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4. Kapitel - Paul

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»Schön ist es hier«, sage ich, als wir aus dem Taxi steigen und zum Restaurant laufen. Das Gebäude sieht aus wie ein Märchenschloss. Es liegt mitten in einem ansprechend angelegten Park, den wir durchqueren müssen, um dorthin zu gelangen.

»Ja, das ist es«, antwortet Marta.

Während der Taxifahrt sprach sie nur das Nötigste mit mir. Genau genommen sagte sie nur etwas, wenn ich ihr eine Frage stellte. Ich fühle mich so hilflos, weil ich nicht weiß, was mit ihr los ist.

»Was ist denn mit dir? Du verhältst dich mir gegenüber so komisch. Habe ich dir irgendetwas getan?«, wage ich einen weiteren Versuch.

Marta schaut mich erstaunt an. Ihr ist anzusehen, wie wenig sie auf die Fragen gefasst war.

Nach einigen Sekunden sagt sie: »Es ist nichts! Was soll auch sein?«

Ihre Wangen verfärben sich rot. So, wie sie es immer tun, wenn Marta peinlich berührt ist. Um ihre Verlegenheit zu verstecken, wendet sie ihren Blick von mir ab. Dafür ist es zu spät. Ich habe ihr rotes Gesicht längst gesehen.

Als ob nichts wäre, geht sie weiter auf das Restaurant zu. Ich folge ihr mit dem Blumenstrauß für Mia im Schlepptau. Unterwegs hielten wir an einem kleinen Blumenladen, damit ich Mia wenigstens ein paar Blumen mitbringen kann. Mit leeren Händen aufzutauchen, wäre mir unangenehm.

Ich hoffe nur, Mia ist nicht sauer, weil ich nur einen Blumenstrauß für sie habe. Für Carmens Geburtstag legten Marta und ich zusammen und kauften ein paar Strampler für ihr Ungeborenes.

»Was schenkst du Mia eigentlich?«, frage ich, nachdem mir auffällt, dass Marta keinen Ton darüber verloren hat. Sehen konnte ich bis jetzt auch nichts. Martas Geschenk muss in ihrer riesigen Handtasche verborgen sein. Seitdem ich sie kenne, rennt sie immer mit solchen monströsen Dingern herum.

»Nur eine Kleinigkeit, ein Buch und eine Karte mit etwas Geld drin.«

»Aha. Ist das nicht ein bisschen unpersönlich?«

»Vielleicht, aber Mia meinte, sie will keine Geschenke, sondern würde sich über ein paar Euros freuen. Sie muss ja den Saal und das Buffet bezahlen.«

»Okay. Meinst du, ich sollte auch etwas dazugeben?«

»Keine Ahnung, das musst du wissen.«

»Dann warte kurz! Ich gebe dir was. Das kannst du mit dazu legen.«

»Hm.«

Marta bleibt stehen und verzieht eine Miene, während sie in ihrer Tasche nach dem Umschlag kramt.

Ich zücke mein Portemonnaie und hole zwanzig Euro raus, die ich meiner Kollegin hinhalte. Als sie es endlich geschafft hat, die Karte zu finden, nimmt sie mir den Schein ab und steckt ihn in den Umschlag.

»Gut. Wollen wir jetzt reingehen?«, fragt sie.

»Ja, klar.«

Schweigend betreten wir das Gebäude in Richtung Gastraum. Marta scheint sich hier auszukennen. Sie läuft schnurstracks auf eine Tür in der hintersten Ecke zu. Mir wäre sie kaum aufgefallen.

Ich folge ihr mit größerem Abstand. Marta scheint es eilig zu haben, sie rennt fast. Ich frage mich, wie sie es in ihren hochhackigen Schuhen schafft, so schnell zu laufen. In meinen flachen Tretern kann ich kaum mithalten.

Als ich den Saal betrete, kann ich nicht glauben, was ich sehe. Vor mir sind Tische u-förmig aufgestellt. Die meisten Plätze sind bereits besetzt. Ich suche Marta, kann sie aber nirgendwo entdecken. Womöglich sitzt sie irgendwo zwischen den vielen Leuten. Ich dachte mir schon, dass einige Gäste geladen sein müssen, wenn Mia extra einen Saal anmietet, aber mit solch einer Masse habe ich nicht gerechnet.

Ich scanne die Gesichter der Reihe nach ab. Dann entdecke ich Marta, an einem der Tische sitzen. Neben ihr sitzt Lisa. Bei dem Anblick verziehen sich meine Mundwinkel nach oben.

Beide Frauen sind in ein Gespräch vertieft. Zumindest schauen sie nicht zu mir. Früher hätte sich Marta um mich gekümmert und mir zugewunken. Nun scheine ich ihr ein lästiges Anhängsel zu sein. Umso glücklicher bin ich, Lisa hier anzutreffen. Seit ich sie das erste Mal im Büro sah, musste ich oft an sie denken. Sie hat etwas, was mir gefällt. Ich finde sie anziehend und bin entschlossen, sie kennenzulernen. Vielleicht wird ja mehr daraus. So langsam hätte ich gerne wieder jemanden an meiner Seite, um der Einsamkeit zu entgehen.

Das ist deine Chance, mehr über Lisa zu erfahren!, schießt es mir durch den Kopf. Bei dem Gedanken wird mein Grinsen breiter. Insgeheim hatte ich gehofft, Lisa auf Mias Party zu treffen. Das war der Hauptgrund, warum ich unbedingt mitkommen wollte. Natürlich möchte ich auch nicht den ganzen Samstag alleine in der Bude verbringen.

Ich gehe auf die beiden Frauen zu und setze mich auf den freien Stuhl neben Lisa. Als Marta mich bemerkt, verzieht sich ihr Gesicht. Ihr ist es sichtlich unangenehm, dass ich mitgekommen bin und mich in ihre Nähe gesetzt habe. Dabei weiß sie doch, wie attraktiv ich ihre blonde Freundin finde. Lisa würdigt mich keines Blickes. Ich weiß nicht, ob sie mich absichtlich wie Luft behandelt oder ihr meine Anwesenheit entgangen ist.

Die Frauen lassen sich von mir in keinster Weise stören. Sie unterhalten sich weiter. Ich komme mir vor, als wäre ich ein Aussätziger und bereue es fast mitgekommen zu sein.

Die anderen Gäste scheinen sich genauso wenig für mich zu interessieren. Sie sitzen in kleinen Grüppchen und unterhalten sich. Man kann genau erkennen, wer zu wem gehört. Zwischen den einzelnen Gruppen sind ein oder zwei Stühle frei. Es amüsiert mich ein bisschen, dass Menschen immer einen Abstand zu Fremden brauchen.

Als die Tür aufgeht, wandert mein Blick zu den Neuankömmlingen. Zwischen einer Horde neuer Gäste kann ich Sybille, Carmen und Karl erkennen. Die beiden Frauen schauen sich um, bis sie uns entdecken. Dann kommen sie zielgerichtet auf uns zu. Karl kümmert es nicht. Er folgt seinen Begleiterinnen, ohne sich großartig umzuschauen.

»Na ihr!«, begrüßt uns Carmen.

Karl und Sybille bringen nur ein »Hallo« über ihre Lippen.

»Hallihallo ihr drei!«, antwortet Marta grinsend.

Lisa ist zurückhaltender und sagt: »Hi.«

Aus meinem Mund kommt ein leises »Na.«

Keiner der drei neuen Gäste scheint mich wahrzunehmen. Sie sind eindeutig auf Marta und Lisa fixiert. Ich komme mir so überflüssig vor und beobachte das Geschehen.

Als mein Blick Sybille streift, merke ich, mit ihr stimmt etwas nicht. Bei unseren letzten Begegnungen war sie witziger. Sie hatte immer einen flotten Spruch auf den Lippen und heute guckt sie so, als wäre sie gern woanders. Außer mir scheint es niemandem aufzufallen. Während Carmen sich noch stehend mit Lisa und Marta unterhält, setzt sich Sybille auf den Stuhl zu meiner rechten. Auch Karl sucht sich einen Sitzplatz. Er macht es sich zwei Stühle neben Sybille bequem. Wahrscheinlich will er den Platz dazwischen für seine Carmen freihalten. Es dauert eine Weile, bis sie sich von ihren Freundinnen löst und sich setzt.

Ich fühle mich immer noch verloren. Niemand scheint mit mir reden zu wollen. Die beiden Mädels zu meiner Linken sind genauso in ein Gespräch vertieft, wie die drei Gäste rechts von mir. Sybille ist zwar etwas zurückhaltender als sonst, dennoch beteiligt sie sich an dem Gespräch. Statt einer der Unterhaltungen zu lauschen, wandern meine Augen durch den Saal und harren immer bei einem anderen Grüppchen aus.

»Hallo ihr Lieben!«, höre ich eine lautstarke Stimme rufen, die aus der Türnähe kommt.

Ich schaue in die Richtung und sehe Mia mit ihrem Freund - seinen Namen habe ich vergessen - wie sie den Saal betreten.

Einige der Gäste springen fluchtartig auf, um die Neuankömmlinge zu begrüßen und Mia zum Geburtstag zu gratulieren.

Ich bleibe sitzen und warte, bis die Masse durch ist. Ich will Mia nicht noch mehr Stress machen, als sie ohnehin hat. Marta und Lisa scheinen es ähnlich zu sehen. Sie unterhalten sich weiter. Carmen und Sybille hingegen springen auf und stürmen auf ihre Freundin zu. Karl folgt ihnen langsam.

Ich beobachte, wie jeder Einzelne der Gäste Mia gratuliert. Das Geburtstagskind ist nicht bei der Sache. Sie schaut sich um und lächelt, als sie Marta und Lisa entdeckt. Beide erheben sich gemächlich, um zu ihrer Freundin zu gehen. Ich folge ihnen ungefragt mit den Blumen in der Hand und stelle mich hinten in der Schlange an.

Es dauert eine Weile, bis die anderen Gratulanten durch und wir an der Reihe sind. Ich bin ein bisschen schockiert über Martas Verhalten. Sie sagt nicht mit einer Silbe, dass ich auch etwas Geld beigesteuert habe. Ich erwähne es beiläufig. Daraufhin nickt Marta nur.

Sehnsucht

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