Читать книгу Gabrielas Reise nach Trentino - Helena Zauber - Страница 6
Die unendliche Geschichte von Gabriela und Marcus
Оглавление„Nun erzähl schon!“, bittet Sylvia Gabriela. „Wir hatten doch verabredet, dass wir uns auf unserer Fahrt alles genau erzählen und außerdem bin ich auch neugierig! Fang schon an, ich will alles wissen, wie es begann bis zum Ende im Mai. Außerdem haben wir bis München mindestens vier Stunden Zeit!“
„Okay, ich fang ja schon an!“, lacht Gabriela, „aber, wenn es dir zu viel wird, sag bitte Bescheid.“, fügt sie hinzu.
„Ja, ja!“, winkt Sylvia ab, „mache ich!“
Gabriela schaut lächelnd zu ihr und überlegt, wie hat es angefangen?
„Es war im Sommer 2011 und ich hatte im Frühjahr noch einmal versucht, meine Ehe mit Ulf zu retten. Aber nach drei Monaten merkte ich, dass er sich nicht mehr ändern will oder kann und mir weiterhin an allem die alleinige Schuld gab. Allmählich kamen mir der Wille und die Lust auf eine Zweisamkeit mit Ulf abhanden. Sein Desinteresse an mir, dem was ich tat und plante, taten mir weh. Es machten sich Sehnsüchte in mir breit, nach Nähe,
Kommunikation und Zärtlichkeiten. Aber damals war ich noch nicht bereit, mich offiziell von Ulf zu trennen.“
„Ja, das kenne ich“, meldet sich Sylvia dazu: „Das war bei mir ähnlich! Du siehst, wir haben mehr Gemeinsamkeit, als du ahnst“, fügt sie lächelnd hinzu.
Und weiter: „Du hast bestimmt gedacht, das muss doch auch irgendwie anders gehen!“
„Ja das stimmt! Ich dachte, dass ich mir vielleicht erst mal jemanden für eine Affäre suche und dann in Ruhe die Trennung von Ulf plane oder so.
„So ähnlich ging es mir auch, aber ich war, als ich diese Gedanken hatte, schon getrennt von meinem Werner. Aber die Vorstellung, eine Affäre zu haben, fand ich damals auch gut.
Nie mehr stationär, nur noch ambulant, war mein Kredo! “, wirft Sylvia lachend ein. Gabriela prustet los, kriegt sich nicht mehr ein.
„Der Spruch ist Klasse, Sylvia!“ Sie brauchen beide, bis sie sich wieder beruhigen, so sehr müssen beide nun lachen. Irgendwann kann Gabriela wieder reden und erinnert sich:
„Richtig wusste ich zu diesem Zeitpunkt nicht, was ich wollte. Da halfen auch alle Gespräche mit Freundinnen nicht. Eine hatte dann aber den Tipp, ich solle mich doch mal auf einer bestimmten Internetseite anmelden und schauen, was passiert. Es gebe viele in unserem Alter, die nicht loslassen können von einer langen Beziehung
aber unzufrieden in dieser sind. Ich überlegte eine Weile und kam dann zu dem Schluss, was schon passieren solle? Ich könne mich ja mal dort umschauen und meldete mich auf dieser Internetseite an. Oh je, was da los war, auf meinem Profil! Ich hatte doch tatsächlich innerhalb von zwei Tagen 150 Mails! Obwohl ich kein Foto eingestellt hatte. Entscheidend für die vielen Zuschriften war wohl, dass ich angegeben hatte, dass ich eine Affäre suche.“
„Lass mich raten“, meldet sich Sylvia wieder: „Es waren keine für dich aufregenden oder deine Sinne anregenden Zuschriften dabei, bis dann das Schreiben von deinem Marcus kam.“
„Hey, ja das stimmt und ich erinnere mich noch an jedes Wort:
,Hallo Unbekannte, bevor ich mit der Tür ins Haus falle, stelle ich mich mal kurz vor.
Me in Name ist Marcus. Ich bin 46 Jahre alt. Bin etwas üb er 2 Meter groß und habe ein paar P fund e zu v i e l. Ich lebe in einer langweiligen Beziehung. Wegen Selbstständigkeit und aus finanziellen Gr ünd e n bin ich leider (noch) zu feige auszusteigen.
Ich bin ein r uhig er Ge nussm e nsch. Kein Matcho od er Pr oll. U n ter hal te mich gern und liebe es bei in tere ssan te n Ge sp r äch e n zuzuhören.
Ich mag s e h r g er n e lang e s schön e s K usch e ln und K nu t sch e n. So w i e s tre ich e ln , massieren und schöne Erotik ohne Zwang und H et z e . Drogen, Gewalt, Ni k o t in , A l k oholi ker, Schmutz und Siff, F er ns e hdau er schau er (GZSZ, DSDS, R ich ter sho w und wie sie all e heißen...) sind für mich ein absolutes ,No go´.
Vielleicht habe ich ja G lüc k und wir hab e n e inig e G e m e i n s a m k e i t e n . Dein A l ter und A uss e h e n ist für mich z we i tr angig. B ild er aus t ausch ist für mich nich t nötig.
Ich such e kein ONS! Nur für läng er ohne Terminstress.
Ich bin für das di rekte Date nach einem Telefongespräch. Irgendwo an einem n ette n
Ort ( Re s t au r an t, Caf é , …) wo man sich, beschnuppern´ kann um zu sehen, ob da vielleicht eine gemeinsame Chemie ist. Ich bin ehrlich und nich t nach tr ag e nd , falls es nich t k lapp e n soll te .
Ich w ü r d e mich freuen, von di r zu lesen. Auch wenn es , n e ga t i v´ ist. Vielleicht bis bald...
Marcus aus der Hansestadt Hamburg´.“
„Wow, das las sich bestimmt toll! Irgendwie total passend, auch von den ähnlichen Lebenssituationen damals her! Oder?“, wirft nun wieder Sylvia ein:
„Wie hast du geantwortet? Dass du geantwortet hast ist mir klar!“, fügt sie hinzu.
„Klar, habe ich geantwortet!“, lacht Gabriela; „das hättest du auch gemacht, oder?“ Sylvia nickt und blickt kurz zu ihrer Freundin um ihr zu signalisieren, weiter zu erzählen.
„Also ich habe geschrieben:
, Hallo Marcus,
wir hab e n v i e l e Gemeinsamkeiten, b e sond er s das mit den F er ns e hs e ndung e n. Leider bin ich dem Ni k o t in verfallen, wie man unschwer in meinem Profil erkennen kann. Auch trinke ich g er n e mal ein G läsch e n Wein und auf Feiern auch Cuba Libré.
Aber bei mir ist es auch ähnlich in der Beziehung, habe di e gleichen Gründe nich t auszusteigen. Auch alles and ere passt.
LG Gabriela´“
„Klasse, wie ging es weiter?“ fragt Sylvia: „Dass es weiter ging, weiß ich ja“, kichert sie dann.
„Hm, wie ging es weiter?“, murmelt Gabriela und denkt schmunzelnd zurück.
„Wir hatten täglich über E-Mail Kontakt. Von dieser Internetseite hatten wir uns schnell abgemeldet. Aber hauptsächlich wegen mir. Wenn ich dort on war, bekam ich auch sofort Nachrichten. Es nervte einfach, wenn die immer aufploppten, während ich Marcus eine Nachricht schrieb. Na, das kennst du vielleicht ja auch. Wir schrieben also jeden Tag und manchmal rief Marcus auch an. Schnell verabredeten wir unser erstes Treffen.“
Plötzlich wird sie mit hoher Geschwindigkeit nach vorne gedrückt und muss sich mit den Armen abstützen.
„Sorry, der vor uns ist ohne blinken auf unsere Spur gekommen“, entschuldigt sich Sylvia und fragt: „Alles gut?“
„Ja, klar! Das habe ich auch ganz oft, wenn ich unterwegs bin! Keine Ahnung, warum so viele nicht blinken, wenn sie die Spur wechseln!“
„Ja, das kenne ich auch noch von meinen Fahrten und ich achte schon immer darauf, aber dieser war besonders spontan. Aber erzähle bitte weiter. Ich finde das total spannend, auch weil ich doch so einiges höre, was ich ähnlich erlebt habe. Aber das erzähle ich dir, wenn wir getauscht haben.“
„Ja, das glaube ich dir. Ich denke, dass Frauen über 50 so einiges erleben bei der Partnersuche im Netz. Ich höre da von Freundinnen oft Sachen, die glaubt man kaum. Darüber müsste man tatsächlich mal ein Buch schreiben!“, kichert sie.
Aber dann fällt ihr das erste Date mit Marcus, als wäre es gestern, ein. Und so berichtet sie darüber so lebendig, dass Sylvia gespannt zuhört, ohne ihre Aufmerksamkeit für das Fahren zu verlieren. Kurz denkt sie daran, wie oft sie damals als Bezirksleiterin während der Fahrten nach hause noch telefoniert hat. Das würde ich heute auch nicht mehr machen, denkt sie kurz, um dann weiter den Worten Gabrielas zu lauschen.