Читать книгу Unheilvolle Schönheit - Heather Graham - Страница 6

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Prolog

Der Typ hatte genau diese Art Lächeln, bei der ihr lustvolle Schauder über den Rücken liefen.

Eleanor Metz war noch nicht allzu vielen Männern wie ihm begegnet, obwohl sie in dieser Hinsicht – und mit fast dreiunddreißig – bereits einige Erfahrung hatte. Mit einem gewissen Recht konnte sie sich sogar als Männerkennerin bezeichnen. Schließlich war sie schon mit dreien verheiratet gewesen. Es gab Männer in den vielfältigsten Spielarten, einige waren nett, andere Arschlöcher. Unglücklicherweise schien es jedoch so zu sein, dass die meisten netten entweder klein und dick oder so hager wie Bohnenstangen waren. Aber das war schon okay. Die Welt war eben bunt, nicht wahr? Jedenfalls achtete Eleanor stets darauf, zu netten Typen auch nett zu sein.

Doch wirklich gut Aussehende waren eine Seltenheit. Und da Männer im Allgemeinen ungefähr so ehrlich und zuverlässig waren wie ein Kommunalpolitiker, leuchtete es durchaus ein, dass man sich der Gesellschaft, des Körpers und der Talente eines gut aussehenden Typs erfreuen musste, solange er noch da war. Schließlich konnte man sich im Notfall noch nicht einmal auf die kleinen Dicken oder die Bohnenstangen verlassen.

Sie hatte ihn nur kurz zu Gesicht bekommen.

Am Freitagabend herrschte im South-Beach-Tanzclub immer reges Treiben. Sie erspähte ihn in der Menge, von der er jedoch schon im nächsten Augenblick wieder verschluckt wurde. Überall waren Tänzer, für die Musik war ein junger Diskjockey verantwortlich, der eine Vorliebe für Rock hatte. Im Moment beschallte die englische Gruppe Republica den Raum, der im Rhythmus der Musik zu vibrieren schien. Bei all dem Gewusel um sie herum vermochte sie einfach nicht festzustellen, in welcher Richtung der Typ verschwunden war.

Sein Gesicht war ihr irgendwie vertraut vorgekommen, so als würde sie ihn von früher her kennen. Es war zum Verrücktwerden. Wer zum Teufel war er bloß?

Interessierte sie das wirklich? Quatsch. Natürlich nicht. Sie wollte ihn einfach wiederfinden.

Selbstverständlich wäre es nett, wenn sie ihn tatsächlich schon kannte. Wenn sie eine gemeinsame Vergangenheit hätten, wenn sie dem geheimnisvollen Fremden schon einmal begegnet wäre und mit ihm über irgendeinen weit zurückliegenden Vorfall lachen könnte. Das würde das Eis brechen helfen. Falls das überhaupt nötig war. Irgendwie hatte sie bei diesem Typ das Gefühl …

Doch sie konnte ihn nirgendwo ausmachen.

Sie seufzte. Gerade hatte sie es abgelehnt, ein zweites Mal mit dem dickbäuchigen Touristen mit dem starken Akzent zu tanzen. Da er sie aber beobachtete, setzte sie sich zu ihren Freundinnen und tat so, als sei sie zu erschöpft, um weiterzutanzen. Obwohl ihr Tourist dicklich war, sich seltsam ausdrückte und sie ganz gewiss nicht die Absicht hatte, mit ihm ins Bett zu gehen, wollte sie seine Gefühle doch nicht verletzen. Er gehörte zwar zu den netten Männern, war aber in etwa so sexy wie eine Makrele.

» Mageres Angebot heute Abend«, sagte Abby Denhoff. Abby war älter als Eleanor – fast vierzig – und wirkte oft resigniert. Sie war zwei Mal verheiratet gewesen und stimmte mit ihren Freundinnen darin überein, dass alle Männer Primaten waren. Sie hielt nach einem älteren Typ Ausschau – je älter, desto besser. Ihre beiden Ehemänner hatten sie nämlich wegen jüngerer Frauen sitzen lassen. Jetzt wollte sie einen Mann, der so alt war, dass er jede Minute abkratzen konnte. Bloß Geld musste er haben, damit sie sich nach seinem Tod wenigstens einen gewissen Lebensstil erlauben konnte.

» Ja«, stimmte Eleanor ihr zu, die nicht bereit war, Abby darin einzuweihen, dass sie gerade einen hinreißenden Typ gesehen hatte, der ihr seltsam bekannt vorkam. Abby hielt zwar nach einem alten Knacker Ausschau, um ihn zu heiraten, hatte aber keineswegs was dagegen, auch mit Jüngeren anzubändeln.

Eleanor nahm ihr Cocktailglas in die Hand, spielte eine Zeit lang mit dem Strohhalm herum und trank schließlich aus. Das war schon ihr dritter Drink. Normalerweise gestattete sie sich nur zwei. Doch heute Abend war sie irgendwie nervös und ruhelos. Obwohl sie schon einen Ehemann mehr als Abby hinter sich hatte, war sie nicht annähernd so verbittert wie diese, da sie stets diejenige gewesen war, die die Männer hatte sitzen lassen, nicht umgekehrt. Sie hatte zwar ein schlechtes Gewissen gegenüber ihren Verflossenen, aber sie liebte nun mal Würze und Abwechslung im Leben und hatte immer ein Faible für gut aussehende Männer gehabt.

Der Chivas mit Soda, den sie gerade getrunken hatte, war extrem stark gewesen, da der Barkeeper versucht hatte, sie anzumachen, indem er ihr mörderische Drinks mixte. Gute Güte, glaubten denn einige dieser Orang-Utans, jede Frau über fünfundzwanzig sei im Handumdrehen zu haben? Blödmann. Zu seinem Unglück hatte er schlechte Zähne und war deshalb noch nicht mal ein Primat, dem sich zu reinen Unterhaltungszwecken was abgewinnen ließ.

» Ist dir irgendjemand Interessantes aufgefallen?«, fragte Jenna Diamond und wickelte sich eine Haarsträhne um den Finger. Sie hatte große Augen und war mit achtundzwanzig bei weitem noch nicht so zynisch wie Abby. Sie alle arbeiteten in einer Bank im Stadtzentrum von Miami. Da sie unverheiratet und Freundinnen waren, gingen sie am Freitagabend, wenn die Arbeitswoche beendet war, meist zusammen aus.

» Nein«, log Eleanor, »aber ich werd mich noch mal ein bisschen umsehen.« Sie zwinkerte den anderen zu. »Macht euch keine Sorgen um mich, falls ich nicht zurückkomme!«

» Ich werde wahrscheinlich bald nach Hause gehen«, sagte Abby gähnend. »Benehmt euch anständig, ihr zwei. So nötig haben wir’s noch nicht, um uns mit Primaten zu paaren. Bis Montag dann.«

» Bis Montag«, murmelte Eleanor und drängte sich durch die Menge, um sich auf die Suche nach dem verschwundenen Fremden zu machen, der ihr irgendwie bekannt vorkam.

Sie lief einem großen Burschen in die Arme, der irgendwie süß aussah, und tanzte mit ihm. Als jedoch sein Toupet verrutschte, verlor er rasch an Attraktivität. Sie lächelte, dachte sich eine Ausrede aus und schlüpfte davon. Da sie den hinreißenden Typ von vorhin nach wie vor nicht zu entdecken vermochte, tanzte sie einfach noch einmal, diesmal mit einem kleinen, freundlichen Latino, um anschließend erhitzt, außer Atem und entmutigt den Club durch den Hintereingang zu verlassen.

Und da war er. Er stand neben seinem Auto und grinste, als er sie sah, grinste sie so hinreißend an, dass ihr Herz zu rasen begann. Gott, war der heiß. Sie war nicht leicht zu haben und hielt eigentlich nichts von One-Night-Stands. Es war bloß schon sehr lange her, seit sie solch einen Typ auch nur zu Gesicht bekommen hatte. Meine Güte.

Sie konnte ihn bereits in sich spüren.

Okay, dann würde sie heute Abend eben leicht zu haben sein. Außerdem kannte sie ihn ja vielleicht. Da war dieses seltsame Etwas an ihm, das ihr vertraut vorkam …

» Kommst du mit?«, fragte er sie. Frech. Verdammt frech. Das konnte er sich aber auch leisten.

» Schon möglich«, erwiderte sie lächelnd und ging auf sein Auto zu. Doch als sie sich ihm näherte, bemerkte sie eine Veränderung in seinem Gesichtsausdruck. Alarmiert und verwirrt hielt sie inne, dachte angestrengt nach. Dann senkte sie den Blick …

… und sah, was auf dem Vordersitz seines Autos lag.

O Gott. Ihre Mutter hatte sie gewarnt, ihre Freundinnen hatten sie gewarnt. Sei vorsichtig. Dein Lebenswandel ist zu locker. Es mag ja vergnüglich sein, mal mit diesem, mal mit jenem anzubändeln, aber nimm dich in Acht. Manche Männer sind schlimmer als Primaten. Manche Männer sind total gestört.

Und manche sind Killer.

Als sie langsam den Blick hob, um ihn wieder anzusehen, spürte sie, wie sie von lähmender Angst befallen wurde. Er lächelte immer noch. Ihr Herz hämmerte wie wild. Sie wollte schreien, konnte aber nicht. Es war wie in einem Albtraum. Ihre Stimmbänder gehorchten ihr nicht mehr. Und sie kannte ihn, verflucht noch mal, sie kannte ihn sogar gut. Und plötzlich wurde ihr etwas klar, das ihr jahrelang entgangen war.

Die entsetzliche Wahrheit.

Sie drehte sich um und versuchte davonzulaufen. Doch schon im nächsten Moment knallte ihr der Wagenheber auf den Schädel, sodass sie nichts mehr sah und spürte.

Unheilvolle Schönheit

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