Читать книгу Die gestohlenen Mustangs - Heinz Squarra - Страница 6

1

Оглавление

Das „Grizzlytal“ ist für einen Überfall wie geschaffen. Gut gedeckt liegen die Banditen hinter den Gipfeln und Graten, die das Tal einschließen. Sie halten ihre Winchestergewehre bereit und warten.

Sie wissen: Bob Hudson ist allein. Sein junger Partner, Mike Cadwell, befindet sich auf einer Fährte, und diese wird ihn sicher weit weggeführt haben und mindestens noch vierundzwanzig Stunden fern halten.

Unten auf der Talsohle steht die Hütte. Leichter Rauch kräuselt sich aus dem verwitterten Schornstein und steigt kerzengerade in die Luft. Und neben der Hütte der Corral. Fünfzig Rassepferde, kaum richtig eingebrochen, jagen darin auf und ab.

Buster Burnett ist der Anführer der Bande. Er liegt hinter seinem Gewehrlauf und sieht unentwegt in den Corral hinunter. Ah, denkt er. Die Mühe lohnt sich. Fünfzig Renner. Jeder davon seine achtzig Dollar wert. Teufel nochmal! Wo steckt der Alte? Kann er sich denn stundenlang in der Hütte vergraben? Vielleicht ist er gar nicht da? Schleicht irgendwo durch die Gegend?

Doch plötzlich zischt Tommy Steale neben ihm.

Buster Burnetts Kopf ruckt herum.

Die Hüttentür knarrt, und der alte Jäger steht auf der Schwelle. Er blickt sich suchend um. Dann geht er langsam zum Corral hinüber.

Die Banditen sehen ihren Boss an. Ihre Gesichter sind kantig, die Finger liegen an den Abzügen.

Burnett nickt. „Okay, gebt‘s ihm!“

Und dann krachen die Gewehre. Die Salve rollt über die Berge, ins Tal hinunter und an der anderen Talwand bricht sich tausendfach der Schall der Schüsse.

Bob Hudson greift sich an die Brust und fällt. Er sieht vor sich einen unendlichen Abgrund und fällt und fällt – immer tiefer. Und um ihn wird es dunkel, immer dunkler, schwarze Nacht.

Er schlägt, auf, liegt benommen, und das Leben entflieht aus seinem Körper. Aber er ist noch nicht tot. Nein, sein Körper ist zäh wie der einer Katze.

Die Banditen springen auf, jubeln sich zu und schlagen sich dröhnend auf die Schultern. Wie Bergziegen klettern sie von Vorsprung zu Vorsprung und erreichen das Tal.

Sie springen über den gefallenen Bob Hudson hinweg, reißen das Corralgatter nieder und stürmen zu den Mustangs, die ängstlich in die äußerste Ecke fliehen.

Ken Waasen ist der letzte der Banditen. Er schafft es nicht mehr, denn jetzt hat sich Bob Hudson mit letzter Kraft etwas aufgerichtet.

Er zieht seinen langen Colt aus dem Halfter, sinkt wieder zusammen und presst den Kopf ins feuchte Gras. Fünf Sekunden vergehen. Dann hat er die letzten Kräfte gesammelt, hebt noch einmal den Kopf und schlägt den Colt an.

Trocken entlädt sich die Waffe.

Ken Waasen schreit, fasst sich an die Schulter und ruckt herum.

Aber da ist Bob Hudson schon wieder zusammengesunken. Schwer fällt sein Kopf auf die Erde. Er ist tot.

Lester Marwick und Earl Loover eilen ihrem Kumpan zu Hilfe. Sie stützen ihn.

„Hölle, er war noch nicht tot!“, knirscht Earl Loover.

Langsam lassen sie den Kumpan zurücksinken. Lester reißt das Hemd auf. Er untersucht die Wunde, zuckt dann die Schultern.

„Steckschuss! Sterben wird er daran nicht, aber er braucht nen Doc. Yeah, ‘nen Doc – und den möglichst bald.“

Buster Burnett kommt heran. Er besieht sich die Sache, knirscht mit den Zähnen und blickt dann zu Hudson hinüber.

„Bis Stanton sind es zwei Tage. Lester, wird er es schaffen?“

„Yeah, das könnte sein. Im Canyon ist es kühl und einen Tag wird er durch die Prärie kommen, ohne dass ihn der Brand erwischt. Yeah, Buster, hoffen wir es!“

Inzwischen haben die anderen Banditen die Mustangs zum großen Teil eingefangen. Die Pferde sind nicht mehr wild, sie sind aber auch nicht gerade zahm.

Mike Cadwell benutzte jede freie Minute, um die Tiere einzubrechen, aber fünfzig Mustangs sind eine Menge Tiere.

Am schwierigsten wird es mit King, dem rabenschwarzen Leithengst. Er läuft schon ein ganzes Jahr in diesem Corral und Mike hatte mit ihm viel Mühe. Auch jetzt duldet er keinen anderen Reiter auf seinem Rücken. Er steigt hoch, schlägt aus und lässt sich zur Seite fallen. Hin und her rollt er. Seine Hufe wirbeln durch die Luft.

Ängstlich springen die Banditen zur Seite. Sie ziehen ihre Lassos zurück und rollen sie neu auf.

King steht wieder blitzschnell auf den Beinen.

Tommy Steale wirft die Lederschlaufe und stemmt die Beine fest auf den Boden. Aber der Hengst springt, krümmt sich wie eine Katze und schnellt, sobald er die Erde berührt, auf den Banditen zu.

Tommy hechtet nach der Seite. Knapp entgeht er den trommelnden Hufen. Grasnarben fliegen und die anderen Tiere werden immer unruhiger.

Ah, King ist ein wildes Pferd. Sicher hätte Buster Burnett auf den Hengst verzichtet, wenn er nicht die besondere Klasse des Tieres auf den ersten Blick erkennen würde. Nein, er will ihn haben. Selbst will er dieses Pferd besitzen.

Und so treibt er seine Männer immer wieder durch wüste Zurufe an. Er mischt sich selbst unter sie und sein Lasso kreist.

King stampft an der Einzäunung entlang. Tief hält er den schmalen Kopf, so tief wie ein gereizter Stier. Er gebärdet sich sehr wild, dabei reagiert er bei Mike Cadwell auf einen Pfiff. Aber davon haben die Banditen keine Ahnung.

No, sie kennen den jungen Cadwell gar nicht. Doch, einer: Tommy Steale, der das Tal seit einer Woche beobachtet hat. Dann gelingt es ihnen doch. King ist in die Schlinge gelaufen, jetzt wird er an vier Lassos genommen, und die Banditen schleifen ihn aus dem Corral. Sie können die anderen Tiere leicht zusammenhalten. All diese Mustangs haben King als ihren Leithengst anerkannt. Sie folgen ihm.

Die Banditen jagen die Mustangs in den schmalen Reed River-Canyon. Vier Mann befinden sich an der Spitze. Jeder hält eines der Lassos, die um Kings Hals liegen.

Lester Marwick und Earl Loover helfen dem verwundeten Ken Waasen in den Sattel. Sie folgen hinter dem Pferderudel.

Buster Burnett bleibt am Ausgang des Tales stehen und sieht Tommy Steale an.

„Okay“, grunzt er. „Es bleibt, wie besprochen. Du wartest auf diesen Cadwell, oder wie er heißt, gibst ihm ne sichere Kugel, und folgst uns so schnell du kannst. Du hast zwei Pferde, wenn du das seine mit benutzt. Bis Stanton holst du uns sicher ein. Wir haben durch Ken dort sowieso eine Zeitlang Aufenthalt.“

„Okay, Boss, ich werde mich beeilen!“

Buster Burnett schwingt sich in den Sattel und jagt hinter seiner Bande her.

Tommy Steale sieht ihm eine Weile nach. Dann dreht er sich um und schlendert zur Hütte. Ich werde mir die Taschen füllen, denkt er dabei. Teufel, sie haben sicher Geld oder so etwas. Vielleicht haben sie sogar Gold gefunden. Yeah, im Laufe der Jahre sammelt sich vieles an. Buster, dieser verdammte Idiot, hat nur Augen für Pferde. Ah, er ist ein Trottel! Gut so!

Und so geht er nach der Hütte, verschwindet darin und beginnt in den Habseligkeiten der Mustangjäger zu wühlen. Er findet nicht viel. Immerhin, zweihundert Dollar in barer Münze sind dabei.

Dann setzt er sich auf die Bank vor der Hütte. Er sieht nach der Sonne. Heute kommt Cadwell nicht mehr, denkt er. No, vielleicht morgen Abend, eventuell auch erst übermorgen.

Und so stellt er das Gewehr neben sich an die Wand und dreht sich eine Zigarette.

Der aufgewirbelte Staub hat sich gesetzt. Der Hufschlag im Canyon ist verklungen. Rings um den wartenden Banditen ist es still und ruhig. Ein Bild des Friedens, das nur der offene Corral und der Tote an der Kante der Hütte stört.

Die gestohlenen Mustangs

Подняться наверх