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 Liebe als Fähigkeit

Was ist Liebe?

Auf diese Frage gibt es viele Antworten.

Am profundesten ist mir folgende Sicht: Liebe ist eine Fähigkeit. Sie setzt sich zusammen aus mehreren Fähigkeiten, ist aber in ihrer Gesamtheit mehr als die Summe dieser Fähigkeiten.

Zu diesen Fähigkeiten gehört in erster Linie ein aufrichtiges Interesse an der anderen Person und in diesem Interesse ein echtes Mitgefühl. Geht es der geliebten Person gut, freue ich mich mit. Geht es nicht so gut, nehme ich Anteil und überlege, wie ich dazu beitragen kann, etwas zum Besseren zu wenden.

Freundlichkeit, Geduld und Entgegenkommen gehören selbstverständlich dazu. Manchmal muss ich die andere Person wichtiger nehmen als mich selbst, beispielsweise in Zeiten der Krankheit, oder wenn ein Kind nachts nicht schlafen kann, weil es zahnt. Dann kann sogar auch einmal die Leidensfähigkeit gefragt sein.

Auf solch liebevolle Weise begegnen wir in der Regel nicht „irgendwem“, oder zumindest selten. Je enger wir emotional mit einer Person verbunden sind, desto mehr sind wir in dieser Weise für sie da.

Rein biologisch ist die engste Verbindung zweier Menschen die Mutter-Kind-Beziehung. Damit birgt sie das größte Potential zur Entstehung der Liebesfähigkeit, um sie optimal lebenslang weiter zu entwickeln.

Dies Phänomen der Mutterliebe beschäftigt die Menschheit seit ihrer Existenz. Die Literatur ist voll davon, und wo sie pathologisch entartet, steht sie in immenser Kritik. Doch die Mutterliebe an sich ist normal, gesund und natürlich. Trennen wir unbedingt das Subjekt von den Möglichkeiten seines Mißbrauchs! Denn Liebe gibt es nie zu viel. Was als „zu viel Liebe“ bezeichnet wird, ist kranke Liebe.

Der Mißbrauch der Mutterliebe geschieht weitaus häufiger und intensiver von aussen als durch die Mutter selbst. Autokratische Familienverbände oder Gesellschaften missbrauchen die Mutterliebe für ihre ausbeuterischen und gewalttätigen Zwecke. Dazu später mehr.

Sehen wir die Liebe als Fähigkeit an, fragen wir uns, wie sie zustande kommt. Ist sie veranlagt und die einen können es von Geburt an besser, andere schlechter und wieder andere garnicht?

Nein. Es ist ähnlich wie bei der Musikalität. Heute ist erwiesen, dass jeder Mensch mit der Anlage zur Musikalität geboren wird und dass es abhängig ist vom Umfeld, in wie weit die Person Musik machen wird oder nicht. „Ich kann nicht singen“ ist eine tiefe Grundüberzeugung vieler Menschen schon im Kindesalter, doch leider stimmt das nicht. Eltern oder Lehrer haben das Singen nicht gefördert oder gar negative Bemerkungen gemacht, vielleicht auch Kameraden und Freunde. Darum wird nicht gesungen. Und da Singen Training braucht, die Person aber nicht mehr trainiert, ist es logisch, dass diese Person nicht singen kann. Obwohl eine normale Musikalität angeboren ist.

Ähnlich ist es mit der Liebesfähigkeit. So gut wie jeder Mensch wird mit der Anlage zur Liebesfähigkeit geboren. Doch es ist abhängig vom Umfeld, in wie weit die Person tatsächlich eine Liebesfähigkeit entwickelt oder nicht.

„Liebe als Fähigkeit“ - diese Sicht ist in unserer Gesellschaft nicht üblich. Liebe als Gefühl, ja, allerdings meist unsicher definiert. Das kann nicht alles sein - und nun? „Liebe gibt es nicht!“ behaupten so manche Schriftsteller und Soziologen. In verschiedenen Fachrichtungen wird Liebe am Rand thematisiert. „Liebe“ sei berechnender Egoismus, rechnen manche Soziologen auf. „Liebe“ sei „nur“ eine Mischung bestimmter Hormone und Neurotransmitter, wissen manche Biochemiker. „Liebe“ sei eigentlich der pure Egoismus, ist die Sicht mancher Psychoanalytiker. Und so weiter.

Ich sehe das anders. Für mich gibt es Liebe. All diese wissenschaftlichen Aspekte sprechen aus meiner Sicht nicht dagegen, sondern dafür.

Es ist bezeichnend für unsere so differenzierte Gesellschaft, dass „Liebe“ keinen rechten Platz in unseren Vorstellungen findet. In meinem Leben und in meinem sozialen Umfeld gibt es Liebe als Grundbedürfnis und als Fähigkeit, mit einer normalen Grundanlage und weiter erntwickelt. Liebe macht glücklich: Liebe geben - Liebe nehmen ... Liebe muss fließen wie Blut, wie Verkehr. Von Mensch zu Mensch. Das tut allen gut. Win-win für alle Seiten.

Soziale Systeme, die auf Liebesfähigkeit basieren, sind gesund und gut für alle. Im Folgenden weitere Aspekte dazu, die deutlich machen, wie wichtig eine gesunde Mutter-Kind-Beziehung für das gesamtgesellschaftliche Miteinander ist.

mensch MIT Gebärmutter - ein Puzzleteil zum Menschenbild

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