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Die Dritten im Zimmersafe Was in Hotels vergessen und wie mit Fundsachen verfahren wird

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Wie reagiert ein Zimmermädchen, das nach der Abreise eines Gastes ein komplettes Gebiss auf dem Nachttisch vorfindet? Sie schluckt. Sie zieht Plastikhandschuhe an. Und sie trägt es ins Fundbüro des Hotels, wo es mit einer Nummer versehen, im Computer registriert und im Wert klassifiziert in ein Regal gestellt wird. Dort verharren die kostbaren Dritten, bis sich der Besitzer meldet.

Gibt er keinen Laut, weil ihm die Situation allzu peinlich ist oder er ohnehin plante, seine Reise mit weniger Biss fortzusetzen, verfahren Hotels unterschiedlich: In einigen Häusern fallen Fundsachen nach sechs Monaten den ehrlichen Findern zu, in anderen werden die Übrigbleibsel vergesslicher Gäste nach einem halben Jahr versteigert oder für wohltätige Zwecke gestiftet. Schmuck wird zumeist für mindestens ein Jahr im Tresor aufbewahrt. Eine Verlustmeldung für den fraglichen Zahnersatz ist nie im „Westin Grand Hotel Berlin“ eingegangen. Was nach sechs Monaten aus dem Gebiss wurde, ist nicht dokumentiert - auch nicht, was mit einer zweifelhaften Gummipuppe geschah, die ein Steigenberger-Zimmermädchen fand oder einem Affenkostüm und einem Holzbein, beides Hinterlassenschaften in Novotel-Zimmern.

„Die meisten Gäste“, heißt es zum Beispiel aus der Pressestelle von Ritz-Carlton-Hotels, „melden sich selbst, wenn sie etwas vergessen haben und bitten darum, den Gegenstand nachgeschickt zu bekommen. Aus Diskretionsgründen kontaktiert das Hotel von sich aus niemanden.“ Handele es sich aber um einen Stammgast, werde ihm der vergessene Gegenstand bei seinem nächsten Aufenthalt wieder an derselben Stelle aufs Zimmer gelegt. Peinliche Situationen werden so vermieden, damit nicht etwa das Nachthemd der heimlichen Freundin durch Nachsenden an die Heimatadresse des Gastes in die Hände der Ehefrau gerät.

Knapp 1.700 registrierte Fundsachen durchlaufen z.B. Jahr für Jahr allein die Asservatenkammer des „Park Hyatt Hamburg“ - mit seinen 252 Zimmern kein Riesenhotel. Auf Reisen sind Menschen offenbar vergesslich - egal, ob sie in Ferienresorts oder in den Business-Hotels der Großstädte absteigen. Nur bei den unfreiwilligen Hinterlassenschaften gibt es Unterschiede. Sind es in den Stadthotels vor allem Handy- oder Laptop-Kabel, so sind es in den Ferienhotels in erster Linie T-Shirts, Zahnbürsten, Wecker, Unterhemden und -hosen.

Erstaunlich oft vergessen Gäste Eheringe im Zimmer - selten zwei, meistens nur einen. Kurioserweise vermelden viele Hotels ebenso einvernehmlich, dass seit einigen Jahren gehäuft angebrochene Viagra-Schachteln zu den Fundsachen zählen. Bei Inter-Continental Hotels erinnert man sich an einen Gast, der Geld verschiedener Währungen im Zimmersafe vergaß, sich umgehend meldete und um Nachsendung der Bündel per Kurier bat - ohne die Viagra-Schachtel zu erwähnen, die ebenfalls im Safe zurückgeblieben war.

Auch verabschieden sich Reisende oft mit weniger Kleidung als sie bei der Anreise dabei hatten: Nicht selten ziehen die Zimmermädchen des „Park Hyatt Hamburg“ nach Abreise Wäsche aus dem Zimmersafe. Auch sie landet in der Asservatenkammer. Gerne wird vergessen, was vorher versteckt wurde: Das Gebiss im Safe, Schmuck im Gardinensaum, Hightech im Sofafutter.

Bei Maritim Hotels kam bereits ein Hamster zu neuen Pflegeeltern, während sich die zahlreichen Besitzer vergessener Plüschtiere zumeist sehr schnell melden. Dankbar hingegen dürfte ein Novotel-Gast gewesen sein, dem Handschellen und ein Set Peitschen sicherheitshalber nicht an die Heimatadresse geschickt wurden. Und dankbar war auch eine Ägypterin, die wertvollen Schmuck im „Ritz-Carlton Sharm El Sheik“ vergessen hatte und prompt um Nachsendung bat. Ein Hotelangestellter reiste ihr nach, um die wertvollen Fundsachen persönlich zu übergeben. Von dem Finderlohn, dem die Dame ihm partout überreichen wollte, kaufte er Blumen - die er später vor ihrer Haustür ablegte.

hs

James, die Tür bitte!

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