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Yvonne hatte sich entschlossen, einmal ganz vorsichtig bei ihrer Versicherung anzufragen und die ihr noch bekannte Durchwahl des dortigen Sachbearbeiters gewählt.

„Total Insurance Limited, Malmö und Umgebung, Lars Toftlund am Apparat.”

“Hallo Lars! Hier ist Yvonne Gustafsson. Du erinnerst dich doch noch an mich?“

„Aber ja! Natürlich erinnere ich mich an dich. Ist dir etwa wieder ein Baum aufs Dach gefallen?“, Toftlund bemühte sich, locker zu klingen, konnte sich aber einer bösen Vorahnung anlässlich ihres Anrufs nicht erwehren.

„Also, ich wollte nur mal anfragen, ob es in letzter Zeit in deinem Bereich vermehrt zu Diebstahlsfällen gekommen ist.“

„Warum das? Ist dir etwas gestohlen worden?“

„Nein, noch nicht. Aber wir haben nach der Rückkehr von einem Kurzurlaub Spuren in der Nähe meines Hauses entdeckt. Und da dachte ich …“

Sie hatte wir gesagt. Wahrscheinlich war dieser Freund aus Deutschland immer noch mit ihr zusammen. Toftlund hatte sich vor knapp einem Jahr ein wenig in Yvonne verliebt, war aber von ihr nicht erhört worden. „Wie sahen die Spuren denn aus?“

„Sie stammten von zwei Fahrrädern und einem Anhänger.“

„Hmm. Und du hattest keinen Fahrradbesuch erwartet, stimmts?“

„Du bist ja noch genauso scharfsinnig wie früher“, flirtete sie.

„Nun, in meinem Genre muss man schon eine Spürnase sein. Doch es sind in der Tat in letzter Zeit einige Diebstähle über meinen Tisch gelaufen. Meistens handelte es sich um irgendwelche elektronischen Gerätschaften. Computer und so, weißt du? Und bei dir wurde tatsächlich nichts gestohlen?“

„Wie gesagt, bis jetzt noch nicht. Aber die Spuren kamen mir doch etwas verdächtig vor und ich will lieber Vorsorge treffen, wenn es, wie du sagst, schon einige Diebstähle gegeben hat. Weiß man schon etwas über die Täter?“

„Ich darf dir das in meiner Position ja eigentlich nicht verraten …“

„Es bleibt ja unter uns.“

„Nun, die Polizei ist hinter zwei Computerfreaks her, konnten sie aber noch nicht dingfest machen. Sie rätseln noch, ob es sich möglicherweise um Drogensüchtige handelt, die sich mit dem Diebesgut Geld beschaffen, oder ob sie die Rechner und die andere Hardware einfach nur zum Spielen oder was weiß ich benutzen wollen. Aber von mir hast du das nicht, okay?“

„Versprochen! Und vielen Dank, Lars. Vielleicht sehen wir uns ja mal.“

„Die Polizei ist schon hinter unseren Dieben her“, berichtete Yvonne, nachdem sie aufgelegt hatte. „Es ist genau so, wie wir vermuten. Entweder sind es Computerfreaks oder Drogensüchtige.“

„Von wem hast du das erfahren?“

„Von Lars Toftlund.“

„Diesem naiven Versicherungsfritzen?“

„Dem naiven, aber netten Versicherungsfritzen“, korrigierte sie.

„Wie hast du ihm das denn entlockt?“

„Mit weiblichem Charme.“

„Na klar! Du bist eben unwiderstehlich. Zumindest wird damit unsere Vermutung bestätigt.“

„Aber es bleibt unter uns, okay? Ich habe es ihm versprochen.“

„Großes Indianerehrenwort.“

„Schade, dass es nicht geschneit hat“, meinte Yvonne.

„Im Sommer? Warum?“

„Es hat schon Diebe gegeben, die man anhand ihrer Spuren im Schnee direkt bis in ihren Unterschlupf verfolgen konnte.“

„Unglaublich! Vielleicht finden wir von den Reifenspuren tatsächlich noch mehr.“

„Auf der Asphaltstraße?“

„Nicht unbedingt. Doch unter Umständen an den Wegrändern …“

Sie gingen nach draußen und versuchten, weitere Spuren zu entdecken, doch sie endeten zunächst in der Nähe der Grundstücksgrenze, hinter der die Asphaltstraße den Feldweg ablöste. Sam war an die fünfzig Meter weitergegangen und winkte Yvonne zu sich: „Sieh mal! Hier am Rand der Straße sind noch mehr Reifenspuren.“

„Die könnten doch von jedem anderen Rad stammen“, versuchte sie Sams Enthusiasmus etwas zu dämpfen.

„Müssen sie aber nicht zwangsläufig“, beharrte er und ging weiter. „Und hier liegen der Rest eines Joints und eine Dose eines Energy-Drinks. Drogensüchtige Freaks!“

Doch nach einiger Zeit verlor sich die Spur endgültig.

„Zumindest wissen wir jetzt ziemlich sicher, dass sie in Richtung Malmö unterwegs waren“, kombinierte Sam triumphierend.

„Das hast du ganz toll herausgefunden, Sam, doch in welche Richtung hätten sie sonst unterwegs gewesen sein sollen?“

„Na, in die andere“, rief Sam.

Yvonne rollte die Augen.

In dem abgedunkelten Zimmer, in dem es leicht süßlich roch, und in dem jetzt das Deckenlicht leuchtete, hatten sich beide KRs auf volle Batterieleistung aufgeladen. Der in der Wohnung verbliebene junge Mann hatte sich ein Stündchen aufs Ohr gelegt, betrat nun wieder das Zimmer und schaltete den mächtig pinkfarbenen KR ein: „Na, mein kleiner hässlicher Rechner, kannst du immer noch sprechen?“

KR hätte nur allzu gern den Kopf geschüttelt, denn er wollte seine Sprachfähigkeiten nicht verraten. Stattdessen ließ er folgende Worte auf seinem Monitor erscheinen: „Web not available!“

„Das mit dem Sprechen war wohl reine Einbildung. Wäre ja auch zu toll gewesen“, murmelte der Mann vor sich hin. „Doch er will offenbar ins Internet. Das lassen wir mal lieber bleiben, nachher kann man ihn noch irgendwie orten.“

So ein Mist , dachte KR, der lässt sich nicht so leicht übertölpeln, aber ich probiere mal etwas anderes aus : „Remove power supply system and touch the blue stick!“, erschien auf dem Monitor.

Die Neugier des jungen Mannes war nun geweckt. Er zog den Stecker aus der Steckdose und berührte anschließend den blauen Memory-Stick an KRs USB-Port. Blitzschnell aktivierte KR den Stick und die Reise begann. Sie rasten beide wie in einem sich windenden Tunnel abwärts. Es fühlte sich gar nicht schlimm an, bis alles urplötzlich wieder ruhig wurde und sie nicht etwa irgendwo aufschlugen, sondern ganz, ganz sanft landeten. Sofort orientierte sich KR und stellte fest, dass sie in einer Modeboutique gelandet waren. Die dort angebotene Kleidung auf den Ständern fand er anmutig bunt und schrill. Es wurde Englisch gesprochen. Das Label an einem bunt karierten Samtsakko verriet, dass der Modeladen in der Londoner Carnaby Street 26 gelegen war. An der Kasse wies der Kalender den 30. August 1969 aus und die Uhr zeigte exakt 11:30 Uhr.

Oho , dachte KR, London in den schrillen, ausgehenden 1960er Jahren! Hier würde ich eigentlich gern für eine Weile bleiben.

Sein junger Begleiter hatte Augen und Mund weit aufgerissen und hob nun beide Hände.

„Viel Glück in London!“, rief KR, aktivierte den roten Stick und war für den Bruchteil einer Sekunde vor ihrer Abreise wieder in dem abgedunkelten Zimmer, in dem es leicht süßlich roch und die Deckenlampe leuchtete. Es hat geklappt. Und was noch besser ist: ich bin nicht verrückt geworden , dachte er sich. Die klitzekleine Programmkorrektur hat sich doch gelohnt und den einen Burschen bin ich schon mal los. 85% Batterieladung. Das muss für den nächsten Schritt noch reichen .

Sam hatte das Internet nach eindeutigen Verkaufsangeboten durchsucht, doch den großen, die zwei kleinen Rechner und die Memory-Sticks hatte er nicht gefunden. „Sie sind offenbar noch vorsichtig und halten sich mit dem Verkauf zurück“, rief er in Yvonnes Richtung, die wieder an ihrer Übersetzungsarbeit saß.

„Das habe ich vermutet und vielleicht haben sie auch andere Käufer, die den direkten Handel bevorzugen.“

„Und an wen denkst du dabei?“

„Hehler, Pfandleiher, An- und Verkaufsläden und so.“

„Okay. Ich fahre nach Malmö und sehe mich mal um“, sagte Sam.

„Mach dir mal keine allzu großen Hoffnungen. Malmö ist nicht gerade eine Kleinstadt.“

Sam wollte es trotzdem wenigstens versucht haben.

Jemand Sticks?

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