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Kapitel 3: Tapetenwechsel

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Rowena betrat den Pub und nahm ihre Sonnenbrille ab. Sie sah flüchtig über die einzelnen Gesichter, die sie neugierig und interessiert ansahen. Ein alter Mann hob lächelnd die Hand und Rowenas angespanntes Gesicht wurde sofort weicher.

„Brian.“ Sie umarmte den Mann freundschaftlich und gab ihm zur Begrüßung einen Kuss auf die Wange.

Die braunen Augen des Schotten leuchteten und das wettergegerbte Gesicht mit den vielen hundert Falten schien sich schlagartig zu verjüngen.

„Herrin“, flüsterte er.

„Nein, Brian. Rowena. Zum einen mag ich es nicht, wenn du mich so nennst und zum anderen wirft es nur Fragen auf bei denen, die es zufällig hören, aber nicht hören sollen.“

Brian lächelte verlegen. „In Ordnung. Rowena.“ Er gab der Wirtin, einer kleinen, übergewichtigen und vollbusigen Frau einen Wink. Die Frau nickte und zapfte zwei helle Biere. Brian nahm die Getränke und führte Rowena an einen abgelegenen Tisch, von dem man aber gut den ganzen Pub einsehen konnte.

Rowena setzte sich hin, warf ihre Sonnenbrille auf den Tisch und schlug ihr Bein über das andere. Sie hatte ihre blonden Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden. Eine weiße Leinenhose und ein hellblaues Polo-Shirt, das sich eng an ihren kurvenreichen Oberkörper anschmiegte, gaben ihr etwas sommerlich Frisches. Als ob sie gerade am Mittelmeer aus einem Boot gestiegen wäre.

„Also, was habt ihr inzwischen herausgefunden?“ Rowena nippte an dem Bier. Sie mochte das herbe kühle Getränk nicht besonders, aber sie war darum bemüht, so unauffällig wie möglich zu sein.

„Wie schon gesagt, der Mann kam aus Glasgow. Peter Doghnaty. Arzt. Kam öfter hierher. Kannte sich auch gut hier aus. Hatte immer ein Satellitentelefon bei gehabt und einen Rettungspeilsender.“

„Sehr umsichtig. Hat wohl wenig dem Zufall überlassen.“

Brian nickte. „Scott hat herausgefunden, dass Doghnaty den Schwarzen Gürtel in Karate hatte. Und er ging regelmäßig ins Fitnessstudio und Schwimmen.“

„Also ein gesunder, durchtrainierter Mann, der sich auch zu wehren wusste.“

„Ja.“ Brian nahm einen Umschlag aus seiner Tweed Jacke und schob ihn Rowena hinüber. Wortlos nahm sie ihn auf, öffnete ihn und nahm den Inhalt heraus. Es waren Fotos vom Tatort mit der Leiche. Nahaufnahmen zeigten deutlich die Biss- und Rissspuren am ganzen Körper. Der Gesichtsausdruck des Toten zeigte überdeutlich, dass er gelitten hatte, bevor der Tod ihn gnädig umfing.

„Großer Schöpfer!“ Rowena steckte die Fotos schnell wieder in den Umschlag.

„Ja.“

Rowena nahm einen Schluck von dem Bier und ließ ihren Blick durch die Gaststätte schweifen. Einige Männer sahen mit unverhohlenem Interesse zu ihr hinüber, einige Frauen blickten eher misstrauisch. Rowena durchflog schnell deren Gedanken, konnte aber nichts Verdächtiges feststellen. Die eindeutigen Gedanken, die sie bestrafen, ignorierte sie einfach. „Gibt es auffällige Fremde?“

Brian lächelte spöttisch. „Du meinst außer den Horden an Touristen, die hier jedes Jahr herkommen, Wildwasserfahrten und Campingtouren unternehmen? Ja, die gibt es.“

Rowena lächelte etwas. Sie mochte die bärbeißige Art des Mannes. Im Inneren steckte ein herzensguter Mensch.

„Da gibt es einen Mann aus London. Kam vor etwa einer Woche. Ist ständig für sich, hockt im Pub oder auf dem Friedhof. Vor dem Grab der Millie Downforth.“

„Millie? Sie starb doch vor drei Jahren an Lungenkrebs, nicht wahr? Hatte sie vielleicht Verwandte in London?“

„Nicht das ich wüsste. Scott ist dabei, anhand des Autokennzeichens herauszufinden, wer der Mann ist. Er hat sich hier als John Smith eingetragen.“

„Wie einfallsreich.“ Rowena verdrehte die Augen.

Brian lachte humorlos auf. „Dann gibt es ein Pärchen, ebenfalls aus London. Neureich, in einem Porsche unterwegs. Sie ist aufgetakelt und unecht.“

„Unecht?“

Brian wurde etwas rot. „Na ja. Operiert, wenn du weißt, was ich meine. Ihre Hupen … sitzen immer an der gleichen Stelle.“

Rowena verkniff sich ein lautes Lachen. „Verstehe. Und der dazu gehörige Typ?“

„Prahlt mit seinem Geld und tut so, als ob er ein Kolonialherrscher wäre und wir die dummen Untertanen.“

„Na toll.“ Das war genau die Sorte Mensch, die Rowena am allerwenigsten leiden konnte. „Wie ich euch kenne, habt ihr doch schon etwas geplant, damit dieses entzückende Pärchen die Gegend so schnell als möglich verlässt.“

Brian sah Rowena mit gespieltem Entsetzen an, aber der Schalk sprang förmlich aus seinen Augen. „Das traust du uns zu, große Mutter?“

„Sch-sch!“ Rowena musste jetzt doch grinsen.

„Wir wollten nur damit warten, bis du die beiden in Augenschein genommen hast. Falls die was damit zu tun haben.“

„Danke, Brian. Ich sehe sie mir bei Gelegenheit an. Wenn sie okay sind, gebe ich euch grünes Licht. Aber denke daran, keine Körperverletzung.“

Brian hob beschwichtigend die Hände. „Wir wollen keinen Krieg mit England riskieren.“

Rowena trank einen weiteren Schluck und beobachtete einen Mann, der gerade den Pub betrat.

„Das ist ein deutscher Tourist.“ Brian hatte Rowenas Blick bemerkt. „Auch ein Einzelgänger Hat immer sein Notebook dabei, treibt sich ebenfalls auf dem Friedhof, in den Kirchen und in den Stadtarchiven herum.“

Rowena wurde neugierig. Der Mann war nicht sehr groß, vielleicht 1,70 Meter. Die dunklen Haare waren millimeterkurz geschoren und er trug eine runde Brille mit silbernen Rand. Die kurzen, kräftigen Beine bildeten ein leichtes `O´ und er hatte eine schlanke Figur mit trapezförmigen Oberkörper. Er trug eine ausgewaschene Jeans und dazu ein weißes T-Shirt, dass seine ausgeprägte Brustmuskulatur betonte. Muskulöse, sehnige Arme ragten aus den T-Shirt-Ärmeln und wiesen eine gesunde Bräune auf. Unter dem einen Arm hatte er ein Notebook geklemmt, unter dem anderen eine Zeitung.

Er sah sich kurz um und sein Blick blieb kurz bei Rowena hängen. Eine Augenbraue zuckte kurz nach oben und hellblaue Augen starrten sie verblüfft an. Dann schien der Mann sich wieder zu fassen, nahm das Bier von der Theke, dass die Wirtin hingestellt hatte und setzte sich in eine der hinteren Ecken an einem Tisch.

„Ich glaube, er hat dich bemerkt, Rowena“, sagte Brian leise.

Sie zuckte mit den Schultern. „Ich kann ihn nicht lesen. Muss ihn in ein Gespräch verwickeln. Aber später. Noch irgendwelche Kandidaten?“

Brian zählte noch fünf weitere Einzelgänger auf. Zwei davon saßen im Pub und Rowena sondierte ihre Gedanken. Sie konnte bald Entwarnung geben, diese beiden konnten aus dem Kreis der Verdächtigen ausgeschlossen werden.

„Es könnte auch sein, dass der Mörder ein Wanderer ist“, meinte Rowena am Ende.

„Ein Wanderer?“ Brian trank sein Bier aus und stellte das leere Glas sanft auf den Tisch.

„Ja. Jemand, der von Ort zu Ort zieht und sich nicht um Gesetze schert. Weder um die der Sterblichen noch meiner Art. Ich werde mir morgen den Tatort ansehen. Ist Scott Palatin ein Eingeweihter?“

Brian nickte. „Ja. Ist er. Willst du dich morgen mit ihm treffen?“

Rowena nickte. „Ich denke, dass es gut wäre, mit ihm zusammen zu arbeiten.“

„Ich werde Scott Bescheid geben. Brauchst du sonst noch etwas, Rowena?“

Rowena lächelte ihn liebevoll an. „Nein. Danke, Brian. Ich werde mich noch um den Deutschen kümmern und fahre dann zu meinem Haus. Ich bin etwas müde.“

„Hungrig?“

Rowena hatte tatsächlich ein wenig Hunger, aber nicht so schlimm, dass es nicht noch einen Tag warten konnte. Sie wusste, worauf Brian hinauswollte. „Heute nicht, mein Freund. Ich denke, ich werde morgen darauf zurückkommen.“

Brian nickte, nahm sein Glas und ging.

Rowena stand ebenfalls auf, steckte den Umschlag mit den Fotos in ihre Hosentasche und ging zum Tresen. Die Wirtin, Molly, lächelte sie warm an und Rowena glitt kurz in ihre Gedanken.

>Große Mutter. Es ist gut, dass du wieder bei uns bist. <

Rowena lächelte und nickte der Frau zu. „Kann ich bitte noch ein Bier haben?“

Molly gab ihr ein volles Glas und Rowena ging mit dem Bier zu dem Mann mit dem Notebook. „Hallo.“

Hellblaue Augen sahen sie kurz an, dann konzentrierte sich der Mann wieder auf sein Notebook. Seine Finger flogen über die Tastatur. „Hallo.“

Rowena schätzte den Mann auf Mitte bis Ende dreißig. Um den Hals trug er ein eng anliegendes Lederband mit einem kleinen, flachen Amulett. Es war eine Scheibe in verschiedenen Blautönen. Am linken Arm befand sich eine Armbanduhr mit einem Lederarmband und ein silbernes, feingliedriges Armband. Darin eingearbeitet war ein türkisfarbener Stein.

„Darf ich mich zu Ihnen setzen?“ Rowena lächelte den Mann freundlich an und war schon im Begriff sich zu setzen.

„Nein. Ich möchte gern allein sein.“

Rowena blieb mitten in ihrer Bewegung stehen. „Oh!“ Das war sie nicht gewohnt. Normalerweise überschlugen sich die Männer sofort, wenn sie ihnen ihre Aufmerksamkeit schenkte. „Ich habe Ihnen ein Bier mitgebracht.“

Der Mann stockte einen Moment und sah Rowena dann an. Sein Blick wanderte über ihren Körper, suchte wieder ihre Augen.

„Kein Interesse. Suchen Sie sich woanders Ihren Kick.“

Rowena fiel die Kinnlade runter. „Wie bitte?“

Der Mann setzte zum Sprechen an, ließ es dann aber sein. Stattdessen tippte er weiter auf seinem Notebook herum.

>Ich bin einfach zu müde! <, dachte Rowena, knallte das Bierglas auf den Tisch und ging.

Das kleine Haus lag unweit des River Garry am Rande des Loch Oich. Es war wirkte verspielt, mit den kleinen Fenstern und Giebeln, dem tiefhängenden Reetdach und den Rosensträuchern. Hinter dem Haus befand sich ein Kräuter- und Gemüsegarten, den die eingeweihten Einwohner der Umgebung während Rowenas Abwesenheit pflegten und nutzten.

Rowena schloss die Holztür mit den Glasintarsien auf und betrat den winzigen Vorraum. Sie hing ihre Jacke an die Garderobe und ging weiter in das Haus hinein. Rechts befand sich die kleine, rustikale Küche mit dem Gasherd und dem Kohleofen. Rowena hatte erst vor einigen Jahren Elektrizität in das Häuschen verlegen lassen, damit sie Strom für einen kleinen Kühlschrank hatte. Und um ihr Handy und ihr Notebook aufladen zu können. Ansonsten verzichtete sie auf Bequemlichkeiten wie zum Beispiel fließend Wasser und ein Abwassersystem. Sie hatte hinter dem Haus ein Abort und einen Trog mit einer Pumpe. Dort wusch sie sich. Und in der Küche gab es eine Pumpe, um im Haus frisches Wasser zum Kochen zu haben.

Hier fand sie zurück zu ihren Wurzeln. Hier konnte sie sein, wie sie war.

Was sie war.

Rowena ging vor sich hin lächelnd in das Wohnzimmer. In der Mitte des Raumes befand sich der offene Kamin, der aber jetzt noch nicht an war.

>Ich werde mir gleich ein gemütliches Feuerchen machen! <

Brian hatte alles vorbereitet. Holzscheite, Papier und Anzünder lagen bereit. Zufrieden eine schottische Weise vor sich hin summend entfachte sie das Feuer, vergewisserte sich, dass der Schornstein offen war und zog. Dann schnappte sie sich ihren Koffer und ging die schmale Treppe an der linken Wand des Wohnzimmers nach oben. Dort befand sich ihr Schlafzimmer und eine Abstellkammer.

In aller Ruhe packte sie den Koffer aus, öffnete ein Fenster des Zimmers und blickte hinaus.

„Zuhause“, murmelte sie. Plötzlich musste sie gähnen. „Nanu! Ich schlafe doch eigentlich genug.“

Wieder vor sich hin summend ging sie in ihre Küche und inspizierte die Vorratskammer Brot, Salami und harter Käse waren frisch eingelagert worden. Im Kühlschrank war frische Milch, Butter und weicher Käse. Und einige Blutkonserven.

„Brian ist ein Schatz.“

Sie nahm eine Flasche Rotwein aus der Vorratskammer und ein Glas von dem einfachen Holzbord. Dann schlenderte sie zum Wohnzimmer und setzte sich auf ihr altes, leicht zerschlissenes Sofa. Einen Moment dachte sie darüber nach, Tobias eine Nachricht zukommen zu lassen, dass sie gut in Schottland angekommen war, doch dann verwarf sie den Gedanken.

Dafür war ihr Verlangen, mit Tristan zu telefonieren umso größer. Grübelnd goss sie sich etwas Rotwein ein, trank einen Schluck und holte dann ihr Handy. Hier in den Highlands funktionierte ein normales Handy selten. Der Empfang war einfach zu schlecht. Also hatte sie sich eines mit Satellitenempfang geholt, bevor sie nach Schottland aufgebrochen war und hatte sämtliche wichtigen Telefonnummern übertragen.

Die Mailbox von Tristan sprang an.

„Tris, ich bin´s. Rona. Obwohl du das wahrscheinlich schon auf dem Display gesehen hast und deswegen nicht abhebst. Was ich verstehen kann.“

Rowena stockte, rieb sich einmal mehr mit der Hand über ihre Stirn. „Hör zu, ich …. Ich möchte mich bei dir entschuldigen. Nicht nur für die Ohrfeige. Nicht nur, weil ich deine Gefühle verletzt habe und es immer wieder und wieder tue. Sondern auch dafür, dass ich dich hintergangen habe. Es tut mir leid, Tris.“

Plötzlich spürte Rowena, wie ein dicker Kloß sich in ihrem Hals manifestierte und sie am Weitersprechen hindern wollte.

„Ich ähm … bin jetzt in Schottland. Habe hier was zu erledigen. Wenn ich zurück bin, spätestens im September, würde ich gerne mit dir reden. Unter vier Augen. Nur reden, okay? Bitte Tris, melde dich bei mir. Bitte.“

Sie unterbrach die Verbindung, warf das Handy auf das Sofa und weinte.

Vampire in den Highlands

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