gefahren, die am halben Vormittag aufgebrochen sind, um die Insel der Großen Mutter aufzusuchen.«
»Sehr gut, junger Freund«, sagte Taff. »Doch warum sollte uns das verheimlicht werden? Was hat es mit dieser Insel auf sich?«
»Ich weiß nicht viel davon, Mensch Taff, zu uns Jungen wird nicht darüber gesprochen. Die Insel liegt irgendwo im Norden, dort wohnt niemand von uns. An bestimmten Tagen des Jahres fahren jedoch Männer dorthin, das ist ein alter Brauch. Sie landen nicht auf der Insel, sondern werfen nur Blumengebinde ins Meer, die von der Strömung zu ihr hingetrieben werden. Heute ist einer dieser Tage, aber Welgun wollte nicht, dass ihr davon erfahrt, weil ihr Fremde seid.«
Mehr wusste er nicht, weitere Fragen waren vergeblich. »Es ist gut, Kaiakan«, sagte Dorit schließlich. »Du hast uns sehr geholfen, wir wissen jetzt wenigstens, dass den anderen nichts geschehen ist. Lauf jetzt zurück ins Dorf, wir kommen später nach. Du sollst auch eine Belohnung bekommen, weil du uns mit deiner Auskunft geholfen hast.«
»Ich will keine Belohnung«, stieß der Junge hervor. »Das alles habe ich nur gesagt, weil ich euch Menschen mag!« Er wandte sich um, rannte los und war bald zwischen den Büschen verschwunden.
*
»Die PROKYON-Crew hat einen neuen Fan«, stellte Lars schmunzelnd fest. »Gut, jetzt wissen wir wenigstens, woran wir sind. Irgendwann, heute Abend oder spätestens morgen, werden die Boote mit dem Brain-Team zurückkehren, unsere ganze Aufregung war umsonst.«
Caine schüttelte jedoch nachdenklich den Kopf.
»Du vereinfachst die Dinge etwas zu sehr, Freund. Es gibt da mehrere Ungereimtheiten, die mich nach wie vor bedenklich stimmen. Dass die Letho-Dimonds nicht wollen, dass wir ihre Riten stören – und diese Fahrten zur Insel der Großen Mutter müssen rituellen Charakter haben – kann ich zur Not noch verstehen. Uns gegenüber haben sie eisern geschwiegen, Lavazza und die beiden Frauen haben sie aber sogar auf diese Fahrt mitgenommen! Wie reimt sich das zusammen?«
Mitani nickte. »Überhaupt nicht, damit hast du Recht. Ich vermute, dass sich einer der Eingeborenen beim Interview von Janine verplappert hat. Sie war natürlich erregt darüber, etwas Neues herausgefunden zu haben, und hat Valentina und Carlo verständigt. Dann haben die drei die Letho-Dimonds wahrscheinlich so lange bekniet, bis sie sich bereit fanden, sie mit auf die Fahrt zu nehmen.«
»Analyse wahrscheinlich positiv«, sagte Taff. »Jetzt kommt jedoch der springende Punkt: Uns wollte man die ganze Sache aber um jeden Preis verheimlichen – ihr dürft dreimal raten, weshalb!«
»Verdammt!«, sagte Luca heiser, und sein Gesicht verfärbte sich. »Das Ganze stinkt tatsächlich sieben Lichtjahre gegen den Wind. Meine Meinung ist die: Die Letho-Dimonds beabsichtigen auf keinen Fall, das Brain-Team wieder hierher zurückzubringen! Sie setzen sie irgendwo auf der Insel aus, und wenn sie sich permanent dumm stellen, bekommen wir nie heraus, wo die drei geblieben sind ... So haben sie es sich vermutlich gedacht; dass Kaiakan plaudern könnte, hat wohl keiner geglaubt.«
»Ganz meine Meinung«, erklärte der Commander. »Es gibt da draußen eine Unmenge von Inseln, und mit den Armbandgeräten ist die PROKYON von dort aus nicht zu erreichen. Immer vorausgesetzt, dass man das Team am Leben lässt, was keineswegs hundertprozentig sicher ist. Auf, schnell zurück zum Schiff! Wir müssen umgehend starten, ehe es vielleicht zu spät ist.«
Sie hasteten zum Dorf zurück, aber schon auf halber Strecke erreichte sie ein Anruf des Astrogators.
»Hier stimmt etwas nicht mehr, Taff! Die Fischerboote sind vorzeitig zurückgekehrt, aber niemand hat Anstalten gemacht, den Fang zu entladen. Alle Letho-Dimonds, groß und klein, verlassen die Siedlung und kommen auf das Schiff zu. Was soll ich tun?«
»Vorerst nichts«, entschied Caine. »Wir sind bereits auf dem Rückweg und werden in wenigen Minuten da sein.«
Den Rest des Weges legten sie im Laufschritt zurück. Schon von Weitem konnten sie die Eingeborenen sehen. Sie umgaben die PROKYON X in einem weiten Kreis, wie eine lebende Mauer. Taff sah sich nach Welgun um, konnte ihn jedoch nirgends entdecken. Vermutlich war der Dorfhüter mit auf die Fahrt zur »Insel der Großen Mutter« gegangen, die angebliche Reise in ein anderes Dorf war nichts weiter als Täuschung gewesen.
Niemand stellte sich jedoch der Crew in den Weg. Die Letho-Dimonds wichen nach den Seiten zurück, als sie sie kommen sahen, und ließen sie unbehelligt passieren. Ein drückendes Schweigen lag über der Szene, selbst die Kinder gaben keinen Laut von sich. Taff verzichtete darauf, Fragen zu stellen, auf die er mit Sicherheit keine Antwort bekommen hätte. Er löste die Sperre des Zentrallifts, der gleich darauf mit ihnen nach oben schoss.
»Sofort in den Maschinenraum, Lars«, ordnete er an. »Wir starten umgehend, gehen auf Nordkurs und beginnen mit der Suche. Die Ruderboote sind langsam, und wenn wir ...«
»Daraus wird nichts, Taff!«, unterbrach ihn Orvid Bashkiri. »Die Eingeborenen haben ihren Ring derart verengt, dass wir nicht starten können, ohne sie umzubringen. Wir können nicht einmal die Lähmstrahlen einsetzen, denn sie befinden sich im toten Winkel.«
Die Bildschirme bestätigten seine Hiobsbotschaft. Caine sagte ein wenig feines Wort, aber das änderte nichts an der Lage. Die Crew beriet sich, fand jedoch keinen Ausweg aus ihr. Selbst der vorsichtigste Start mit den Hilfsdüsen hätte das Leben aller Eingeborenen gekostet.
»Wir sind keine Mörder«, sagte Taff. »Ein Weg bleibt uns aber noch, nämlich der, mit einem Spear auszufliegen. Luca, schnell in den Hangar, bereite eines der Boote zum Start vor. Im Notfall können wir auch damit das Brain-Team retten.«
Er zuckte zusammen, denn im gleichen Augenblick wurden auf der Außenhülle des Schiffes polternde Geräusche laut. Hastig sah er auf die Bildschirme, und dann erstarrte er.
Die Letho-Dimonds erwiesen sich als äußerst einfallsreich. Sie schleuderten Seile über das Schiff, an denen Steine, Holzstücke und andere Dinge befestigt waren. Ein Teil davon glitt ab und fiel zurück, aber etwa die Hälfte verfing sich in den Antennen und anderen Vorsprüngen des Schiffskörpers. Schon Sekunden später klommen Dutzende von Männern an den Seilen empor. Sie krallten sich mit Händen und Füßen in allen Unebenheiten auf der Hülle fest und blockierten mit ihren Körpern auch das Startluk für die Spears.
Caine aktivierte die Bordsprechanlage. »Kommando zurück, Luca«, sagte er mit matter Stimme. »Lavazza hat dem Dorfhüter einen beachtlichen Intelligenzquotienten bescheinigt, aber die anderen scheinen auch nicht viel dümmer zu sein. Sie spekulieren ganz offen darauf, dass wir ihr Leben schonen werden, und damit haben sie verdammt Recht.«
Mitani nickte resigniert. »Wir sind gekommen, um ihre Verhaltensweisen zu studieren, aber sie haben den Spieß umgedreht. Vielleicht haben sie auch ihre schwarzen Spiegel befragt und sich bei ihnen Rat geholt. Wie wäre es, wenn du dasselbe versuchen würdest?«
Taff befolgte ihren Rat, aber ohne Ergebnis, die schwarze Spiegelfläche reagierte nicht. »Wenn schon etwas schiefgeht, dann aber gründlich«, seufzte er. »Und das ausgerechnet uns, der glorreichen PROKYON-Crew! Ich werde später meinen Bericht an das Regierende Triumvirat erheblich frisieren müssen, wenn unser Image erhalten bleiben soll. Irgendwie muss es uns aber gelingen – ja, da sind ja noch die Reparaturluks! Eines von ihnen wird bestimmt frei sein, und das genügt, um eine kleine Antigravplatte auszuschleusen, auf der wir gerade Platz haben! Allerdings werden wir damit warten müssen, bis es dunkel ist, sonst machen uns die Eingeborenen auch noch einen Strich durch diese Rechnung.«