Читать книгу Heißer Empfang mit Blei - Heinz Squarra - Страница 11
6
ОглавлениеRingo schlich geduckt am Saum des Waldes entlang, das Gewehr schussbereit mit beiden Händen haltend. Schweißbäche rannen über sein Gesicht, obwohl die Nacht angenehm kühl war und der Morgen noch immer fern.
Das jähe Heulen eines alten Büffelwolfes ließ ihn verharren und den Kopf einziehen. Er schaute zurück, konnte aber das Pferd nicht mehr sehen, das er am westlichen Gehölzende zurückließ. Auch sonst bewegte sich nichts. Aber die Sorge, doch nicht lange genug gewartet zu haben und in eine Falle zu laufen, ließ den jungen Schurken nicht los. Dennoch wollte er sich Gewissheit über das Schicksal des Bruders verschaffen. Er sah Jubal aus dem Sattel stürzen und das Pferd fliehen, mehr nicht.
Schritt um Schritt wagte er sich weiter.
Der Wolf heulte aus der Schlucht herauf, wagte sich offenbar auch noch nicht auf die Mesa. Vielleicht konnte er Ringo wittern.
Der junge Bursche trat auf einen Ast, der mit einem hellen Laut zersprang. Ringo warf sich zurück und war nahe daran, einfach abzudrücken. Das Herz schlug ihm rasend, der Schweiß klebte ihm das Hemd auf die Haut, und der Boden schien unter seinen Füßen zu schwanken, so sehr war er verunsichert. Er brauchte einige Minuten und musste sich einen inneren Ruck geben. Dann erst war er erneut fähig, den Weg nach Osten fortzusetzen.
Endlich erreichte er die Waldspitze und sah den Klumpen im Gras der Mesa. Eine eiserne Kralle schien sich um sein Herz zu legen und presste es langsam zusammen.
»Jubal«, murmelte der Halunke heiser. »Diese Schweine!«
Ringo verließ die Deckung, lief zu der reglosen Gestalt im dürftigen Gras der Berge und warf sich auf die Knie. Er rüttelte den Toten, als wäre es so möglich, ihn ins Leben zurückzurufen. »Jubal!«, schrie er. »Jubal!«
Langsam kam er wieder zur Ruhe. Eigentlich hatte er gar nicht erwartet, den älteren Bruder noch lebend finden zu können, weil es dafür keine Logik gab. Der Kampf zwischen ihnen und den Verfolgern war von Anfang an gnadenlos gewesen. Aber er hatte es genau wissen wollen. Und dann war ja doch einiges anders, seit sie der Marshal nicht mehr verfolgen konnte, weil sie ihn töteten. Der Kopfgeldjäger konnte nicht mit einem Gefangenen in einer Stadt auftauchen, weil der wohl dann sagen würde, dass er kein Marshal war. Und deswegen hatte Ringo doch noch ein ganz klein wenig Hoffnung gehabt, er könnte Jubal lebend finden.
Nun hockte er hier vor dem Toten. Jubal war für ihn Vater, Kumpan aber auch Bruder in einem gewesen. Und das seit so vielen Jahren, dass er sich an einen anderen Zustand längst nicht mehr erinnerte.
Er fühlte sich grenzenlos verlassen und war deswegen so hilflos. Schließlich erinnerte er sich an das Pferd des Bruders. Die Kugel schien es gestreift zu haben.
Er hielt Ausschau nach dem Tier, in Gedanken schon bei der Tasche mit der Beute. Neben dem Toten sah er die Spuren, folgte ihnen und erreichte am Ende eines großen Bogens jene Stelle, an der die Reiter hielten, nachdem sie aus dem Canyon heraufkamen. Hier vereinigten sich die Eindrücke mit den anderen.
Ringo kehrte zurück, holte sein eigenes Pferd und grub mit dem Messer ein Loch in den Boden. Hin und wieder hielt er inne und versicherte sich, noch ungestört zu sein, dann grub er weiter, bestattete den toten Bruder und verweilte noch eine Viertelstunde vor dem Grab.
»Das büßen die Schweine«, murmelte Ringo. »Ich schwöre es dir!«
Bald danach saß er auf, lenkte das Pferd zur Ostseite der Mesa und nahm dort die Spuren auf.