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Der Kreiselpavillon

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Klaus war durch die Bodenklappe gerutscht und in dem dunklen Gang gelandet. Nur gut, dass er immer seine kleine Taschenlampe bei sich trug. Die doofe lange Treppe nach oben wollte kein Ende nehmen. Immer weiter führte sie aufwärts im Kreis herum.

Oben angekommen, zog er an der Leine neben der Tür. Wer war der komische kleine Mann, der in den Frosch aus seinem Lieblingsbuch verwandelt wurde? Jetzt kam er bedrohlich schauend auf Klaus zu und streckte seine glitschig aussehenden Hände nach ihm aus.

Klaus schnellte hoch, sein Herz schlug laut, er rieb seine Augen und schaute umher. Es dauerte ein wenig, bis ihm klar wurde, dass er nur geträumt hatte. Er wollte schon aufatmen, als ihm einfiel, dass er in dem großen Park von Max Baumschubs, dem Biberjungen, gefunden worden war, und der ihn mit zu sich nach Hause genommen hatte.

Trotzdem rief er hoffnungsvoll: »Mama, Mama bist du da?«

Das freundliche Gesicht der Frau Baumschubs erschien nur wenig später im Türrahmen.

»Hallo Klaus, hast du ausgeschlafen? Komm, steh auf, ich mache gerade Frühstück. Magst du Erdbeermarmelade auf Brot?« Klaus nickte nur und krabbelte aus dem Bett. Er reckte sich und gähnte herzhaft. Die Biberfrau war schon wieder in ihre Küche zurückgegangen. Eilig wusch er in der Schüssel, die auf einem Stuhl stand, sein Gesicht und die Hände mit Wasser und Seife. Sogar eine Zahnbürste hatte Frau Baumschubs ihm hingelegt. Zähne putzen ist wichtig, hatte Tante Grete schon oft gesagt. Er erledigte es mit der gleichen Sorgfalt wie zu Hause.

Nachdem er die Hose und den bunten Pullover angezogen hatte, schlüpfte er in seine Schuhe und lief zögerlich in die Küche hinüber. Eine Schleife in die Schnürsenkel binden konnte er noch nicht allein. Vorsichtig betrat er die Küche, und der Duft von frischer Erdbeermarmelade strömte ihm entgegen.

»Tante, kannst du mir bitte die Schuhe zubinden?«, fragte er artig. Max Baumschubs, der am Tisch saß, sprang auf und sagte: »Ich mach das schon!« Er bückte sich und erledigte es geschwind. Klaus hatte ihm bewundernd zugesehen.

»Kannst du mir das beibringen, Max? Ich möchte das so gerne selbst können.« Erwartungsvoll schaute er seinen neuen Freund an.

»Klar, kein Problem, das mache ich gerne. Pass auf, das geht so!«

»Erst wird gegessen«, mischte sich Max’ Mutter ein. »Danach kannst du ihm das gerne beibringen. Später zeigst du ihm den botanischen Garten, der ist gerade in der Nähe des Dorfes, und die Stallungen, da habt ihr dann was zu tun und ich kann hier in Ruhe das Haus putzen. Ihr bringt mir bitte für morgen früh ein paar Eier aus dem Hühnerstall mit.«

Nach dem Frühstück machten sie sich auf den Weg. Es gab viel zu entdecken. Den Botanischen Garten fand der kleine Gast besonders interessant. Er durfte einen schönen roten Apfel pflücken. Max hob ihn hoch, damit er an ihn herankam. Die Pferde in den Stallungen hatten es Klaus angetan. Da standen in den Boxen Schwarze und Braune. Nur eines war weiß, dieses gefiel dem Jungen am besten. Es ließ sich mit Mohrrüben füttern, die Max aus einer Kiste hinten im Stall geholt hatte. Klaus schwärmte: »So ein schönes Pferd möchte ich auch mal haben, wenn ich groß bin.«

Max lächelte und meinte: »Wenn ich groß bin, möchte ich mal in die Welt, aus der du gekommen bist. Kannst du mir ein bisschen davon erzählen?« Klaus überlegte angestrengt.

»Hm!«, meinte er vernehmlich. »Eigentlich sieht es dort auch nicht viel anders aus als hier. Nur bei uns können Biber und Frösche nicht reden und die sind auch viel kleiner als hier.« Max schaute recht ungläubig drein.

»Wie meinst du das, Biber sind kleiner und sagen nichts? Das verstehe ich nicht. Es ist doch ganz normal, dass alle reden können.« Er schüttelte verständnislos den Kopf und biss jetzt selbst in eine Möhre, genau wie Klaus. Beide saßen kauend auf einer Futterkiste und dachten über das Problem nach. Erst als die Möhren verspeist waren, meinte Klaus: »Ich glaube, dass viele Tiere bei uns nur eine andere Sprache sprechen, und wir verstehen sie deshalb nicht.« Max nickte zustimmend und hüpfte von der Kiste hinunter.

»Komm Klaus, jetzt holen wir die Eier.«

Die Zeit war wie im Fluge vergangen. Auf dem Weg zum Hühnerstall entdeckte der Junge aus der anderen Welt einen Pavillon mitten auf einer großen Blumenwiese. Neugierig lief er sogleich hin, um ihn zu erkunden.

»Nicht, Klaus, bleib da weg, der war gestern noch nicht hier!«, rief Max, »da dürfen wir nicht hin. Mama hat es verboten. Wir müssen doch zum Hühnerstall die Eier holen, komm!« Zu spät, Klaus hatte die niedrige Tür schon erreicht, aufgerissen und schlüpfte hindurch. In der Mitte des Raumes entdeckte er eine unscheinbare Holzkiste mit großen Buchstaben darauf.

»Komisch!«, meinte Max, der dem Jungen gefolgt war.

»Was ist komisch?«, fragte Klaus. Er setzte sich in Bewegung und strebte auf den Kasten zu. »Kannst du lesen was da draufsteht, Max?« Erwartungsvoll schaute er seinen neuen Freund an. »Bitte lies es vor.«

»Nur öffnen, wenn es unbedingt sein muss«, las der laut. »Bleib hier, Klaus. Das ist mir nicht geheuer, komm zurück!« Schon hatte der Junge die Kiste erreicht.

Max rief ärgerlich: »Wenn du nicht sofort zurück kommst und den Deckel aufmachst, kannst du was erleben! Ich hau dich ganz dolle!«

Doch Klaus hörte nicht auf ihn, stattdessen öffnete er unter großer Anstrengung den schweren Holzdeckel. Der quietsche laut in seinen Scharnieren. Klaus schaute in den Kasten hinein und rief begeistert: »Kreisel, viele bunte Kreisel. Komm Max, zeig mir, wie man sie antreibt.« Erwartungsvoll schaute er seinen neuen Freund an.

Der trat interessiert näher und nahm einen der Kreisel heraus. Doch so sehr er sich auch bemühte, er schaffte es nicht, ihn in Bewegung zu setzen. Klaus hatte aufmerksam zugeschaut und versuchte es selbst. Schon sein erster Versuch gelang. Einen Kreisel nach dem anderen nahm er aus der Kiste und ließ sie lustig herumtanzen. Sie summten und surrten, dass es eine Freude war. Klaus lachte und jauchzte vor Glück. Nur Max schaute sauer.

Dieser Knirps hat etwas geschafft, was mir nicht gelungen ist, dachte er grimmig. Eifersüchtig beobachtete er eine Weile das Treiben. Die Kreisel drängten ihn langsam, aber stetig weiter von Klaus weg, dem Ausgang entgegen.

In seiner Wut trat Max gegen einen der größeren Kreisel. Doch der setzte sich zur Wehr und knallte ihm mit voller Wucht an sein rechtes Schienbein.

»Autsch, das hat wehgetan«, schimpfte er ärgerlich. Er zog sein Hosenbein hoch und entdeckte einen großen blauen Fleck. »Komm jetzt Klaus, wir müssen gehen. Meine Mutter wartet bestimmt schon ungeduldig auf uns. Ich möchte keinen Ärger bekommen.«

Doch Klaus schüttelte nur den Kopf. Max beschloss, ihn zu holen. Doch egal wie sehr er sich bemühte, die Kreisel ließen ihn nicht durch. »Jetzt ist es genug!«, rief er wütend. »Ihr werdet mich noch kennenlernen.« Eilig verließ der Biberjunge den Pavillon und kam kurze Zeit später mit einem dicken Ast in seinen Händen zurück. Wütend schlug er auf die Kreisel ein. Sie flogen kreischend durch die Luft und landeten in einer der vielen Ecken. Dort nahmen sie sogleich wieder Fahrt auf und stoben rotierend auf Max zu. Das sah so bedrohlich aus, dass der Biberjunge den Knüppel fallen ließ und eilig das Weite suchte.

Es blieb ihm nichts anderes übrig, er musste ohne Klaus nach Hause gehen. Er rannte los und kam völlig atemlos dort an.

»Wo ist Klaus und wo sind die Eier?«, fragte seine Mutter. Ihr Blick fiel streng aus. Max musste erst zu Atem kommen, bevor er berichten konnte.

»Klaus ist in einem Pavillon, der gestern noch nicht da war!«, erzählte er schließlich mit hängendem Kopf. »Er hat nicht auf mich gehört und die Kreisel lassen mich nicht durch. Die Eier habe ich in der Aufregung ganz vergessen.« Seine Mutter schaute ihn besorgt an.

»Was machen wir denn nun?« Plötzlich lächelte die Biberdame. »Ich glaube, wir müssen uns erst mal keine Sorgen machen. Deine Oma erzählte mir früher, dass der Kreiselpavillon nur auftaucht, wenn er gebraucht wird, und die Kreisel nur jemand antreiben kann, der beschützt werden muss.« Max hob seinen Kopf und sah sie staunend mit offenem Mund an. Er stellte fest: »Darum konnte ich die Kreisel nicht antreiben, so ist das also. Aber der Klaus wurde doch von mir beschützt. Das verstehe ich nicht.« Seine Mutter schaute ihn eindringlich an, wobei sich auf ihrer Stirn eine steile Falte bildete.

»Was hast du zu Klaus gesagt, als er die Kiste mit den Kreiseln öffnete?« Max sah seine Mama an und wurde rot.

»Ich, – äh, – also«, stotterte er.

»Was?« Seine Mutter zog eine Augenbraue hoch. Sie merkte immer sofort, wenn er nicht bei der Wahrheit blieb, das wusste Max genau, also rückte er mit der Sprache heraus. »Ich habe ihm Schläge angedroht, wenn er die Kiste aufmacht«, gestand er kleinlaut. »Aber das habe ich doch gar nicht so gemeint.«

»Das hilft uns nun auch nicht weiter, aber die Kreisel werden ihn bewachen, bis, ja, bis was? So einen Fall hat es bisher nicht gegeben. Eigentlich glaubten alle Bewohner, diese Geschichten um den Kreiselpavillon sei eine Erfindung, ein Märchen. Was nun?« Sie runzelte nachdenklich die Stirn. »Da werden wir wohl nichts tun können. Max, du gehst wieder dorthin und beobachtest das Ganze. Damit jemand dort ist, falls die Kreisel Klaus doch noch gehen lassen.«

Max protestierte lautstark: »Aber das geht nicht, Mama, ich muss …!« Weiter kam er nicht, denn der Blick seiner Mutter ließ ihn erst gar nicht weiterreden. Er gab auf und mit hängendem Kopf und genügend an Nahrung machte er sich wenig später auf den Weg.

Da habe ich mir etwas Schönes eingebrockt. Ein tiefer Seufzer entkam seiner Brust. Er suchte einen bequemen Platz, von dem aus er den Eingang zum Pavillon im Auge behalten konnte.

»Oh Mann, nie hört sie mir zu!«, stöhnte er laut. Bei sich dachte er: Ich muss doch heute zum Troddeln, das wird ja nun ins Wasser fallen. Meine Mannschaftskameraden werden sauer auf mich sein. Ohne mich verlieren die garantiert. Wer wird für sie jetzt die meisten Punkte holen? Der Gegner ist das Team der schnellen Wiesel, meine Kameraden brauchen mich. Mist, was soll ich nur tun? Wie von Geisterhand gezogen stand er auf und machte sich auf den Weg. Soll auf Klaus aufpassen wer will, dachte er trotzig, um nichts in der Welt werde ich das Endspiel heute verpassen. Was habe ich mit dem da im Pavillon zu tun, der wird schon nicht gleich herauskommen. Mit etwas Glück bin ich rechtzeitig zurück. Das merkt meine Mama gar nicht.

Er rannte los, als sei ein Rudel Wölfe hinter ihm her. Gerade noch rechtzeitig erreichte er das Spielfeld, zog rasch sein Trikot über und stürzte sich ins Getümmel. Im Spiel vergaß er schnell, dass er eigentlich gar nicht hier sein durfte. Die Troddel flogen hin und her, doch zu allem Überfluss ergab die reguläre Spielzeit nur ein Unentschieden, sodass eine Verlängerung nötig wurde. Max und seine Kameraden berieten kurz und stürzten sich erneut mit Feuereifer ins Gefecht. Die flinken Wiesel setzten sich zur Wehr, so gut sie konnten. Aber auch die Verlängerung brachte kein anderes Ergebnis. Ein Stechen musste die Entscheidung bringen. Wer den nächsten Punkt holte, würde als Sieger vom Platz gehen. Max erzielte den entscheidenden Treffer für seine Mannschaft.

Es dauerte eine Zeit lang, bis er nach den vielen Jubelszenen endlich zurück zum Kreiselpavillon kam. Von Weitem sah er, dass Mutter und Vater sich voneinander verabschiedeten. Sein Papa blieb dort stehen. Max brach der Schweiß aus. Das Beste würde sein, er ginge gleich hin und holte bei seinem Vater die nicht abzuwendende Strafpredigt ab. Mit gesenktem Kopf lief er zu ihm hinüber.

»Drei Monate Troddel-Verbot!«, sagte Herr Baumschubs, ohne Max auch nur eines Blickes zu würdigen. Der Junge überlegte eine Weile, ob es Sinn machen würde, es zu erklären, ließ es dann aber doch bleiben.

Vaters nächste Frage riss den Jungen aus seinen Gedanken: »Habt ihr wenigstens gewonnen?«

Das Geheimnis der Bodenklappe

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