Читать книгу Eines Tages hol’ ich sie mir! - Heidemarie Pläschke - Страница 9

STINES DREI FÜNFEN IM 1. ZEUGNIS

Оглавление

In der Schule ist es nicht wirklich ein Zuckerlecken.

Mit etwas Nachhilfestunden kommt Lara jedoch über die Runden der Jahre.

Stine ist gut in Mathe; deshalb will ihr Vater, dass sie auf die Mittelschule Travemünde kommt; jedoch erst nach der 5. und nicht schon nach der 4. Klasse. Der Grund ist, dass sie sich aus Unkenntnis zu spät angemeldet hat. So absolviert sie noch die 5. Klasse in der kleinen Dorfschule in Häven. Dort gibt es zwar zwei Klassenräume für neun Schuljahre, aber nur einen Lehrer, was nicht ungewöhnlich ist. Auch ist es üblich, dass Schüler ab der 5. Klasse in die erste und zweite Klasse geschickt werden, um die jüngeren Mitschüler nach Anweisung des einzigen Lehrers und Schulleiters zu unterrichten.

Nun trifft es auch Stine, weil Lehrer Müller meint, dass in Travemünde etwas ganz Anderes in Physik gemacht werden würde. Deshalb könnte Stine in diesen Stunden »rüber«, d. h., in den kleineren Klassenraum zu den Schülern der 1. und 2. Klasse. Stine fühlt sich geehrt und hat mächtig viel Freude am Unterrichten. Schon nach der ersten Stunde steht für sie fest, dass sie einmal Lehrerin werden möchte.

Das verkündet sie auch unverzüglich zu Hause, was ihrem Vater sehr gefällt Seine Devise ist, dass ein Mensch alles verlieren könnte, aber das, was er in seinem Kopf hätte, das könnte ihm niemand wegnehmen oder verloren gehen. Nur Stines Mutter fühlt sich bereits bei dem Gedanken überfordert, da sie ihr doch nicht helfen könnte.

Stines Oma meint: »Wat sall de Deern mit de höheren School, wenn se doch mal freit und Supp koggen mütt (Was soll das Mädchen mit der höheren Schule, wenn sie doch mal heiratet und Suppe kochen muss).«

Na ja, nun ist erst einmal die Mittelschule geplant nach der 5. Klasse.

Aber Stine nutzt schon am nächsten Tag die große Pause, um mit Lehrer Müller zu sprechen, wie sie ihren Plan, Lehrerin zu werden, verwirklichen könnte.

Nach der Mittleren Reife könnte sie noch drei Jahre das Wirtschaftsgymnasium besuchen und das Abitur ablegen, was erforderlich wäre, um studieren zu dürfen. Danach müsste sie einen Studienplatz an der PH (Pädagogischen Hochschule) bekommen, um weitere drei Jahre auf Lehramt zu studieren.

Na, das wäre schon mal geklärt; und Stine freut sich immer wieder auf die Stunde, wenn sie »rüber« darf, immerhin einmal in der Woche.

Inzwischen ist sie Schülerin der 5. Klasse in der Mittelschule Travemünde und erwartet das erste Halbjahreszeugnis. Mann oh Mann, das sieht nicht so rosig aus. Einige Mitschüler hatten schon in der Grundschule etwas Englisch und waren schnell vorne an, aber Stine eben nicht und bekommt eine Fünf in Englisch, was ja nur heißt, dass es mangelhaft ist.

Das ist leider noch nicht alles. Eine Fünf gibt es auch in Sport trotz der schlanken sportlichen Figur und dass sie jeden Tag ca. 5 km mit dem Fahrrad zur Schule hin und wieder zurück radelt. Ihre Sportlehrerin meint, dass Stine »steif« wäre, was auch immer das heißen mag.

Oh weia, da hagelt es auch noch eine weitere Fünf in Musik, obwohl Stine gerne singt, aber eben nicht immer die richtigen Töne trifft. So was Blödes aber auch. Bei dem Anblick dieses Zeugnisses, scheint ihr ehrgeiziger Plan Lehrerin zu werden, sehr gefährdet. Nachhilfestunden kann Stines Vater nicht bezahlen. So bittet Stine um eine Beratung mit ihren Lehrern und erklärt ihr Ziel. Sie stößt auf offene Ohren und bekommt Hilfsangebote.

In Musik die Fünf wegzubekommen, sei unproblematisch. Stine könnte doch im Chor singen und somit jeden Dienstag eine Stunde früher in die Schule kommen. Dadurch würde sie automatisch eine Drei in Musik bekommen, denn das Theoretische hat sie immer brav gelernt.

Sport sei auch nicht die Katastrophe, wenn sie schwimmen lernen würde. Wer seinen »Freischwimmer« hat, das heißt, dass er sich 15 Minuten über Wasser halten kann, bekäme für immer eine Vier in Sport.

Nun sollt Stine in den Sommerferien, egal bei welchem Wetter, jeden Tag in die Badeanstalt Mövenstein nach Travemünde radeln und am Schwimm-Unterricht teilnehmen.

An so manchem Morgen kommt Stine schon schlotternd in der Badeanstalt an. Dann rein in den Badeanzug und raus, Gymnastik machen zum Warmwerden. Danach müssen alle ins Wasser, das mit 13 Grad nicht gerade kuschelig ist. Immer schön üben mit den Armen weit auseinander, dann unter die Brust und wieder nach vorne. Na ja, so schwer ist das eigentlich gar nicht; aber auch die Beine müssen bewegt werden. Sollte aussehen wie bei einem Frosch; ist schon etwas schwieriger … Beine anziehen bis zum Po, dann weit auseinander stoßen und wieder zusammenführen am Po. So, diese Trockengymnastik muss täglich geübt werden; danach geht es dann ins kalte Nass. Und das ist wirklich kalt mit nur 13 Grad Celsius. Arme und Beine sollen synchron bewegt werden. Nur so wäre richtiges Schwimmen möglich. Stine ist unermüdlich, fährt bei jedem Wetter in die Badeanstalt und übt bis es wie geschmiert klappt. Diese Übungen saßen so fest, dass sie noch 20 Jahre später ihren Kindern in dieser Weise das Schwimmen lehrte. Irgendwie klappt es aber nicht mit der Abnahme der Schwimm-Prüfung, die nach den Sommerferien vorgelegt werden muss. Stine absolviert die Freischwimmer-Prüfung im Hallenbad in Lübeck, was allerdings ihren Schwimmlehrer etwas ärgert, war er es doch, der sich abgemüht hat, es ihr beizubringen.

Später macht sie auch den Fahrtenschwimmer, was beinhaltet, dass sie sich 30 Minuten über Wasser halten kann und einen Sprung vom Drei-Meter-Turm schafft.

Lara und Stine fahren manchmal auch gemeinsam zum Schwimmen nach Lübeck ins Hallenbad. Hinterher gönnen sich die Jugendlichen in der Bar des Schwimmbades einen Milch-Shake. Mann oh Mann, das war aber etwas und lässt die Mädels größer werden. Ja, auf diese Weise hat es sich mit den Fünfen in Musik und Sport erledigt.

Nun ist da nur noch die Fünf in Englisch, wobei es keine Nachhilfestunden gibt. Also versucht Stine, selber Abhilfe zu schaffen, indem sie täglich lernt und übt. Obwohl ihre Mutter kein Englisch versteht, muss sie Stine abhören, wenn es los geht: Peter spills the milk … and so on … (Peter verschüttet die Milch usw.). Während Stines Eltern und Bruder im Wohnzimmer vor dem Fernseher sitzen, paukt Stine in der Küche Vokabeln und übt das Lesen. Ihre viele Mühe trägt Früchte. Stine bekommt das Versetzungszeugnis in die 6. Klasse mit einem gigantischen Notensprung in Englisch von Fünf auf Drei; auf Zwei war leider nicht zulässig. Ja, da steigen Stine die Tränen in die Augen; und die ganze Klasse freut sich mit ihr.

Wenige Tage später folgt noch eine weitere Überraschung. Der Klassenlehrer sagt zu Stine, dass sie sich beim Rektor eine Zigarre abholen soll. Stine kann mit diesen Worten nichts anfangen. Sie eilt die Treppen nach unten ins Erdgeschoss und klopft an die Tür zum Rektor, der sie herein bittet. Dann dankt er Stine für ihr vorbildliches Verhalten (auch immer trotz Schnee zur Schule usw.) und ihre guten Leistungen, indem er ihr ein Buch überreicht mit dem Titel »Shakespeare und seine Zeit«. Darin befindet sich auch noch ein kleiner Zettel mit dieser Anmerkung. Stine, den Tränen nahe und platt, bedankt sich herzlich. Auch Lara hat Erfolg durch die Nachhilfestunden und wird versetzt. Beide Mädels verbringen nach wie vor viel Zeit miteinander. Aber nicht nur was Spaß macht, sondern es wird auch gemeinsam für bevorstehende Arbeiten gelernt. So spornen sie sich gegenseitig an.

Im Sommer treffen sie sich oft am Freistrand, weil es dort keine Kurtaxe kostet und lieben es, sich von der Sonne bräunen zu lassen. Die Sportlehrerin hat es ihren sogar geraten, die Sonne an ihre Körper zu lassen, denn nur so könnte Vitamin D umgewandelt werden, was wichtig für die Knochen sei.

Stine hat dabei auch die frühere Krankheit ihrer Mutter vor Augen, die Rachitis (Knochenweiche) als Kind hatte und dadurch krumme Beine bekommen. Natürlich wird am Strand reichlich Ausschau nach den Jungs gehalten und gelächelt was das Zeug hält. Beide Mädels haben schlanke Top-Figuren und lange dunkelblonde Haare. So liegen sie auf ihren Handtüchern, lassen ihre Rücken bräunen und beäugen vorbeigehende Sommerfrischler.

Hin und wieder kommt es zu unverfänglichen Bekanntschaften und leichten Flirts:


So liegen sie am Strand, lassen sich bräunen und flirten gelegentlich.

Eines Tages hol’ ich sie mir!

Подняться наверх