Читать книгу Heißer Empfang mit Blei - Heinz Squarra - Страница 8
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ОглавлениеBlutrot versank die Sonne im Westen hinter den Sawatch Mountains. Der Horizont färbte sich von Süden bis Norden purpur. Auf den zerrissenen Hängen und Gipfeln lag noch ein goldener Abglanz, aber aus den tief eingeschnittenen Tälern kroch bereits die Nacht herauf.
Die drei geschockten Banditen hielten auf einer Bergschulter, auf der sie ein paar dürftige Büsche halbwegs deckten. Sie sahen die beiden Reiter noch, die, durch das Bluegrass Valley kommend, sich den Bergen auf ihren Spuren näherten.
Jubal Hengston beugte sich über den Pferdehals. »Kann es sein, dass mir die Augen einen Streich spielen? Oder sehe ich den schwarzen Kerl mit einem Stern?«
»Du siehst noch verdammt gut«, bestätigte Ringo. »Und das ist nicht der Marshal aus Newman, zur Hölle!«
»Der Spieler, Kopfgeldjäger, oder was immer er ist!«, zischte Tex. »Soll ich euch was sagen?«
Die beiden Hengstons blickten den Kumpan finster an.
»Der hat sich Howards Stern genommen und angesteckt.«
»Oder der sterbende Marshal hat ihn zu seinem Deputy ernannt«, schränkte Tex ein.
»Der war doch schon über den Jordan!« Jubal fluchte unterdrückt. »Hast du vielleicht gesehen, dass er noch wackelte?«
»Nein.«
»Na also.«
»Und der andere ist einer der Viehhirten, die Marvy kalte Füße besorgten.« Ringo rieb sich über die Nase. »Werden wir die Verfolger denn nie mehr los? Wir sind doch längst heraus aus Kansas und bald durch Colorado.«
»Hier!« Jubal schlug auf die Tasche an seinem Sattel. »Achtzehntausend Bucks. Dafür reiten manche Männer bis in die Hölle!«
Tex hob das Gewehr an und repetierte es.
»Sie sind zu weit weg!«, knurrte Ringo.
»Wir müssen schießen, bevor es da unten zu dunkel ist«, entgegnete Tex.
»Er hat recht«, stimmte der Bandenführer zu, hob ebenfalls das Gewehr an und zielte auf die Reiter.
Der Abglanz des Sonnenlichts traf noch die Messingschlösser der Waffen. Das Buschwerk bewegte sich. Und weil es auf der Höhe wesentlich heller als unten im Canyon war, sahen die nahenden Reiter, was sie erwartete.
Sie sprangen gleichzeitig von den Pferden und liefen in den Schutz der Wände.
Krachend entluden sich die Gewehre der Banditen. Das Wummern hallte von den Steilwänden wider.
Howard feuerte so schnell, dass es Chet kaum gelang, die einzelnen Schüsse zu zählen. Er feuerte selbst mit. Ihre Kugeln zerfetzten das dürre Gestrüpp auf der Höhe, in das einer der Reiter stürzte.
Die beiden anderen erkannten noch rasch genug die Gefährlichkeit ihres Unterfangenen und ergriffen die Flucht.
»Die schnappen wir jetzt!« Howard rannte zu seinem Rappen, saß auf und trieb das Tier brutal vorwärts.
Chet hatte Mühe, den Anschluss nicht zu verlieren.
Je dichter die Canyonwände zusammentraten, um so dunkler wurde es. Zudem lag Geröll auf dem Boden. Chet ließ den Fuchshengst langsamer gehen, um das Tier nicht in die Gefahr zu bringen, ein Bein zu brechen.
Howard hielt weiter oben und schaute zurück. »Wo bleiben Sie denn?«, brüllte er.
»... Sie denn ... Sie denn... denn?«, hallte das Echo durch die Schlucht.
Chet antwortete nicht. Er ritt, so schnell es risikolos ging, aber der angebliche Marshal wartete.
»Sie wollen wohl, dass die Schurken entkommen?«
»Ich will mein Pferd nicht verlieren. «
»Mann, Sie kassieren dreihundert Bucks, wenn die Banditen in der Hölle sind!«
»Mein Pferd ist für mich mehr als dreihundert Dollar wert«, erwiderte Chet schroff. »Und übrigens, wer sagt Ihnen denn, dass die alle kämpfen, bis sie tot sind?«
»Was?« Howard furchte die Stirn. »Was reden Sie da?«
»Es klingt, als wollten Sie keine Gefangenen machen.«
»Ach so. Ja, das stimmt. Ich habe keine Lust, mit diesen Höllenhunden bis Kansas reiten zu müssen und dabei jede Nacht hundertmal mein Leben zu riskieren. Das sollte Ihnen eigentlich einleuchten. Außerdem bedeutet eine solche Strapaze meinerseits nur ein Volksfest für die Leute in Newman und einen Strick um den Hals für die Banditen. Beide zahlen mir keinen müden Cent dafür. Deswegen habe ich kein Interesse, die Banditen zu schonen. Schonung wurde dem Saloonkeeper auch nicht zuteil, den sie ausraubten. Oder habe ich Ihnen nicht gesagt, dass wir ihn mit einem Messer im Rücken fanden? Tot!«
»Nein.«
»Jetzt wissen Sie es.« Howard trieb sein Pferd wieder an.
Als sie den toten Tex fanden, dunkelte es auch auf den Höhen bereits. Der letzte Schimmer des Abendrots verglomm im Westen.
»Das Rattengesicht.« Howard stieg ab und wälzte den Toten durch das raschelnde Gestrüpp.
»Wie hieß er?«
»Soviel ich weiß, nannten sie ihn Tex. Keine Ahnung, ob er so wirklich hieß. Nun sind nur noch die beiden Hengstons übrig. Aber es ist nur Jubal, der Ältere, für den es die Kopfprämie gibt!«
»Ich bin bestimmt nicht deswegen mit Ihnen geritten.« Chet stieg ab und beugte sich tief über den Boden, um die Spuren auf der kargen Höhe aufnehmen zu können.
»Die wissen, dass wir nicht lockerlassen«, murmelte Howard. »Die lauern irgendwo, weil wir sonst bis Kalifornien an ihren Fersen hängen. Und das will Jubal Hengston verhindern.«
Chet nahm sein Pferd mit, als er sich auf den fadenscheinigen Spuren nach Westen entfernte. Hinter der Felsschulter führte ein Pfad sanft in das Schluchtengewirr der Sawatch Mountains hinunter. Gras spross in kleinen Spalten. Dort, wo die Hufe es niederwalzten, erkannte Chet den Weg der flüchtenden Banditen.
Ein Stück abwärts stand das ledige Pferd mit zitternden Flanken. Die Banditen hatten sich für Tex' Tier nicht interessiert, schienen nicht der Meinung zu sein, es noch brauchen zu können. Möglicherweise hatten sie darüber aber nicht nachgedacht, sondern zunächst einmal blindlings das Weite gesucht.
Howard brachte den Toten auf seinem Pferd mit, hielt das Tier bei einer Höhle an, hob die leblose Gestalt herunter und schob sie in die Öffnung im Berg. Er legte ein paar Steine vor den niedrigen Zugang und ging weiter.
Weil immer noch Wölfe in die Höhle eindringen konnten, ging Chet zurück und baute den Spalt ganz zu.
Howard grinste ihn durch die Dunkelheit an, schwieg aber.
Chet führte den Fuchshengst vorbei. Spuren fand er wegen der Dunkelheit hier unten nicht mehr. Aber die Banditen konnten keinen anderen Weg als diesen genommen haben. Er führte direkt nach Westen, dahin, wohin die Kerle wollten, seit sie sich auf der Flucht befanden.
Der erste Hohlweg zweigte eine halbe Meile weiter westlich aus der Schlucht ab. Chet ließ den Zügel aus der Hand gleiten, rieb ein Schwefelholz an und leuchtete den Boden ab.
Der schwache Lichtschein geisterte über die morschen Felsen. Schatten zuckten über den Boden.
»Sehen Sie noch was?«
Chet ließ das Holz fallen und richtete sich auf. Die kleine Flamme verlosch.
»Und?«
»Sie sind geradeaus weiter.«
»Das wusste ich doch!«
Sie liefen rechts und links an den Wänden, bis der Marshal ein Zischen ausstieß. Chet blieb sofort stehen.
»Ich rieche sie förmlich!«, flüsterte Howard. »Sie nicht?«
»Nein, Marshal. Ich war den Kerlen nie nahe genug, um ihren Geruch aufnehmen zu können.«
Die Ironie in Chets Stimme ließ Howard lästerlich fluchen. »So wörtlich meine ich es doch nicht!«
»Entschuldigen Sie, Marshal, das konnte ich nicht ahnen.«
»Wir umwickeln die Pferdehufe mit Lappen!«, befahl Howard. »Haben Sie so was dabei?«
»Für mein Pferd schon.«
»Das genügt. Für mein Pferd habe ich Lederlappen.«
Sie umwickelten die Hufe. Dann standen sie mitten im Canyon nebeneinander und schauten in die Schwärze, die sie umgab.
»Die sind in der Nähe«, wiederholte der Marshal.
»Dann sollten wir die Pferde vielleicht zurücklassen.«
»Warum das?«
»Damit sie uns bestimmt nicht hören.«
»Nein. Wenn die Schurken abhauen, sind wir auf die Gäule dringend angewiesen. Wir nehmen sie mit.«