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Kapitel 4

Sobald Melinda und Jeff fort waren, verriegelte Serena die Tür und überprüfte drei Mal, ob das Schloss auch richtig eingerastet war. Anschließend setzte sie sich mit dem Drehbuch für die kommende Woche aufs Sofa und überflog einige Szenen. Zwischendurch erhob sie sich des Öfteren und machte einen Rundgang durchs Haus – ohne recht zu wissen warum. War sie etwa doch um ihre eigene Sicherheit besorgt?

Serena seufzte. Sie war mehr als angespannt, so viel stand fest. Kopfschüttelnd ging sie zum Kühlschrank, goss sich ein Glas Chablis ein und spazierte dann zu der großen Fensterfront, durch die man auf die Terrasse hinausblickte. Vor Serenas innerem Auge schwirrten die Bilder des Tages vorüber. Jane, der Unfall, die Befragung durch die Polizei ... und dann Melinda. Ihre Schwester hatte sich äußerst merkwürdig benommen, oder lag das nur an diesem furchtbaren Ereignis?

Serena fröstelte und wandte sich von der Fensterfront ab. Sie liebte die Terrasse, den Swimmingpool und den Garten, der von einem hohen Zaun umschlossen wurde, doch plötzlich fühlte sie sich beobachtet. Ihr kam es vor, als ob sie in ihrem hell erleuchteten Wohnzimmer wie auf einem Präsentierteller säße. Mit pochendem Herzen zog sie die Vorhänge vor die Fenster. Hatte sie etwa Angst? Das war doch albern! Schließlich war das Haus durch eine Alarmanlage geschützt.

Sie erinnerte sich wehmütig lächelnd daran, wie Melinda Jeff in die Arme gefallen war. Die beiden stützten sich in schweren Zeiten wie diesen gegenseitig. Da konnte man regelrecht neidisch werden. Wenn doch nur ...

Nein! Denk nicht an ihn. Er ist ein Mistkerl ...

Serena spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht schoss, und sie konnte ihre Gedanken nicht davon abhalten, zu Liam zu wandern. Wie geborgen sie sich in seinen Armen gefühlt hatte ...

Du solltest wütend auf ihn sein! Du hast das Recht, ihm die Pest an den Hals zu wünschen!, sagte eine Stimme in ihrem Kopf. Doch stattdessen erinnerte sich Serena an ihre erste Verabredung mit Liam. Er hatte sie nach Hause gefahren und war noch mit hineingekommen. Gemeinsam durchsuchten sie damals alle Zimmer ihres Hauses nach unliebsamen Besuchern – die Hitchcock-Morde hatten sie in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Dann blieb Liam plötzlich dicht hinter ihr stehen. Eh sie sich’s versah, fuhren seine Fingerspitzen über ihre Haut und setzten jeden Zentimeter, den sie berührten, in Brand. Seine Lippen näherten sich ihren, und dann fragte er sie mit heiserer Stimme, ob das in Ordnung sei, und sie antwortete: »Mein Gott, ja!« Sein muskulöser Körper drängte sich daraufhin gegen ihren, und sie spürte die Härte seiner Erektion, die sich gegen ihren Schoß presste. In Ordnung? So ein Unsinn, sie war dabei, den Verstand zu verlieren!

Zu diesem Zeitpunkt hatte sie fast noch gar nichts über Liam gewusst, nichts über seine Familie, seine Hobbys oder darüber, wie er seinen Kaffee trank. Niemals zuvor hatte sie sich dermaßen schnell auf einen Mann eingelassen. Normalerweise ging sie erst mit jemandem ins Bett, wenn sie sicher war, dass daraus eine Beziehung werden konnte. Liam ahnte das jedoch nicht – hätte es auch nicht geglaubt, wenn sie es ihm erzählt hätte. Die Boulevardpresse trumpfte beinahe jede Woche mit einer neuen Liebschaft von Serena McCormack auf und dichtete ihr heiße Affären mit Männern an, denen sie in Wahrheit nur die Hand geschüttelt hatte.

Liam war der beste Liebhaber, den du je hattest!, flüsterte die unerwünschte kleine Stimme Serena nun zu.

Es hatte in ihrem Leben allerdings nur sehr wenige Männer zum Vergleich gegeben. Andy zählte nicht. Im Grunde hatte er die meiste Zeit über immer nur Liebe mit sich selbst gemacht.

»Ich brauch mehr Wein«, murmelte Serena und ging zurück in die Küche. »Viel mehr Wein.«

Nach einem weiteren Glas erklärte sie dem Kühlschrank: »Liam ist ein Arschloch!« Zugegeben: Ein ziemlich gut aussehendes Arschloch, mit feurigen dunklen Augen und dunklem Haar, stahlharten Muskeln und einer gewissen verwegenen Ausstrahlung, die Serena vom ersten Moment an fasziniert hatte. Liam war aber auch jemand, der immer das letzte Wort haben musste, manchmal schrecklich überheblich sein konnte und ihr oft den letzten Nerv geraubt hatte.

Außerdem hatte er sie sitzen lassen.

Und das allein wegen ihres voll gestopften Terminplans – das hatte er zumindest angedeutet. Er selbst wurde zwar auch ständig angefordert – oftmals sogar mitten in der Nacht –, doch das war laut Liam etwas ganz anderes. Polizist zu sein bedeutete, sich für das Gute einzusetzen, Menschenleben zu retten und für Ordnung zu sorgen. Serena hingegen war bloß Schauspielerin. Ihr Beruf war verglichen mit seinem ein Witz.

Serena prostete dem Kühlschrank zu. »Liam kann mich mal! Und falls er es jemals wagen sollte, mir wieder unter die Augen zu treten, sage ich ihm das gern auch persönlich.«

Serena wäre an diesem Abend jedoch froh gewesen, Liam bei sich zu wissen. Eigentlich hatte sie noch nie ein Problem damit gehabt, in ihrem großen Haus allein zu sein, schließlich gab es in dieser Gegend nur sehr wenige Verbrechen. Doch plötzlich konnte Serena hören, wie die Zweige der Bäume an der Hauswand entlang kratzten, wie der Wind durch die Blätter pfiff und ein offener Mülltonnendeckel vor sich hin klapperte. Waren da nicht Schritte, die sich dem Haus näherten?

»Blödsinn!«, rief Serena, stellte den Fernseher an und drehte die Lautstärke hoch. Das half ein wenig gegen ihre Paranoia. Sie musste einen klaren Kopf bewahren. Im Grunde war es für Einbrecher unmöglich, ins Haus zu gelangen, die Türen und Fenster waren ja allesamt alarmgesichert. Doch weder rationale Überlegungen noch ein drittes Glas Wein hielten Serena davon ab, schon bald wieder ans Fenster zu schleichen und zwischen den Vorhängen hindurch auf die Straße zu lugen. Dort war nichts zu erkennen. Lediglich ein einzelnes Auto, das langsam vorüber fuhr. Ein Streifenwagen.

Siehst du? Entspann dich endlich! Das hier ist eine absolut ungefährliche Gegend, beruhigte sich Serena selbst.

Trotzdem plagten sie in dieser Nacht schreckliche Albträume. Jane Dunnes leblose Augen verfolgten sie. Sie hörte Janes Stimme, die ihr zuwisperte: »Es hätte dich erwischen sollen!« Janes Augen durchbohrten sie unerbittlich, dann wurden sie starr. Eine rote Rose entglitt ihrer Hand.

Auf dem Rückweg zu ihrem Haus, das nicht weiter als einen Kilometer von Serenas Heim entfernt lag, war Melinda sehr still. Jeff, der neben ihr saß und den Volvo steuerte, hielt seinen Blick während der Fahrt starr auf die Straße gerichtet und verlor kein Wort über die Vorkommnisse.

Als sie ihr denkmalgeschütztes Farmhaus erreichten, in dem sie schon seit über zwanzig Jahren lebten und in dem sie ihre beiden Söhne großgezogen hatten, traten sie schweigend durch die schwere Eichenholztür und blieben unentschlossen in der Eingangshalle stehen. Melinda bot an, das Abendessen zu kochen, doch sie hatten beide keinen Hunger. Jeff wollte duschen gehen, und Melinda nahm ein heißes Bad. Erst spät in dieser Nacht, nachdem sie lange schweigend nebeneinander im Ehebett gelegen hatten, brachte Melinda das Gespräch wieder auf Jane Dunne.

»Also ehrlich, Jeff, ich verstehe das Ganze immer noch nicht. Die Polizei hat dich auf die Wache bestellt?«, hakte sie nach.

»Mhm. Die haben mich am Nachmittag auf dem Handy angerufen und gesagt, ich solle sofort vorbeikommen.«

»Aber warum?«

»Ich denke, weil ich auf dem Set war, bevor der Unfall passierte«, erklärte Jeff in beiläufigem Tonfall. »Sie wollten wissen, ob ich irgendwas Verdächtiges bemerkt habe und ob ich in der Nähe des Scheinwerfers oder in der Garderobe von Jane war.«

»Und?«, fragte Melinda behutsam.

Jeff sah seine Frau im Halbdunkel des Schlafzimmers ärgerlich an. »Und was?«

»Warst du in Janes Garderobe?«

»Nein! Ich war die ganze Zeit über mit den Storylinern und den Produzenten zusammen. Ich bin nicht einmal in der Nähe des Umkleideraums oder der Restaurantkulisse gewesen!«

»Ist dir denn gar nichts Ungewöhnliches aufgefallen?«

»Nein, überhaupt nichts. Ich war wirklich nicht in Janes Umkleide!«

»Ist ja gut. Ich glaube dir. Aber wieso hast du mich bei Serena abgeholt?«

»Als ich nach Hause kam, warst du nicht hier. Ich nahm an, dass du von dem Vorfall gehört hattest – und dich deswegen verrückt machst. Da wollte ich nach dir sehen.«

Melinda schwieg.

»Verdammt noch mal, ich liebe dich, Melinda!«, stieß Jeff ungehalten hervor.

»Ja, natürlich. Ich dich auch«, erwiderte sie emotionslos und stierte an die Decke.

Jeff streckte die Hand nach ihr aus, doch Melinda schob sie fort, drehte sich auf die Seite und wandte ihm damit den Rücken zu.

»Melinda ...«

»Ich bin müde, Jeff. Furchtbar müde.«

Sie hörte, wie sich Jeff ebenfalls umdrehte. Lange Zeit lagen sie so da, und schließlich schlief Jeff ein. Melinda hingegen fand keinen Schlaf. Stunde um Stunde blickte sie vor sich hin und fragte sich, wie es nur so weit hatte kommen können.

Als Liam auf dem Revier erschien, war es schon kurz vor Mitternacht. Kaum dass er eingetreten war, wurde er überschwänglich von einigen alten Kollegen begrüßt. George Olsen ließ ihm jedoch nicht viel Zeit zum Plaudern. Er hatte Liam kommen sehen und ging augenblicklich zu ihm hinüber. Nach einer freundschaftlichen Begrüßung und gegenseitigem Schulterklopfen führte er Liam zu seinem Büro – vorbei an einer Prostituierten, die Liam kess zuzwinkerte, und einem besoffenen Halbstarken, der eine Riesenszene machte und herumschrie, sein Daddy sei ein großes Tier und würde ihn hier schon herausholen. Um diese Uhrzeit herrschte auf der Polizeistation Hochbetrieb.

Joe Penny saß bereits auf einem Stuhl vor Olsens Schreibtisch. Er war ebenfalls gerade erst eingetroffen und wirkte erschöpft. Während Olsen die Tür schloss, schüttelte Liam die Hand des Produzenten und nickte ihm aufmunternd zu. Anschließend legte ihnen Olsen den Erkenntnisstand der bisherigen Ermittlungen dar. Sobald er geendet hatte, fragte Liam: »Als der Scheinwerfer runter fiel, haben doch ein Dutzend Leute zugesehen, oder? In dem Moment kann also niemand an dem Ding rumgeschraubt haben.«

»Richtig«, bestätigte Olsen. Das hatte ihn ebenfalls nachdenklich gemacht.

»Das deutet doch darauf hin, dass es wahrscheinlich ein Unfall war«, überlegte Liam laut.

Olsen blickte Joe Penny grübelnd an.

»Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste«, sagte Joe. »In all den Jahren, die ich nun schon in diesem Geschäft bin, habe ich es noch nie erlebt, dass ein Scheinwerfer einfach so runterkommt. Ich habe das Gefühl, an der Sache ist was faul.«

Olsen blätterte in seinen Unterlagen. »Diese zwei Lichttechniker ...«

»Emilio Garcia und Dayton Riley«, half ihm Penny auf die Sprünge.

»Genau. Beide sagen aus, dass sie sich die ganze Sache nicht erklären können und sorgfältig ihre Arbeit erledigt haben. Wie ich hörte, sind die zwei schon seit Beginn der Serie dabei und haben zusammen fünfunddreißig Jahre Erfahrung auf dem Buckel. War schon merkwürdig, wenn denen ein solcher Fauxpas unterläuft.«

Joe rieb sich die Augen. »Das denke ich eben auch. Beide hatten den Scheinwerfer erst an diesem Morgen überprüft.«

Während Joe sprach, ließ Liam ihn nicht aus den Augen. Er kannte den Produzenten von Valentine Valley inzwischen recht gut. Während der Untersuchungen der Hitchcock-Morde hatte er beinahe täglich mit ihm zu tun gehabt. Joe hatte damals zu den Verdächtigen gezählt, was Liam dazu zwang, so viel wie möglich über das Privatleben des Mannes herauszufinden. Joe war ein Frauenheld. Er war Mitte fünfzig, aschblond, ging regelmäßig ins Fitnessstudio und hatte ohne Frage schon einige Termine bei einem Schönheitschirurgen hinter sich. Hollywood war eine junge Stadt, und es war schwer für einen Mittfünfziger, mit dem Jungvolk Schritt zu halten.

»Da steckt doch noch mehr dahinter!«, bemerkte Liam und warf Olsen einen forschenden Blick zu. In all den Jahren bei der Polizei hatte er vor allem gelernt, sich auf seinen Instinkt zu verlassen. Und der sagte ihm nun, dass Olsen ihm noch längst nicht alles verraten hatte. »Rück schon raus mit der Sprache, George! Was verschweigst du mir?«

»Alte Spürnase!« Olsen grinste müde. »Serena McCormack will in der Garderobe von Jane Dunne eine Untertasse gesehen haben, die irgendjemand als Aschenbecher benutzt hat. Laut ihrer Aussage befand sich darauf außerdem ein halb verbrannter Zettel. Wir haben die Umkleide gründlich durchsucht, aber von diesem Ding gab es keine Spur. Vielleicht hat die Sache überhaupt nichts zu bedeuten ...«

»... aber Ungereimtheiten ärgern dich nun mal«, vollendete Liam den Satz.

Olsen nickte lächelnd. »Jedenfalls ist Joe entschlossen, lieber vorsichtig zu sein, und dabei hat er meine volle Unterstützung.«

»Ohne Serena McCormack kann Valentine Valley einpacken«, sagte Joe. »Jeder Zweite in diesem fernsehverrückten, Schundblatt lesenden Land liebt diese Frau!« Er schaute Liam fragend an. »Übernehmen Sie den Job, Murphy?«

»Man hat Ihnen gesagt, wie viel ich dafür verlange?«

»Allerdings, und das ist glatte Ausbeute! Dafür sollte man Sie einsperren!«

Liam zuckte die Schultern. »Entweder Sie zahlen, oder Sie suchen sich jemand anderen, der Serena den Hintern rettet.«

»Schon gut! Sie sind engagiert.«

Olsen räusperte sich. »Bill hat erwähnt, dass du und Serena mal was am Laufen hattet. Ich kenne dich, Liam. Du bist ein Profi. Deswegen frag ich dich jetzt ganz offen: Glaubst du, dass eure gemeinsame Vergangenheit dir bei der Arbeit irgendwie in die Quere kommen könnte?«

»Auf keinen Fall«, versicherte Liam. »Aber ich will nicht abstreiten, dass ich Bedenken habe. Serena möchte vielleicht gar keinen Bodyguard.«

»Das ist nicht ihre Entscheidung!«, warf Joe ein.

»Sie kann es gar nicht leiden, bevormundet zu werden.«

»Es steht einfach zu viel auf dem Spiel – weitaus mehr als die Summe Ihres Gehalts, Murphy. Serena muss sich eben fügen.«

Das wird ihr ganz und gar nicht gefallen, dachte Liam.

»Sie sind der beste Mann für diesen Job«, fuhr Joe unbeirrt fort. »Sie kennen den Set, die Crew – und alle dort kennen Sie. Man wird Ihnen auf jede Weise behilflich sein.«

»Da war noch was anderes«, sagte Liam.

»Immer raus damit.«

»Wenn es tatsächlich kein Unfall war, müssen wir davon ausgehen, dass irgendjemand vom Team dahinter steckt.«

Olsen nickte.

»Wann kann ich mir den Tatort mal genauer ansehen?«

»Von mir aus sofort«, erwiderte Olsen. »Und was Miss McCormack angeht –«

»Lass dir mal deswegen keine grauen Haare wachsen, George«, winkte Liam ab. »Ich hab die Sache im Griff.«

»Sie halten sich vorerst im Hintergrund, nicht wahr?«, fragte Joe.

Liam schüttelte den Kopf. »Kommt gar nicht infrage.«

»Aber Serena weiß doch noch von nichts!«

Liam seufzte. »In Ordnung, Joe. Sie haben das Wochenende, um Serena die Sache zu verklickern. Bis Montag werde ich unsichtbar für sie sein. Wenn Sie es ihr bis dahin aber immer noch nicht gesagt haben, übernehme ich das.«

Verhängnisvolle Begierde

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