Читать книгу Gabrielas Reise nach Trentino - Helena Zauber - Страница 8

Das zweite Treffen

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„Das zweite Treffen war genau drei Wochen nach unserem ersten Tag, wieder ein Sonnabend. Samstags hatte ich immer um 14:00 Uhr Feierabend.

Marcus rief gegen 12:30 Uhr in meinem kleinen Laden an:

,Hallo Zaubermaus, was hältst du von einem Kaffee mit Kuchen nach Ladenschluss. Du kochst Kaffee und ich bringe Kuchen mit. Bin gerade in deiner Nähe und wollte mir deinen kleinen Laden ansehen! Hast du einen besonderen Wunsch, was für Kuchen ich mitbringen soll?´

Ich war so perplex und freudig überrascht, dass ich zunächst gar nicht antworten konnte

und Marcus nachfragte:

,Hallo, Zaubermaus! Bist du da? Oder hast du heute Nachmittag keine Zeit? Hallo!´ Nach einer gefühlten Ewigkeit, konnte ich antworten:

,Doch, doch, ich bin da! Gerne Kaffee und Kuchen! Ich habe auch Zeit! Bin bloß gerade so freudig überrascht! Hallo erst mal! Ja und ich mag nur Marzipan und Kokos nicht.´

,Na super. Ich freue mich auf Dich, Zaubermaus! Endlich können wir uns wieder richtig in die Arme nehmen und küssen. In etwa einer Stunde bin ich bei dir! Dicken Kuss Maus! Bis gleich!´

,Dicken Kuss zurück! Ich freue mich auch!´, antwortete ich schnell.

Ich war so aufgeregt und konnte kaum abwarten, den Laden schließen zu können. Dann deckte ich so gut es ging in meinem kleinen Büro den Tisch, kochte Kaffee und schaute dauernd auf die Uhr. Dann waren es noch zwanzig Minuten vielleicht bis ich Marcus endlich wieder in die Arme nehmen konnte.

Aber als ich durch die Ladentür nach draußen schaute, sah ich ihn schon auf den Laden zu kommen. Ich war doch tatsächlich so aufgeregt, wie ein Teeny. Das war ich ja schon nach seinem Anruf, aber nun schlug mir das Herz bis zum Hals.“

„Aber das war doch bestimmt ein tolles Gefühl für Dich, oder?“, fragt Sylvia und ahnt die Antwort.

„Ja, und wie toll! Es war unbeschreiblich, auch dass ich das noch so erleben konnte. Scheinbar ganz gelassen und ruhig betrat Marcus den Laden. Ich ging ihm aufgeregt entgegen, dann nahm er mich gleich in die Arme, wir küssten uns heiß und innig. Danach sahen wir uns strahlend an und Marcus sagte:

,Hallo Zaubermaus, da bin ich und ich habe auch Kuchen mitgebracht. Schön, dass es endlich geklappt hat.´

Ich zog ihn in mein kleines Büro und er staunte, wie gemütlich es dort war. Beim Kaffee trinken und Kuchen essen gab Marcus mir immer wieder zwischendurch einen Kuss. Wir haben rumgealbert und so viel gelacht. Plötzlich hat es an der Ladentür geklopft und wir bekamen beide einen Riesenschreck. Wer könnte das sein, fragten wir uns. Aber es war nur der Hausmeister, der dachte, ich hätte vergessen, Licht auszumachen.“

Auch bei dieser Erinnerung muss Gabriela wieder schmunzeln. Sie schaut aus dem Fenster und sieht, wie die Landschaft an ihr vorbei zieht. Die Frauen kommen gut voran und liegen gut in der Zeit.

„So so, Sylvia, du glaubst also nicht, dass wir in sieben Stunden in Bozen sind?“, neckt sie ihre Freundin. Diese antwortet:

„Ja, wir kommen heute echt gut durch. Das habe ich in meiner Pendlerzeit selten erlebt. Aber ich befürchte, dass das vor dem Brenner vorbei ist!“

„Ich hoffe ja, dass wir spätestens bis 19:00 Uhr da sind, dann habe ich noch eine knappe Stunde bis Pian dei Pradi und kann noch in Ruhe Pizza essen im Hotel. Ich habe im Internet gelesen, dass es dort sehr gute Pizzen gibt.“

„Das hoffe ich auch für Dich, aber meine Erfahrungen auf dieser Tour sind leider anders. Vielleicht haben wir ja heute Glück! Und nun erzähl schon weiter!“, fordert Sylvia ihre Nochbeifahrerin lächelnd auf.

„Ich erklärte dem Hausmeister, dass ich noch Buchhaltung machen müsste, worüber Marcus herzlich lachte:

,So so, Maus! Das nennt man jetzt Buchhaltung!´, und zeigte auf den gedeckten Tisch. Wir waren so verliebt und freuten uns über unser Wiedersehen. Später fuhren wir an die Elbe, gingen dort Hand in Hand spazieren. Wir hatten eine Decke mitgenommen.“

Gabriela hält wieder inne. Die Erinnerungen sind wieder sehr präsent. Sie lächelt und sagt:

„Weißt du, Sylvia, ich könnte dir jedes einzelne Treffen haargenau erzählen. Aber es waren im Laufe der neun Jahre so viele, da reicht unsere Fahrt bis Bozen mit Stau nicht aus. Wir waren zusammen im Urlaub, Marcus ist mitgekommen zu meinem Klassentreffen, zum Geburtstag meines Bruders in Leipzig. Mir bleiben ja die vielen schönen Erinnerungen an unsere Treffen. Zumal wir uns immer was einfallen lassen mussten, wo wir uns treffen würden. Manchmal haben wir uns einfach in einem Kornfeld oder unter Apfelbäumen getroffen. Das war im Sommer prima aber im Winter schwierig. Aber als ich dann in Bremen als Dozentin anfing, war es wieder einfacher, da ich in der Woche in einem Hotel blieb. Es blieb aber immer spannend, wann und wo wir uns treffen würden. Marcus war auch immer an meinem beruflichen Werdegang interessiert.“

„Aber er wollte sich nicht von seiner Frau trennen?“, fragt Sylvia nun nach.

„Nein, aber das wollte ich auch nicht. Na ja, vielleicht mal, nachdem ich geschieden war. Aber als ich dann vor vier Jahren meine erste eigene Wohnung einrichtete, fand ich es doch gut so, wie es war. Ich begann mein Leben zu genießen, ohne dass ich auf jemanden Rücksicht nehmen musste. Da ich beruflich ja auch immer öfter unterwegs war, kam mir diese Art einer Beziehung eher passend vor. Nun mussten wir nicht mehr überlegen, wo wir uns trafen. Marcus kam einfach zu mir nach hause. Aber dadurch wurde alles Routine. “

„Wie meinst du das?“, neugierig schaut Sylvia kurz zu Gabriela. Die lacht und sagt:

„Ich kam mir schon fast wie in einer Ehe vor! Es war immer das Gleiche: Marcus kam morgens mit belegten Brötchen zu mir. Ich ließ abends den Schlüssel stecken, so dass er zu mir hoch ins Schlafzimmer kommen konnte, wo ich ihn empfing. Wir hatten natürlich immer guten Sex. Aber irgendwie war nach zwei Jahren etwa bei mir die Spannung raus. Es war wirklich immer das Gleiche: Sex, dann frühstückten wir, danach noch mal Sex.

Manchmal kochte ich uns was zum Mittag, dann fuhr er wieder. Weißt du, solche Art Affäre muss ihre Spannung halten oder in eine andere Qualität einsteigen.“

„Wie meinst du das jetzt?“, fragt Sylvia kurz.

„Also, wenn man jemanden kennenlernt und richtig mit dem zusammen ist, gibt es ja auch die verschiedenen Phasen. Zuerst hat man die rosarote Brille auf. Ist schwer verliebt und hat ganz viel Sex. Dann kommt die Phase, in der man viel gemeinsam unternimmt, ins Kino, Essen gehen und so. Irgendwann dann Phase drei, man zieht zusammen und im besten Fall entwickelt sich eine tiefe Gemeinsamkeit und Liebe. Man bewältigt auch den Alltag miteinander, macht Pläne, fährt in den Urlaub, geht gemeinsam mit Freunden und Familie aus. Lernt die Kinder kennen usw. In der Zwischenzeit kannte Marcus meine Familie und auch einige meiner Freunde. Aber ich kannte keinen seiner Freunde, geschweige denn seine Kinder. An Feiertagen war er bei seiner Familie und ich bei meiner. Wir hatten keine dritte und vierte Phase.“

„Und dann war irgendwann die Spannung raus!“, stellt Sylvia nun fest.

„Ja, genau! Das fiel mir ganz bewusst zu meinem Geburtstag am Pfingstsonntag auf. Ich wollte nicht groß feiern. Nur gute Freunde, meine Kinder, meine Mutter hatte ich zu meinem 60. eingeladen und natürlich auch Marcus. Ein paar Tage vorher hatten wir uns noch getroffen und er versprach zu kommen. Aber er konnte nicht, weil irgendwas in seiner Familie vorgefallen war. Eine Freundin blieb mit ihren Kindern über Nacht. Als sie die beiden ins Bett brachte, es war schon 22:30 Uhr, fiel mir auf, dass Marcus mir nicht gefehlt hatte. Mein Tag war so toll, dass ich die ganze Zeit nicht an ihn dachte.“

„Oh ja, das ist ein Zeichen!“, wirft Sylvia ein.

„Ja, und ich habe mich selbst darüber erschrocken, als mir das bewusst wurde. Na und dann kam eins zum andern. Irgendwie war in seiner Familie der Wurm drin, dauernd passierte irgendwas und er regte sich bei mir über seine Eltern, seine Schwiegereltern, seine Kinder und sonst wen auf. Das hat mich echt genervt. Ich wollte davon nichts wissen!“

„Das kann ich verstehen, zumal du die ja alle nicht kennst!“, stimmt Sylvia zu.

„Ja, genau und so beschloss ich, es zu beenden, bevor wir im Bösen auseinander gehen würden. Auch hatte ich keine Lust mehr, auf immer das gleiche Ritual der Treffen.“

„Und er hat nicht versucht, dich umzustimmen?“, wundert sich Sylvia.

„Nein, er hat gemeint, das sei schade. Das war es!“

„Das finde ich sehr komisch. Nach so langer Zeit, immerhin waren es ja neun Jahre!“, Sylvia schüttelt mit dem Kopf. Dann sagt sie:

„Du hast schon recht. Es ist gut, dass du es beendet hast. So kannst du eure Treffen in guter Erinnerung behalten“, und lachend fügt sie hinzu:

„Vielleicht lernst du ja in Caldonazzo einen feschen Italiener kennen!“

Gabriela muss nun herzhaft lachen und kichernd sagt sie:

„Das haben Simone und ich heute Morgen schon gesagt. Nur das wir es noch mehr übertrieben haben und an einen italienischen Prinzen auf dem weißen Pferd gesprochen haben!“

„Na, dann weißt du ja, was dich dort erwartet!“, kichert Sylvia.

Inzwischen sind sie schon in der Nähe von Ingolstadt.

„Noch ca. eine Stunde und wir sind in München, wenn es weiter so gut läuft“, stellt Sylvia freudig fest.

„Was hältst du von einem kleinen Mittagsimbiss? Kurz vor München gibt es noch eine Raststätte. Wollen wir dort noch mal halten? Wir können dort dann auch Fahrerinnenwechsel machen“, schlägt sie noch vor.

„Ja, das ist eine gute Idee! So machen wir das“, stimmt Gabriela zu. Beide Frauen schweigen jetzt. Jede hängt ihren Gedanken nach.

Sylvia erinnert sich jetzt an ihre Pendlerzeit und was sie alles so im Internet auf Partnerbörsen erlebt hat und sagt dann plötzlich:

„Aber immerhin ist dir durch deine Langzeitaffäre allerhand erspart geblieben. Was glaubst du, was ich da alles auf diesen Partnerbörsen im Internet in den letzten zehn Jahren erlebt habe“, dann lacht sie und meint:

„Darüber kann ich echt ein ganzes Buch schreiben.“ Gabriela antwortet lachend:

„Ja, lass uns gemeinsam ein Buch schreiben. Titel: Was Frau ab 50 im WWW auf Partnerbörsen erleben und finden kann. Ich schreibe dann alles auf, was ich mit Marcus erlebt habe, den ich ja auch auf so einer Partnerbörse getroffen habe und du, was dir so begegnet ist.“

„Na ja, ich weiß nicht, ob ich dazu die Geduld habe, du bestimmt. Am besten du machst nachher dein Diktiergerät an, wenn ich dir meine Stories erzähle.“

„Hey, das ist eine prima Idee, Sylvia und wenn wir wieder zu Hause sind, schicke ich dir dann den Text zum Korrigieren.“

Sylvia lacht: „Dann kommen wir noch ganz groß raus, ins Fernsehen und diese ganzen Erlebnisse haben noch ihren Zweck bekommen!“

„Genau!“, stimmt Gabriela kichernd zu. Sylvia spinnt weiter:

„Dann musst du aber auch die Geschichte mit dem weißen Prinzen und dem italienischen Pferd da rein schreiben!“ Nun prusten die beiden Frauen gemeinsam los.

„Ja, ja die weißen Prinzen und die italienischen Pferde!“, kichert Gabriela und kann sich kaum beruhigen. Bis jetzt läuft doch alles prima, findet sie. Der Tag hatte ja schon in Leipzig fröhlich begonnen. So konnte es weiter gehen. Die ersten 420 km der Reise hatten die beiden Frauen in beachtlichen vierundeinhalb Stunden geschafft. Hoffentlich würde es für die restlichen knapp 400 km bis Pian dei Pradi auch so gut laufen, überlegte Gabriela.

Dann wäre sie tatsächlich gegen 19:00 Uhr in ihrem Hotel.

Gabrielas Reise nach Trentino

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