Читать книгу Workbook: Der Traum vom Buch - Heike Thormann - Страница 20
ОглавлениеSo schreiben Sie bessere Texte
Gute Texte fallen nicht vom Himmel. Aber lassen Sie sich trösten: Sie können wenigstens lernen, wie man gute Texte schreibt. :-) Manchmal machen schon Kleinigkeiten den Unterschied. Hier bekommen Sie zehn Tipps für bessere Texte.
1. Seien Sie einzigartig
Nein, keine Bange: Damit meine ich nicht, dass Sie nur über die Dinge schreiben dürfen, über die noch kein Mensch vor ihnen geschrieben hat. Das wäre wohl auch kaum machbar. Aber viele Autoren verzichten leichtfertig auf das, was ihre Texte zu Kostbarkeiten machen würde: ihre eigene Stimme.
Manche schreiben bei anderen ab, käuen anderes wieder oder ahmen andere nach. Andere bemühen sich hartnäckig um eine „neutrale“, emotionslose Schreibe. Doch beide nehmen dem Leser oder der Leserin den Grund, ihre Texte zu lesen: nämlich eine weitere Perspektive oder Herangehensweise zu bekommen, zusätzliche Erfahrungen oder Informationen, persönliche Meinungen, den ganz eigenen Stil des Autors und Ähnliches andere mehr.
Trauen Sie sich und schreiben Sie das, was Sie schreiben wollen.
2. Haben Sie etwas zu sagen
Bei vielen Texten hat man das Gefühl, dass Autor oder Autorin nicht wirklich etwas zu sagen hatten. Das gilt nicht nur für Pressemeldungen, die in dieser Hinsicht berüchtigt sind. Auch die üblichen Übertreibungen, Sprachhülsen, inhaltsleeren Phrasen und anderes „Wortgeklingel“ reichen aus, um auch den letzten Leser verzweifeln zu lassen.
Sagen Sie, was Sie zu bieten haben, machen Sie das an Beispielen deutlich, achten Sie natürlich auch gern darauf, wer sich dafür interessieren könnte – das ist schon die halbe Miete.
3. Schreiben Sie lesbar
Fühlen Sie sich gerade ob Ihrer S**klaue angesprochen? :-) Nun, auch das ist eine Klippe, die über Gedeih und Verderb eines Textes entscheiden kann. Ich dachte allerdings eher an die Buchstabenwüsten endloser Fließtexte beziehungsweise Mammutsätze, die über ganze Seiten gehen können.
Wie heißt es so schön: Das Auge isst mit. Und ein Text, der den Leser schon rein optisch abschreckt, ist ein Text, der gute Chancen hat, nicht gelesen zu werden.
Gliedern Sie Ihre Texte sinnvoll und arbeiten Sie mit allem, was das Layout zu bieten hat: Absätze, Zwischenüberschriften, Aufzählungen, Listen und vieles andere mehr.
4. Bleiben Sie verständlich
Ich weiß, verständlich zu sein ist nicht leicht. Wir Menschen sind nun einmal verschieden und haben zudem jeweils einen anderen Hintergrund. Der eine spricht als Sozialarbeiter ganz selbstverständlich vom Regelvollzug, der andere als Werber von der Headline, einem Dritten könnten beides böhmische Dörfer sein.
Fachsprache ist immer ein Risiko, das Textverständnis ist oft an den Bildungshintergrund der Leser gebunden und selbst Metaphern wie meine „böhmischen Dörfer“ müssen kein leicht verständliches Allgemeingut sein.
Wenn Sie nicht für alles und jedes die Erklärung gleich mitliefern oder aber auf eine farbige Sprache verzichten wollen, bleibt Ihnen nur, sich so gut es geht auf Ihren potenziellen Leser einzustimmen und ihn sprachlich „abzuholen“. Das heißt, so zu schreiben, wie er es vermutlich verstehen dürfte.
5. Meiden Sie bürokratische Höhenflüge
Bei offiziellen Schreiben droht man schon einmal in die schwindelnden Höhen geschraubter Behördensprache abzudriften. Da darf es dann nicht mehr unsere normale Alltagssprache sein, sondern es wimmelt von Phrasen wie „Bezug nehmend auf“, „in Erwartung Ihrer Rechnung verbleibe ich“ und anderen Anklängen an Amtsdeutsch und Bürokratentum.
Doch so etwas liest man noch nicht einmal gern auf den erwähnten Amtsschreiben. Auch wenn man da zumindest nichts anderes erwartet und vorgewarnt ist.
Überraschen Sie Ihre Leser doch damit, vertraut und alltagsnah zu klingen. Wir können zwar nicht wirklich so schreiben, wie wir reden. Aber wir können zumindest alles meiden, was wir nicht sagen würden. Tun Sie‘s. :-)
6. Werden Sie konkret
Wer meine Artikel schon länger liest, kennt meinen Appell, so konkret wie möglich zu werden. Und zwar nicht nur, weil vage Angaben oder ungenannte „man’s“ im Handwerk vieler Profischreiber nichts zu suchen haben (sollten).
Abstrakte Sammelbegriffe (etwa: Pflanzen statt Rose) lassen zudem kein Bild im Kopf des Lesers entstehen. Er muss raten, worum es genau geht. Und detailarme Verallgemeinerungen (etwa: „die Preise sind im letzten Monat wieder gestiegen“) lassen den Leser oft eher kalt. Erst wenn Sie schreiben, dass, sagen wir, die Butter um 40 Cent das Päckchen teurer geworden ist, wird er oder sie hellhörig werden.
7. Schreiben Sie anschaulich
Meine Teilnehmerinnen und Teilnehmer trieze ich gern damit, dass sie so anschaulich wie möglich schreiben und die Sinne ihrer Leser ansprechen sollen. Der Leser will nicht nur „lesen“. Er will auch sehen, schmecken, riechen, hören, denken. Kurz, er will Anteil nehmen am Text, diesen selbst erleben, beurteilen oder werten.
Erklären Sie ihn nicht zum Unmündigen, indem Sie ihm sagen, wie er etwas verstehen und interpretieren soll. Die Kunst liegt darin, so zu schreiben, dass er von selbst die nötigen Bilder in seinem Kopf erzeugt und die entsprechenden Schlussfolgerungen zieht. Je besser Sie mit Ihren Worten seine Sinne ansprechen, desto leichter wird ihm das fallen.
8. Achten Sie auf Dynamik
„In der Kürze liegt die Würze.“ Manchmal ist dieses Sprichwort mehr als wahr – und zwar nicht nur bei den oben schon erwähnten ellenlangen Sätzen, die es dem Leser erschweren, Ihre Texte zu lesen. Alles, was Ihren Text unnötig aufbläht, können und sollten Sie streichen: überflüssige Wiederholungen, Füllwörter (Beispiel: irgendwie, eben, grundsätzlich), beschreibende Adjektive, die Ihrem Leser sagen, was er sehen und denken soll (Beispiel: „mit gefährlichem Knurren“), und anderes mehr.
Werfen Sie alles raus, was Ihr Erzähltempo verlangsamt oder dem Leser die Chance nimmt, am Geschehen teilzuhaben. Achten Sie auf Dynamik. Wenn Sie wählen können, verwenden Sie auch lieber Verben, die etwas aktiv ausdrücken, statt Substantive, die schnell abstrakt und sperrig wirken. (Beispiel: „Texte schreiben, die Leser anziehen“ statt „Texte mit Sogwirkung schreiben“.)
9. Trennen Sie sich von Floskeln
Schon bei der Behördensprache hatten wir Floskeln wie „Bezug nehmend auf“ oder „in Erwartung Ihrer Rechnung“. Damit meine ich Formulierungen, über die man kaum noch nachdenkt, die aber auch genauso wenig sagen.
Deshalb wäre mein Tipp: Wann immer Sie auf „Unkosten“ statt „Kosten“ stoßen, etwas „übermitteln“ wollen, was man auch „mitteilen“ kann, „mit schlafwandlerischer Sicherheit agieren“ statt beherzt zuzupacken – raus damit. Behördensprache, Relikte und abgenutzte Sprachbilder können schnell verwirren oder langweilen.
10. Vergessen Sie die Überarbeitung nicht
Und bei allem Verständnis dafür, zum Schluss kommen zu wollen: Vergessen Sie die Überarbeitung nicht. Und damit meine ich nicht nur Rechtschreibung, Zeichensetzung oder Flüchtigkeitsfehler. Eine Überarbeitung greift tief in den Text ein, überprüft ihn auf seine Logik und Struktur, verbessert Klang und Sprache, geht Zitaten und Belegen nach und vieles andere mehr. Eine Überarbeitung macht einen Text erst rund. Bis zum nächsten Mal – und dem nächsten Text. :-)
Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Schreiben.
Erstveröffentlichung © 2010 Heike Thormann,
letzte Überarbeitung 2022