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12. Kapitel

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I

ch kann es nicht mehr sagen, wie wir es hinbekommen

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Meine Vermutung, dass wir uns Donnerstag getroffen haben, entnehme ich den Zeilen in meinem 30. Brief vom 28. 6.:

Der Zug hatte wieder eine halbe Stunde Verspätung. Aber es waren Taxen da, so dass ich schon um 1:45 Uhr in der Unterkunft war. Es ist jetzt 18:00 Uhr und der Tag ist endlich gelaufen, d.h. ich habe alles erledigt, was ich heute machen musste, obwohl mein Fahrrad heute Morgen kaputt war. Aber erstmal zur Schlüsselübergabe. Die begann eine halbe Stunde später. Dann kam der Chef vom AWG-Stützpunkt und hat geredet. Danach mussten wir einzeln in die Küche. Ich war als erste dran. Es kam heraus, dass wir für die Renovierung der Wohnung 150 AWG-Stunden gutgeschrieben bekommen haben. Dann wären es nur noch 60, die Du nach der Armeezeit leisten müsstest. Aber die kann ich auch bezahlen. Das ist doch toll, oder? Die 180,00 Mark bekomme ich auch noch zusammen. Unsere zukünftigen Nachbarn haben rumgemosert, weil sie erst als 10. dran kamen. Sie waren mit einem Möbelwagen aus Jarmen vorgefahren. Aber sie mussten warten. Ach übrigens, an dem Schlafzimmerfenster ist ein Fahnenhalter angebracht. Darüber freust Du Dich doch besonders, oder?

Dann war ich noch einkaufen. Alles was wir ab morgen zum Renovieren brauchen und ein Fresskorb für die Helfer.“

Dann berichtete ich noch genau, wer uns was für die Wohnung geschenkt hat. Zum Schluss:

Das Wichtigste habe ich Dir nun geschrieben. Ach ja, für unsere Wohnungstür haben wir 5 Schlüssel bekommen. Du kannst also 3 verlieren. Ich liebe Dich mein Fratz Hannes. Lass es Dir im Feldlager nicht so schwer werden. Ich freue mich schon auf den 24. o. 25. o. 26. Juli“

Das mit den Schlüsseln war eine kleine Anspielung. Mein Hannes verlor öfter mal was, besonders irgendwelche Schlüssel, von der Arbeit oder der Wohnunterkunft. Später waren es auch gerne mal Tankdeckel von Leihwagen, bis er mal einen bezahlen musste.

Am morgen des 29. 6. meldete ich mich wie üblich wieder:

Guten Morgen mein Fratz! Heute geht es los. Ich warte jetzt auf Olaf.“

Ja jetzt ging das Renovieren los. Detailliert schilderte ich meinem Soldaten im Feldlager, wer was machen wird. Wichtig war mir das alles an diesem Wochenende fertig tapeziert ist. Ich dachte, dass ich das Streichen der Wände notfalls alleine schaffe.

Ich liebe Dich Fratz. Hoffentlich bist Du mit unserer Arbeit zufrieden. Ich bin ganz aufgeregt! Hoffentlich stelle ich mich nicht zu dämlich an. Ich habe zwar schon mal mit Mutti tapeziert und gemalert, aber das ist ewig her. Dein Werkzeug habe ich auch gleich mit in die Wohnung genommen. Hoffentlich musst Du nicht so lange auf diesen Brief warten. Wenn Du ihn liest, sind wir mit tapezieren und streichen fertig. Da er ziemlich lang ist, musst Du ihn wohl in Etappen lesen.“

Natürlich habe ich mich am Abend wieder gemeldet und einen Bericht über die geschaffte Arbeit geschrieben:

Guten Abend mein Fratz Hannes! Es ist jetzt 23:15 Uhr. Aber bekomme keinen Schreck, ich war schon um 21:00 Uhr bei Konni und hab mit ihr ferngesehen. Aber Gerald und Olaf haben wie ein altes eingespieltes Team zusammen gearbeitet. Um 10:00 Uhr hat Olaf die erste Bahn geklebt, um 19:30 Uhr die letzte. Sie haben beide Zimmer geschafft. Becker braucht morgen nur noch den Flur tapezieren! Ella und ich haben alle Fenster geputzt und gewischt. Morgen kann ich dann schon streichen. Die Farbe ist schon angerührt. Wenn Becker auch so fix ist, kann er mittags nach hause.“

Dann erzählte ich noch, dass unser Namensschild weg war. Keine Ahnung, wer das gebrauchen konnte. Aber ich hatte schnell ein neues gemacht. Am nächsten Morgen ging es schon ab 7:00 Uhr für mich weiter. Ich wollte noch Marianne treffen, wegen der Fahrten mit dem Kleinzeug und um 9:00 Uhr Becker abholen. Auch dass Olaf Montag die Lampen, die meisten hatten wir geschenkt bekommen, in der Wohnung anbringen wird u.v.m., was mit der Organisation der Renovierung zu tun hatte. Heute würde man sagen, es lief. Und ich brachte immer wieder meine Hoffnung an, dass alles meinem Fratz gefallen wird:

Ich freue mich schon auf Deine Augen, wenn Du nach Hause kommst in den Riemserweg 9 und das alles siehst! Du musst vom Bahnhof aus die H-Linie nehmen, nicht dass Du aus Versehen die G-Linie nimmst!“

Die fuhr damals in das Stadtviertel, in der unsere Wohnunterkunft war.

So nun muss ich aber los. Lass Dir die Zeit bis zum Urlaub nicht lang werden. Aber dafür sorgen ja schon Andere. Ich küsse Dich ganz doll und lange! Dein Fratz Helena.“

A

m 30. 6. abends beginnt mein Brief nach der

Heute war vielleicht ein Tag. Mariannes Auto muss morgen in die Werkstatt, ist aber noch fahrtüchtig. Deshalb haben wir heute schon alles in die Wohnung gefahren. Ich sitze hier nur noch mit einer Tasse einmal Besteck und Teller, ein paar Sachen und den Möbeln. Becker hat den Flur tapeziert. Ella und Olaf haben noch die Lampe und Bücher von Mutti vorbei gebracht. Als alle weg waren, 18:00 Uhr, habe ich noch das Wohnzimmer vorgestrichen. Und dann das erste Mal in unserer Wohnung geduscht! Herrlich, kann ich Dir sagen. Ein eigenes Bad!“

Ich berichtete von meinen Plänen für die nächsten Tage. Wann Olaf die Lampen und die Gardinenstangen anbringen wird. Es lief tatsächlich alles nach Plan. Und es war hilfreich, dass ich durch meine 10/4-Schichten, jetzt am Stück 4 Tage frei hatte.

Dann erzählte ich, dass in der Unterkunft Zoff unter den Mitbewohnern ist, die es kaum abwarten konnten, dass ich auszog, dass mich das aber nicht mehr interessierte. Abends war ich ja eh groggy, wenn ich von der Wohnung kam und wenn ich mal fernsehen wollte, ging ich zu Konstanze.

Der 1. Juli beginnt natürlich wieder mit einen Gruß und ein paar Zeilen für Hannes und was mir noch so einfiel, woran ich am Vortag nicht mehr gedacht hatte.

Karl und Becker wollen den Umzug alleine machen. Sie meinen, dass sie das zu zweit schaffen. Ich freue mich schon so auf Deinen Sonderurlaub und wie Du alles findest, was wir gemacht haben! In Deinem ersten Urlaub kommst Du gleich in unser Zuhause!“

Wenn ich das heute alles so lese, denke ich schon, dass ich seit Hannes bei der Armee war, permanent unter „Strom“ stand und mich im Wechselbad der Gefühle befand.

A

us dem 15. Brief von Hannes

Ich möchte Dir heute noch mal unter halbwegs normalen Bedingungen schreiben. Mein Bus fuhr um 22:55 Uhr. Ich war um 23:15 Uhr im Objekt. Weißt Du, wer im Bus saß? Unsere Vermieterin Manuela oder wie sie heißt. Habe sie natürlich über die Lage der Dinge aufgeklärt.“

Hannes und Namen, das passte nie zusammen! Dann berichtete er vom Armeealltag:

Habe vorhin meine erste Feldtasche gepackt. Die zweite nehme ich mir morgen vor. Wir hätten auch gleich unseren ganzen Schrank mitnehmen können, der ist jetzt schon fast leer. Für die drei Wochen habe ich nur noch zwei Mal Unterwäsche, drei Paar Socken und acht Kragenbinden. Du kannst Dir also vorstellen, wie das dann aussieht. Wegen dem Sonderurlaub habe ich noch mal gefragt. Ich habe dem Spieß gesagt, dass ich dann das erste Wochenende fahren würde. Wie viel Tage ich bekomme, hängt von seiner Laune ab, sagte er mir.“

Ich glaube mit „ihm“ meinte Hannes den Feldwebel, genannt Spieß. Das klingt schon gewaltig nach Willkür, wenn man das heute liest.

Die 6 Reservisten, die bei uns sind, haben an einem Tag 11 Flaschen Klaren leer gemacht, Waren total besoffen. Na ja, wenn man nur noch 30 Tage hat, geht das schon mal.

Sind wir nun stolze Wohnungsbesitzer? Du hast bestimmt viel geackert und hast hoffentlich, wie geplant Hilfe? Ich mach mir halt auch so meine Gedanken. Heute Abend werde ich wohl den Belmondo-Film gucken um abzuschalten.

Ich liebe Dich ganz, ganz, ganz doll!

P.S. Ab wann soll ich denn an die neue Adresse schreiben?

Heute sind es noch 485 Tage!“

Hannes meinte natürlich, die Tage, die er noch bei der Armee verbringen darf.

Während dessen gingen meine Tage wie im Flug vorbei. Und so begann ich erst am 2.7. wieder, einen Brief an meinen tapferen Soldaten zu schreiben. Aber ich hatte wohl ein schlechtes Gewissen, obwohl mir klar war, dass Hannes meine Post ohnehin nur zweimal in der Woche während des Zeltlagers bekam, wie er ja berichtet hatte.

Liebe und Alltag in der DDR

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