Читать книгу Liebe und Alltag in der DDR - Helena Zauber - Страница 11
8. Kapitel
ОглавлениеAm 31. 5., meinem 25.Geburtstag, morgens schrieb ich noch ein paar Zeilen, obwohl
„Guten Morgen mein lieber Fratz! Ich habe mich gestern Abend sehr über Deine Geburtstagskarte gefreut! Habe gar nicht damit gerechnet!
Jetzt ist es halb sechs und ich bin schon ne Weile wach und aufgestanden, obwohl ich schlecht geschlafen habe. Wir haben gestern noch das Zimmer umgeräumt. Da sich doch einige Leute zur Feier heute Abend angemeldet haben. Um 22:00 Uhr kam dann der kleine Michel zu mir und wollte bei mir schlafen. Oh man, der macht sich ganz schön dick.“
An diesen Geburtstag habe ich leider keine Erinnerung mehr. Wahrscheinlich hatte ich nur die Gedanken an meinen Besuch bei Hannes im Kopf. „Sonntag besuche ich meinen Fratz, was bedeutet da schon eine Geburtstagsfeier!“
Nachdem ich zwei Tage, am 6. 6. keinen und am 7. 6. nur einen kleinen Brief geschrieben habe, tat ich das am 8. 6., es war ein Samstag wieder ausführlich.
Dieser Brief beginnt wieder früh morgens vor der Arbeit (5:30 Uhr) und endet am folgenden Montagmorgen, damit ich ihn noch in den Briefkasten werfen konnte.
Natürlich beginnt dieser Brief mit:
„Mein lieber Fratz, Hannes! Erst einmal meinen herzlichen Glückwunsch zum 1. Hochzeitstag!“
Unseren 1. Hochzeitstag mussten wir nun jeder für sich alleine verbringen. Und so hatte ich auch gleich wieder Fragen an meinen Ehemann:
„Was ist mit Deinem Ausgang am Sonntag? Vielleicht kann jemand mit Dir die Wache tauschen, wenn Du eingeteilt bist. Schade, dass diese Woche keine Post von Dir gekommen ist! Was musstet Ihr denn wieder machen, abends? Aber das ist wohl überall bei der Armee so. Konni hat diese Woche auch keine Post von ihrem Frank.
Noch eine Woche , Fratz! Dann komme ich wieder zu Dir!
Ella hat immer noch keine Raufasertapete bekommen. Wenn ich nun doch andere kaufen muss, ist es ja nicht so schlimm. Die Decken sind ja weiß.
Ich war gestern wieder gucken, es sieht so aus, dass die Wohnung rechtzeitig fertig wird. Ach so: Den BMK-LKW bekomme ich nun doch nicht. So ein Mist, was? Na ich werde sehen, dass ich mit Marianne den Kleinkram rüber fahre. Die Möbel dann mit Deinen Kollegen und ihrem Multi-Car.“
Sonntagabend berichte ich, dass Konstanze vorsichtshalber ihre Anbauwand verkauft hat. Auch dass jetzt der Eingang unseres Hauses gestrichen ist und es nicht mehr lange bis zur Schlüsselübergabe dauern kann. Dann die Frage:
„Hoffentlich habe ich bald Post von Dir, sonst werde ich hier wahnsinnig! Warum hast Du denn nicht geschrieben? Ich liebe Dich doch so! Wenn ich Dienstag keine Post von Dir habe, werde ich sauer! Fratz, Fratz! Schreibe mir bloß bald! Ich muss doch auch wissen, ob Du Ausgang bekommst, auch wegen der Bude.“
Aber dann habe ich schon wieder Ideen, hier für die Einweihungsfeier der Wohnung:
„Die Einweihungsfeier für unsere Wohnung starten wir am besten, wenn Du da bist. Damit werden auch die Anderen, die helfen, einverstanden sein. Dann habe ich auch sicherlich schon die Möbel für das Wohnzimmer. So richtig kann ich mir das immer noch nicht vorstellen, dass ich in knapp einem Monat in unserer eigenen Wohnung sein werde. Fratz, schreibe mir bitte! Wenn Du diesen Brief liest, sind es nur noch vier oder fünf Tage bis ich zu Dir komme!“
Am Montagmorgen auch noch ein paar Zeilen, wie es Sonntag auf Arbeit war, dass ich Kartoffelsalat mit Paprika gemacht habe und dann die Worte:
„Heute sind es nur noch sechs Tage! Hoffentlich vergehen die so schnell, wie die Tage der letzten Woche. Fratz, ich liebe Dich ganz doll und freue mich schon so auf Sonntag! Du auch?“
Dann endlich kam Post von Hannes, sogar wieder zweimal. Auch er hatte, zu meiner Freude, an unseren Hochzeitstag gedacht:
Herzlichen Glückwunsch
zu unserem Hochzeitstag wünscht Dir ganz lieb Dein Hannes. Auf noch viele gemeinsame und glückliche Jahre mit Dir. Ich liebe Dich ganz, ganz, ganz, ganz, ganz, ganz doll!“,
stand zu meiner Freude quer geschrieben auf einer Briefkarte. Auf deren Rückseite dann kurz:
„Mein lieber Fratz! Ich habe Deine beiden Briefe natürlich erhalten. Muss Dir leider sagen, dass ich gar keine Zeit habe. Seit Montag ist hier Ballett, weil die ganze Woche Kontrolloffiziere von der Division hier sind. Ich liebe Dich ganz doll, aber ich muss aufhören, Stuben- und Revierreinigen ist gleich dran. Ich schreibe noch ausführlicher.“, und das tat er dann auch in seinem 10. Brief, den ich ja auch am 10. 6. erhalten habe.
D
ieser begann, wie immer mit:
„Meine lieber Fratz! Ich möchte nun endlich mal in Ruhe schreiben. Es ist morgens 3:30 Uhr und ich sitze hier mutterseelenallein auf dem Flur. Ja, ich habe Dienst, muss GUVD stehen und das am 1. Hochzeitstag. Fratz, sei mir nicht böse, dass ich noch nicht weiter geschrieben habe, aber ich hatte wirklich nicht viel Zeit diese Woche. Es war wieder verstärkter Stress. Der Tag ging von 6:00 bis 22:00 Uhr. Ich liebe Dich ganz doll. Wenn dieser Brief ankommt, sind es wohl bloß noch 5 oder 6 Tage bis zu unserem Treffen. Ja, Fratz, ich bin froh, dass ich `eine selbstständige, resolute Frau` habe. Sonst hätte ich Dich ja wohl nicht geheiratet. Dann bist Du ja sehr spät nach Hause gekommen, als Du das letzte Mal hier warst. Das tut mir leid, aber was will man machen. Ich bin gut ins Objekt gekommen, aber mein Bus fuhr auch erst um 23:00 Uhr. Ehe ich geschlafen habe, war es auch 23:45 Uhr. Aber es war ja doch noch ganz schön gewesen, trotz des Zwischenfalls mit dem Uffz. Dass die Wohnung Dir gefällt, freut mich aber auch. Ich bin jetzt auch schon immer ganz gespannt, wie sie aussehen wird. Mach Dich nicht selbst verrückt, wegen dem Umzug. Es wird schon alles klappen. Du wirst das Kind schon schaukeln, Ich habe vollstes Vertrauen in Dich. Ich werde wahrscheinlich Sylvester fahren (in VKU), das wäre dann vom 30. 12. nach Dienst bis zum 4. 1. zum Dienst früh 6:00. Wenn ich richtigen Urlaub habe, ist auch Dein Großfrei drin. Ich habe mal geguckt wegen dem 7. Oktober. Da dieser ein Montag ist, wäre es sehr günstig, wenn ich dann meinen ersten VKU bekommen würde. Dann wäre ich vom 4. 7. nach Dienst bis 9. 7. zum Dienst zu hause und Du hast auch gerade frei. Wenn das klappen würde, das wäre eine Wucht. Ja das sind die kleinen Träume hier. Der Zwischenfall mit Yvonne ist natürlich nicht gerade sehr schön, aber was soll´s. Lass es ruhen, wie es ist. So Fratz, nun ist es 4:30 Uhr. Ab 5:00 Uhr gibt es genug zu tun für mich. Sei ganz lieb gegrüßt von Deinem Hannes. Ich liebe Dich, wie verrückt!“
Es zeigte sich also, dass meine Idee, Hannes meinen Kalender zu schicken, genau richtig war. Ich freute mich natürlich auch, dass er den Brief dieser Yvonne nicht wichtig und ernst genommen hat. Dem entsprechend klang mein nächster (19.) Brief vom 10.6. als Antwort auf seine Briefe vom 8. und 9.6.:
Mein lieber Fratz Hannes!
Ich habe mich sehr über Deine beiden Briefe gefreut! Endlich Post von Dir! Musst Du die ganze Nacht auf dem Flur hocken? Wann schläfst Du denn dann? Kannst Du dabei wenigstens Radio hören?
Weißt Du nun schon, ob Du am Wochenende Wache hast?
Ja, wir lassen den Brief von Yvonne ruhen.
Heute bin ich mit dem Zug nach Hause gefahren. Es hat bei uns gewittert mit Hagel. Es wird wohl doch nicht der Jahrhundertsommer. Aber das kann uns ja nicht ärgern, dann musst Du nicht so sehr schwitzen. Morgen wollen Konstanze und ich nach der Arbeit gleich zum WKK fahren. Ich will fragen, wie das läuft mit dem Tag des Umzuges und Konni hat immer noch Ärger, wegen der Unterkunft. Sie will auch noch mal an den Major von Franks Einheit schreiben. Vom ZK hat sie die Antwort bekommen, ihr Fall werde bearbeitet. Ich halte mein Angebot aufrecht, dass sie zu mir kommen kann, wenn Du nicht da bist, aber offiziell in die Massenunterkunft zieht.
Heute habe ich wegen Sonntag an Manuela geschrieben. Hoffentlich klappt alles! Ich liebe Dich doch so!
Ach so: Könntest Du bitte auf Deine Brief das Datum vorne schreiben. Manchmal kommen die ja zu zweit hier an und ich weiß dann nicht, welchen soll ich zuerst lesen. Gute Nacht und ein dickes Küsschen von Deinem Fratz Helena.“
Am nächsten Morgen war ich schon um 4:00 Uhr wach, weil jemand vergessen hatte, sein Radio auszumachen und in Frei gefahren ist.
„Danach gab´s irre Träume. Hundekalt ist es auch. Den Träumen nach stehe ich freiwillig auf. Der Kälte nach möchte ich lieber im Bett bleiben. Mein Fratz, weißt Du schon, ob Du Wache hast am 16. 6.? Hoffentlich nicht! Ich liebe Dich ganz doll! Und heute ist erst Dienstag!“