Читать книгу Sieben Stunden Licht - Heinrich-Stefan Noelke - Страница 10

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„Hilf mir“, sagte Sarah zu Max. „Deck den Tisch.“

Max war bereit. Er freute sich, so schnell beachtet zu werden. Sie hatte die Vorräte durchsucht, während die Männer die Hunde fütterten. Erbsen und Möhren waren aufgetaut und der Kartoffelbrei aus einer Tüte angerührt. Am Herd stehend wirkte Sarah sehr entschlossen und Max fürchtete um die saftigen Koteletts.

„If storm tomorrow, we will not go“, sagte Pentti. So ein Sturm sei zu gefährlich.

„Sarah“, sagte Max, „wofür brauchen wir Servietten? Soll ich eine ganze Packung anbrechen?“

Sie bestand darauf.

Pentti fuhr mit seiner Unterweisung fort. Torben sei mit einer Gruppe draußen, verstanden sie aus seinem merkwürdigen Englisch. Er mischte es mit ein paar drolligen deutschen Brocken. Der Sturm dauere jetzt schon drei Tage, und Pentti sei sich sicher, dass der Besitzer des Hundecamps sich mit seinen Gästen in irgendeiner Hütte verkrochen habe. Das käme vor und sie seien darauf vorbereitet. In den Schlitten werde ein Zelt und ein Ofen für den Notfall mitgeführt.

Weder Handy noch Geld noch Ausweise seien während der Reise von Nutzen, sagte Pentti. Max fiel jetzt sein Telefon ein, das draußen auf dem Eis lag. Die Batterie würde noch tagelang Strom liefern. Es mochte klingeln, so viel es wollte.

Vermutlich würden sie die folgenden zehn Tage keinen anderen Menschen zu Gesicht bekommen. Notfalls habe Pentti ein spezielles Telefon dabei und er wisse, auf welchen Berg man steigen müsse, um Verbindung zu haben. Dann käme ein Rettungshubschrauber der Küstenwache, was nicht billig sei.

„GPS?“, wollte Pentti wissen. Er schien kein Freund der Satellitennavigation zu sein. Jeder aus der Gruppe verneinte. Niemand trug ein GPS bei sich. „You get lost“, sagte Pentti, „you wait. I find you. Each will get signal light“, sagte er, und gab kleine Bolzenschussgeräte für Notsignale aus, die mit Klebeband umwickelt waren.

Max hatte den Tisch gedeckt und die Papierservietten auf jeden Platz gelegt. Er nahm Bier und Sprudel aus dem Kühlschrank.

„Sarah“, mahnte er, „die Koteletts werden schwarz. Sie können nichts dafür, dass du auf Diät bist.“

„Ha!”, sagte sie und nahm die Pfanne vom Herd. „Stell du Bier und Sprudel auf den Tisch.“

Max zeigte ihr die Flaschen, die er in seiner Hand hielt.

„Na, dann stell sie auf den Tisch“, sagte Sarah und scheuchte ihn aus der Küche.

„When we will start“, erklärte Pentti, „you can not go back.“ Gleich im Anschluss werde er ihre Winterausrüstung und jeden einzelnen der Schlafsäcke überprüfen.

„Hat eigentlich niemand von euch Angst?”, fragte Max. „Wir werden morgen früh dort hinausfahren, wo es jetzt stürmt. Und wir werden zehn Tage lang in Zelten leben.“ Warum musste immer er es sein, der solche Fragen stellte?

„Und du?”, fragte Sarah.

„Geht schon“, sagte Max. „Mich wundert nur, dass ihr alle so gelassen seid.“

Holdin lachte: „Wir können schon jetzt nicht mehr zurück“, sagte er. „Wirklich nicht. Pentti hat Sarah und mich gestern Morgen am Flughafen abgeholt. Wir sind mit dem selben Flug gekommen. Er hat uns hier abgesetzt und Essen dagelassen. Am Abend hat er Kurt gebracht. Es gibt morgens einen Schulbus nach Setermoen. Dort haben Sarah und ich den heutigen Tag verbracht. Nach Mittag kommt er zurück. Andere Verbindungen gibt es nicht.“

Sarah stellte Paul einen randvollen Teller hin. Das Kotelett, das sie ihm zuteilte, war riesig und vollkommen verbrannt. Sie nickte dem Jungen aufmunternd zu und freute sich an ihrem Werk. Paul nahm Messer und Gabel in die Hand, wusste aber nicht, wie er das schwarze Stück Fleisch schneiden sollte. Auch Pentti wurde von Sarah persönlich bedient und bekam ein großes Stück zugeteilt. Er aß mit großem Appetit.

Die anderen Gäste ließ Sarah von Max bedienen, bestimmte aber, für wen welcher Teller gedacht war. Kurt bekam ein peinlich kleines Stück Fleisch, das mit noch größerer Sorgfalt verbrannt worden war als die Übrigen. Sie selbst begnügte sich mit Kartoffeln und ein paar Erbsen.

„Sarah“, sagte Max, „mein Fleisch ist schwarz.“

„Korrekt“, sagte sie und beließ es dabei. Das Gemüse war ungesalzen und der Kartoffelbrei klumpig. Kurt rührte sein Essen nicht an. Er trug immer noch das rote Halstuch um den Hals gewickelt. Das schien er nie abzulegen. Er hatte sich abseits gesetzt und starrte Pentti an.

Wer wohl letzte Woche hier gegessen hat?, dachte Max. Im Internet hatte er gesehen, dass Torben und Pentti wechselnde Routen anboten. Sie waren fast ständig unterwegs. Jeden Winter umgab sich dieser schweigsame Mann mit immer neuen Menschen und ihren sich stets wiederholenden Anliegen.

„Jetzt seid ihr dran“, rief Sarah, als sie fertig gegessen hatten. „Abwaschen.“

Max, Holdin und Paul machten sich an die Arbeit. Anschließend erklärte Holdin den beiden die Ausrüstung, die er gekauft hatte, und er half ihnen, sie zu verstauen. Die warme Kleidung müsse greifbar sein. Ein Messer am Mann, erklärte Holdin, um damit notfalls Leinen zu kappen. Die Trillerpfeife nicht vergessen, falls man verloren gehe. Einen Kompass für jeden.

Pentti grinste und legte einen Teil beiseite, als er die Ausrüstung auf Tauglichkeit prüfte. Das Gewicht musste beschränkt werden. Auf den grünen Köcher wollte Max nicht verzichten.

„Was ist da drin?”, fragte Sarah.

Max reichte die Tasche Holdin, der sie auf einen der Tische legte und öffnete. Er nahm einen einzelnen Golfschläger heraus und wog ihn in seinen Händen.

„Stahlschaft“, sagte Max. „Soll bei tiefen Temperaturen besser sein als die modernen Materialien, hat man mir gesagt. Der Kopf ist aus Holz.“

„Zwölf Grad Loft“, sagte Holdin, der den Schläger näher betrachtete. „Flacher als üblich.“

„Damit der Ball gerade bleibt“, sagte Max. „Das gibt mehr Kontrolle beim Schlag.“

„Ihr wollt Golf spielen?”, fragte Sarah. Auch Pentti zeigte Interesse.

„Nur ein paar Bälle schlagen“, sagte Max. „Mehr nicht. Oben von den Hügeln auf die Seen runter.“

„Ihr spinnt“, sagte Sarah.

Pentti war einverstanden, dass sie den Schläger mitnahmen. Paul fand später eine Reihe von Spielen in deutscher Sprache und bestand auf einer Partie Risiko. Er ließ nicht locker, bis sich Holdin, Sarah und Max beteiligten. „Befreien Sie Amerika, Australien und einen dritten Kontinent ihrer Wahl“, hieß die Aufgabe und Max lachte, als er sie las. Er kannte das Spiel in einer alten Version mit den gleichen Aufträgen, die jedoch „Erobern Sie …“ hießen, was heftig kritisiert worden war, da es aggressiv klang.

Recht bald ging der Abend zu Ende. Sie krochen in ihre Schlafsäcke. Max hörte seinen Sohn, der sich hin und her wälzte, dann schlief auch er ein und schreckte wieder hoch, als Pentti sich ins untere Bett rollte und zu schnarchen begann. Es wunderte ihn, dass der Guide die letzte Nacht in Innset nicht bei seiner Frau verbrachte.

Sieben Stunden Licht

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