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II. KAPITEL DER GESCHICHTLICHE HINTERGRUND DER FRANZISKANISCHEN BEWEGUNG 1. Politische Verhältnisse Imperium und Sacerdotium
ОглавлениеDas Leben des Franziskus und die Wirkungszeit der ersten franziskanischen Generation fällt in das Zeitalter, das man nach seiner wohl bedeutendsten Herrscherfamilie als das Staufische bezeichnet.1 Franziskus ist noch in der Regierungszeit des Kaisers Friedrich I. Barbarossa (1152–1190) geboren, der am 11. Juni 1190 auf dem Dritten Kreuzzug in Kleinasien ertrank. Papst war damals Lucius III. (1181–1183), der Nachfolger des als Juristen und Diplomaten hervorragenden Alexander III. (Roland Bandinelli: 1159–1180). Die Jugendzeit des Franziskus fällt in die Regierungszeit des Kaisers Heinrich VI. (1190–1198) und das Doppelkönigtum Philipps von Schwaben (gewählt am 8. März 1198) und Ottos IV. (gewählt am 9. Juli 1198). Bekanntlich zog Otto IV. im September 1209 an Assisi vorbei nach Rom, wo er am 4. Oktober 1209 von Innocenz III. zum Kaiser gekrönt wurde. Franziskus hielt sich damals mit wenigen Gefährten in Rivotorto auf, und es wird berichtet, er habe die Hütte nicht verlassen, um den Kaiser zu sehen, sondern ihm nur durch einen der Brüder das baldige Ende seines Ruhmes ansagen lassen.2 Schon ein Jahr später sah sich der Papst genötigt, Otto zu exkommunizieren und die Wahl Friedrichs II. zu favorisieren. Im September 1211 wurde Friedrich zum deutschen König gewählt.
In der Zeit der Schwäche des deutschen Königtums war der Papst Innocenz III. (1198–1216) »für eine knappe Weltstunde« (HANS WOLTER)3 die beherrschende politische Gestalt Europas. Wie schon Gregor VII. im 11. Jahrhundert erhob er den Anspruch, über das Kaisertum als Schiedsrichter verfügen zu können. Auch für die Geschichte von Kirche und Theologie markiert der Pontifikat Innocenz’ III. einen Höhepunkt. Innocenz ist der Papst, der Franziskus nach anfänglichen Bedenken die mündliche Approbation seiner Regel und Lebensweise erteilte (wahrscheinlich im Frühjahr 1209). Ein Jahr vor seinem Tode, im November 1215, hielt der Papst in Rom das IV. Laterankonzil, die größte Kirchenversammlung des Hohen Mittelalters, ab. Das Konzil beschäftigte sich mit der Reform der Kirche bezüglich Glaubenslehre und Verfassung, der Zusammenarbeit von geistlicher und weltlicher Macht bei der Unterdrückung der Häresie und der Planung des Fünften Kreuzzuges. In der Lehre von der Eucharistie wurde der Begriff der Transsubstantiation zur Erklärung der Konsekration von Brot und Wein in der Messe eingeführt. Die Trinitätslehre des Abtes Joachim von Fiore wurde verurteilt.
Honorius III. (Cencio Savelli: 1216–1227), der Innocenz nachfolgte, war im politischen Bereich hauptsächlich um das Zustandekommen des auf dem IV. Laterankonzil beschlossenen Kreuzzuges bemüht. Er krönte Friedrich II. am 23. November 1220 in St. Peter in Rom zum Kaiser. Anschließend nahm der Kaiser aus der Hand des Kardinalbischofs Hugolino von Ostia das Kreuz und versprach für das folgende Jahr den Aufbruch ins Heilige Land.
Im Pontifikat Honorius’ III. vollzog sich, hauptsächlich unter dem Einfluß des Kardinals Hugolino, der Wandel von der ursprünglichen Franziskanergemeinschaft zu einem kirchlichen Orden. Der Papst bestätigte 1223 die endgültige Ordensregel. Noch in seine Regierungszeit fallen die letzten wichtigen Ereignisse im Leben des Franziskus (Greccio, La Verna) und dessen Tod.
Unter Gregor IX. (1227–1241) erreichte der Kampf zwischen Imperium und Sacerdotium im 13. Jahrhundert einen ersten Höhepunkt. Zunächst wegen der mangelnden Bereitschaft Friedrichs II. zum Kreuzzug (23.9.1227), dann wegen dessen für den Papst bedrohlicher Italienpolitik (20.3.1239) belegte Gregor den Kaiser mit dem Bann. Damit wurde der Untergang der Staufischen Dynastie eingeleitet.
Mit Innocenz IV. (Sinibald Fiescho: 1243–1254), der nach dem kurzen, nur siebzehntägigen Zwischenpontifikat Cölestins IV. den Apostolischen Stuhl bestiegen hatte, führte der Kaiser jahrelange, am Ende vergebliche Verhandlungen. Im Sommer 1244 zog sich der Papst über seine Heimatstadt Genua nach Frankreich zurück. Von Lyon aus regierte er die Kirche fast bis zum Tode des Kaisers (13. Dezember 1250). Auf dem ersten Konzil von Lyon (26. Juni – 17. Juli 1245) erklärte er Friedrich II. für abgesetzt und entband die Untertanen vom Treueeid. Das Recht, den Kaiser abzusetzen, leitete Innocenz IV. aus der Oberherrschaft Christi über Kaiser und Könige ab. Als Stellvertreter Christi verfügt der Papst über die (politisch-juristisch verstandene) Macht Christi.4