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James

James hatte versucht, seine Entourage auf ein Minimum zu beschränken. Das hatte er wirklich. Schließlich hatte Theo ihn nicht erwartet, sodass das Sicherheitsrisiko minimal war. Theo Glass. Es war nicht der Name, den James erwartet hatte, aber Livy hatte es ihm mit den Notizkarten bestätigt, die ihre Mutter James gegeben hatte. Eine schnelle Anfrage an das Team von der Zeremonie hatte James eine Adresse verschafft, und, nun, hier war er. In Dagenham.

James hatte Mabel Smith erwartet. Aber Theo stand in der Haustür, sein Mund stand offen. James stand mit erhobener Faust da und wollte gerade anklopfen. Eine stämmige junge Frau mit einem purpurroten Kopftuch stand neben Theo, die Arme voller Bücher und Papiere. Ihre braunen Augen hinter einer dicken Brille wurden unvorstellbar groß, als sie James vor sich sah.

Er blickte zwischen die beiden hin und her und war sich des Sicherheitspersonals bewusst, das hinter ihm stand. »Ah«, sagte er und tat sein Bestes, um zu lächeln. »Tut mir leid, euch zu erschrecken. Theodore Glass? Wir haben uns heute Morgen getroffen.« Er streckte ihm seine Hand entgegen.

Theo blinzelte. »Ja«, sagte er schwach, streckte die Hand aus und zitterte. Seine Haut war weich. »Ich glaube, ich erinnere mich.«

In einer verblassten Jeans und einem T-Shirt sah er anders aus als heute früh in seinem gut sitzenden Anzug von der Stange. An seinen Füßen prangten plüschige Shrek-Pantoffeln mit grünen Hörnern. James fand, er sah süß aus, eher wie ein Kind. Es war nicht niedlich oder liebenswert oder etwas anderes, was sein Gehirn ihm sagen wollte. Die Absurdität ließ eher einen größeren Abstand zwischen ihnen entstehen.

»Ich bin James«, sagte er zu der jungen Frau und hielt auch ihr seine Hand hin. »Es ist mir ein Vergnügen, Sie kennenzulernen.«

»Sal … Asali Indra«, stammelte sie. »So schön … Ich fühle mich geehrt … Euer Ehren … Euer Gnaden …?«

»Eure Königliche Hoheit«, sagte Theo leise. Er klang verwirrt und hatte James noch nicht aus den Augen gelassen. Er sah nicht gerade erfreut aus, ihn zu sehen. Eher wie ein wildes Tier, das in einem Käfig gefangen war.

James räusperte sich und richtete seine Krawatte. Das war eine monumental schlechte Idee gewesen. »Es tut mir so leid«, sagte er. »Ich hätte angerufen, aber ich wusste nicht, ob du auflegen würdest.«

»Schon gut«, sagte Theo trocken.

Sein blondes Haar hatte etwas von dem verloren, womit es früher am Tag gestylt worden war, und eine Locke ragte über seine Stirn.

Nicht niedlich, knurrte James innerlich.

Warum musste er so süß aussehen, wenn er so kratzbürstig war? »Ich habe mich gefragt, ob ich dich für einen Moment belästigen dürfte?«, wollte James wissen und deutete auf das Haus.

Theo schluckte, sein Adamsapfel wippte in seinem schlanken Hals. »Ich kann meine Oma holen, wenn Ihr wollt.«

»Eigentlich«, sagte James und gab sich Mühe, um sich nicht wieder zu räuspern, »hatte ich gehofft, mit dir zu sprechen.«

»Meine Mom erwartet mich sicher«, platzte es aus Asali heraus und sie drückte sich die Brille auf die Nase. »Zum Abendessen. Sie hat das Abendessen gemacht. Es hat mich gefreut, Euch kennenzulernen, Eure Königliche Hoheit.« Sie stolperte praktisch in ihrer Eile, um von der Haustür wegzukommen.

»Sal«, zischte Theo und warf ihr einen kurzen Blick zu, den James wahrscheinlich nicht sehen sollte.

Aber seine Freundin schüttelte den Kopf. »Wir reden später. Schönen Abend noch!« Sie winkte, drehte sich um und lief praktisch in James’ Sicherheitschef Dave Mills hinein.

James zuckte zusammen. Verdammt noch mal. Die meisten von Theos Nachbarn hingen wahrscheinlich an ihren Fenstern und schauten zu. Eine Schar kleiner Jungen, die auf der Straße Fußball spielte, hatte angehalten, um das Geschehen mit offenen Mündern zu beobachten. James hatte wirklich nicht beabsichtigt, eine solche Szene zu machen.

Asali huschte um das Sicherheitspersonal herum und ließ James und Theo so allein, wie sie sein konnten.

James brachte ein Lächeln zustande. »Also«, begann er und versuchte, lässig zu klingen. Normalerweise war er so cool und ruhig, wenn es um den Umgang mit Menschen ging. »Stört es dich, wenn ich hereinkomme? Mein Team wird draußen warten, sobald es die Räumlichkeiten überprüft hat.«

»Sobald es …?«, wiederholte Theo leise. »Kann ich wenigstens meine Oma vorher warnen?«

James nickte. »Natürlich. Auf jeden Fall«, sagte er.

Theo drehte sich auf dem Absatz um und schüttelte den Kopf. »OMA!«, brüllte er mit einer Lautstärke durch das Haus, die für einen so kleinen Mann beeindruckend war. James zuckte fast zusammen. »Wir haben Gesellschaft!«

James konnte ehrlich behaupten, dass er in seinem ganzen Leben noch nie auf diese Weise angekündigt worden war. Obwohl es ein Reihenhaus war, war es nicht so klein, wie James erwartet hatte. Nicht wie die Reihen an Reihen, die man dicht gedrängt im Zentrum Londons und oben in den Städten des Nordens sah. Angenehm große, rote und cremefarbene Backsteinhäuser standen in einer aufwendig geplanten Bebauung aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in ordentlichen Gruppen von Vieren, Sechsen oder Achten zusammen. Es war offenbar die größte öffentliche Wohnanlage der Welt. Dave ging nie irgendwo hin, ohne vorher Nachforschungen anzustellen.

James folgte Theo, vorbei an den Rollcontainern und überquellenden Hängekörben an der Vordertreppe. Sie gingen durch die rötlich-braune Tür ins Innere des Hauses, dicht gefolgt von Dave. James warf einen Blick zum Auto, wo sein Fahrer Manjeet ihm zwei Daumen hochhielt. James war froh, dass zumindest einer dies für eine gute Idee hielt.

Theo stand in der Mitte des Wohnzimmers mit verschränkten Armen und beäugte James vorsichtig.

James war sich bewusst, dass sein Team die Räume oben und unten inspizierte. »Ich nehme an, deine Großmutter ist zu Hause?«, fragte er in der Hoffnung, die Spannung zu entschärfen. »Das ist ihr Haus, nicht wahr?«

»Ja«, antwortete Theo misstrauisch. »Ich glaube, sie hat mich draußen nicht gehört. Ich schätze, Ihr habt unsere Adresse von dieser Ordensverleihungssache?«

»Du wohnst auch hier?«, versicherte sich James und wich der Anschuldigung aus. Es war ja nicht illegal, die Adresse auf die Art und Weise zu bekommen, wie er sie erhalten hatte. Sie wurde immerhin als Hauptsitz der Wohltätigkeitsorganisation aufgeführt. Aber James musste zugeben, dass die Art, wie er die Dinge angegangen war, ein wenig unheimlich war. Aber wenn Theo nicht so feindselig zu ihm gewesen wäre, als sie getrennte Wege gegangen waren, hätte er es vielleicht riskiert, vorher anzurufen. Sein Plan war es gewesen, zuerst hierherzukommen und mit Mrs. Smith zu reden, sie vielleicht zu ermutigen, ein gutes Wort bei Theo einzulegen. Aber das war jetzt nicht mehr möglich. Er würde improvisieren müssen.

Theo nickte. »Seit ich dreizehn Jahre alt bin«, antwortete er auf James’ Frage.

James schätzte ihn auf Mitte zwanzig. Das hieß, er hatte etwa die Hälfte seines Lebens hier gelebt. Die Lounge sah sehr nach der einer älteren Dame aus. Es gab eine Menge Deckchen und Porzellandekoration. James sah mindestens ein Dutzend Fotos von Theo sowie eine junge Frau, die Theo sehr ähnlich sah. Es gab nur eines von ihnen zusammen, als Theo etwa vier oder fünf Jahre alt war, sodass James vermutete, dass sie seine Mutter, Mabels Tochter, war. Wo war sie jetzt?

»Alles klar«, sagte Dave, als seine beiden Kollegen das Grundstück verließen. »Misses Smith ist immer noch im Garten.«

»Sie hat euch wahrscheinlich nicht einmal bemerkt«, sagte Theo mit einem Augenrollen.

»Nein, Sir«, sagte Dave mit hochgezogenen Augenbrauen. »Es sah nicht so aus.« Er nickte James zu und zog sich durch die Vordertür zurück.

James und Theo waren mal wieder unbeholfen in der Gesellschaft des anderen.

»Hört mal«, sagte Theo und hielt seine Hände hoch. »Wenn es um diese Vase geht, ich schwöre, dass ich sie nicht gestohlen habe.«

James schüttelte schnell den Kopf. »Nein, tut mir leid. Das war mein Fehler. Ich habe völlig überreagiert. Ich entschuldige mich dafür.«

Theo verengte seine haselnussbraunen Augen. »Okay«, sagte er langsam. »Nun … ich entschuldige mich dafür, dass ich mein Handy reingeschmuggelt habe. Das war echt scheiße von mir. Ich weiß, dass man mit einem Handy alle möglichen Dinge anstellen kann, und ich hätte vor meinen E-Mails daran denken sollen.« Er kaute auf seiner Lippe herum. »Also … deswegen seid Ihr den ganzen Weg hierhergekommen?«

»Oh, nein, eigentlich nicht«, sagte James. Er blickte auf die blumig gemusterte Couch und die dazu passenden Sessel. »Macht es dir etwas aus, wenn wir uns setzen?«

Theo zuckte mit den Schultern. »Möchtet Ihr eine Tasse Tee?«

James blinzelte. Er hatte nicht erwartet, dass ihm etwas angeboten würde. »Oh, ja, danke«, sagte er. »Wenn du einen trinkst?«

»Eigentlich«, sagte Theo, »wollte ich eine Rum-Cola trinken. Wir haben auch Bier, glaube ich, und Gin.« Er schmunzelte James an, aber es hatte etwas Verspieltes an sich. »Ich bezweifle, dass wir teure Weine haben, aber Oma hat zu Weihnachten immer Sherry da.«

James fühlte etwas Warmes in seiner Brust. War das ein Waffenstillstand? »Ich hätte gern ein Bier«, gab er zu.

Theo drehte sich um und ging zurück in den Flur, vermutlich um in die Küche zu gehen. James ging davon aus, dass man von ihm erwartete, ihm zu folgen, also tat er es.

Die Küchenschränke und Geräte hatten ins Auge stechende, mintgrüne und rostrot-orangene Farben. Ein grün-weißes Diamantpapier kleidete die Wände aus und braunes Linoleum lag unter ihren Füßen. Es war genauso makellos sauber wie der Salon.

»Wow«, rutschte es James heraus.

Theo schnaubte. »Ich wette, Eure Küche sieht nicht so aus.«

James war sich ziemlich sicher, dass er verspottet wurde, also sagte er nichts. Er war es gewohnt, dass sich die Menschen mit seinem Reichtum nicht wohlfühlten. Aber er war sich nicht sicher, ob er schon einmal in einem Haus von jemandem wie Theo gewesen war.

Theo holte eine Dose Heineken aus dem Kühlschrank und bot sie James an.

James zuckte nur ganz leicht und wollte nicht unhöflich sein. Aber mit einem leisen »Oh« drehte Theo sich um und holte ein Pintglas aus einem der Schränke. James war durchaus in der Lage, sein Bier selbst einzuschenken, aber Theo öffnete die Dose und tat es für ihn, bevor er protestieren konnte. Wahrscheinlich hielt er James für völlig schrecklich, weil er nicht aus der Dose trinken wollte, aber solche Gewohnheiten waren seit seiner Geburt fest in James verwurzelt. »Danke«, sagte James, als Theo ihm sein Getränk reichte. Es war kalt und erfrischend und genau das, was er brauchte, um seine Nerven zu beruhigen, und sei es nur, weil es seinen Händen etwas zu tun gab.

Theo schenkte sich mit geübter Leichtigkeit eine Rum-Cola aus dem Supermarkt ein und fügte ein paar seltsam geformte Eiswürfel hinzu, die wie Legosteine aussahen. Er hielt sein Glas Richtung James. »Prost«, sagte er mit einem fast schon amüsierten Gesichtsausdruck.

Das war definitiv ein Waffenstillstand.

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