Читать книгу Das Buch vom Verkehr - Hendrik Ammoser - Страница 10
Transportgüter
ОглавлениеDer Gütertransport ist überraschend vielfältig – so vielfältig wie Transportgüter sein können, so vielfältig, wie Versand- und Empfangsorte sein können. Zum Transport geeignet ist alles, was – im ursprünglichen Sinne des Wortes – tragbar ist – und solange jemand bereit und in der Lage ist, den Aufwand für den Transport zu tragen. Es gibt nur wenige Dinge, die wir Menschen nicht versenden. Ob verderbliche Früchte, wertvolle Bodenschätze, Flüssigkeiten wie Wasser, Erdöl oder Milch, Abfall und Müll, sogar Gas wird auf den Weg geschickt, weil wir diese Dinge an einem anderen Ort brauchen als dem, an dem sie sich gerade befinden. Dabei sind physische Besonderheiten, z.B. der Aggregatzustand, kein Hindernis. Jeder Transport folgt einer einfachen Regel: Je wertvoller das Transportgut ist, umso höher darf der Aufwand sein, den sein Transport verursachen kann. Eine maßgebliche Größe im Transportwesen ist die Wertdichte eines Gutes. Man unterscheidet Güter mit relativ hoher Wertdichte (Maschinen, Computer, Edelsteine, Edelmetalle) von solchen mit relativ geringer Wertdichte (Gesteine und Erden, Rohholz oder -kohle). An diesen Beispielen kann man schon erkennen: Je geringer der Veredelungsgrad ist, umso geringer ist die Wertdichte – und umso geringer sollte der Transportaufwand sein. Das wiederum schlägt sich auf die Reichweite nieder. Wenn die Güter mit geringer Wertdichte auch noch schwierig zu transportieren sind, weil sie bestimmte Eigenschaften (flüssig, gasförmig, stoßempfindlich, verderblich …) besitzen, relativiert sich die ursprüngliche Aussage, dass prinzipiell alles transportierbar ist. Aus praktischen Gründen ist dann nicht jeder Transport sinnvoll. Diese Transportaffinität ist jedoch eine relative Größe, die von zwei Einflussgrößen abhängt: dem aktuellen Wert des Gutes einerseits und der Qualität des Transportsystems bzw. den Möglichkeiten und dem Wirkungsgrad des Transportsystems andererseits. Beide Größen unterliegen permanenten Veränderungen. So war es z.B. zur Blüte des Römischen Reiches üblich, dass Getreide von Nordafrika zur Versorgung der Stadt Rom verschifft wurde. Dies war deshalb zweckmäßig, weil der Getreidepreis in Rom aufgrund der großen Bevölkerungszahl sehr hoch und weil das römische Transportsystem sehr weitentwickelt und effizient war. Nach Zusammenbruch des Römischen Reiches war der Transport von Getreide über derart weite Distanzen und in diesen Mengen für Jahrhunderte nicht sinnvoll. Ähnlich der Transport von Kohle: Trotz des hohen Energiegehalts verglichen mit der Holzkohle oder dem Holzbrennstoff war es bis in das 19. Jahrhundert vielerorts nicht zweckmäßig, größere Mengen von Kohle über weite Distanzen zu befördern. Erst als zum Ende des 18. Jahrhundert die Bedeutung der Kohle als Energiequelle zunahm und das Transportsystem deutlich effizienter wurde, erfüllte der Kohlentransport Sinn und Zweck.
1.1.2 Transportgefäße –Dosen, Schachteln, Kisten, Kartons, Kanister, Tuben, Körbe, Beutel, Säcke, Paletten, Container … u.v.
Der Gütertransportsektor in Europa ist seit Jahrzehnten einem Wandel unterworfen, der wohl im Zusammenhang mit der Entwicklung von der klassischen Industriegesellschaft hin zur postindustriellen Gesellschaft verbunden ist. Alle Zweige des Gütertransports sind davon betroffen. Die typischen Transportaffinitäten ändern sich, ebenso die Reichweiten oder die Anforderungen an die Leistungsfähigkeit und Güte des Gütertransports.
In Deutschland werden jährlich etwa 350 Mio. Tonnen Güter durch das Eisenbahnsystem transportiert, davon etwa 250 Mio. Tonnen Güter mit der Binnenschifffahrt und etwa 3 Mrd. Tonnen Güter mit dem Straßengüterverkehr per Lastkraftwagen. Ungefähr 300 Mio. Tonnen Güter erreichen oder verlassen Deutschland jährlich per Seeschiff. Interessant dabei ist die Zuordnung der Gütergruppen zu den Verkehrsmitteln:
Mit etwa 25 % transportiert die Eisenbahn Halb- und Fertigwaren – also die Güter mit der höheren Wertdichte aufgrund der höheren Veredelung. Güter geringerer Wertdichte wie Eisen-, Stahl und Nichteisen-Metalle machen etwa 15–20 % des Frachtaufkommens bei den Gütern der Eisenbahn aus, gefolgt vom Kohlentransport mit etwa 15–20 %. Weiterhin sind Steine und Erden (etwa 10 %) sowie Mineralölerzeugnisse (etwa 10 %) weitere wichtige Transportgüter des Eisenbahnsektors.
1.1.3 Neben Mineralölerzeugnissen und Erzen hat das Massengut Kohle eine sehr hohe Bedeutung für die Binnenschifffahrt.
Die Gütergruppe Steine und Erden ist mit 20 % Anteil die wichtigste Gütergruppe für die Binnenschifffahrt, mit jeweils etwa 15 % Anteil an den Gütergruppen haben Kohle, Mineralölerzeugnisse und Erze eine hohe Bedeutung für die Binnenschifffahrt.
Etwa 45 % des Frachtaufkommens per Lkw macht der Transport von Steinen und Erden aus, gefolgt von etwa 20 % Halb- und Fertigwaren. Mit etwas über 10 % ist das drittwichtigste Transportgut des Straßengüterverkehrs die Gruppe der Nahrungs- und Futtermittel. Diese drei Gütergruppen machen etwa ¾ des Frachtaufkommens auf der Straße aus. Die Gruppe der Halb- und Fertigwaren ist mit einem Anteil von etwa einem Drittel die wichtigste Gütergruppe der deutschen Seeschifffahrt. Mit einem Anteil von 15 % ist rohes Erdöl die zweitwichtigste Gütergruppe der Seeschifffahrt.
Die obigen Zahlen geben den Hinweis auf einige wichtige Zusammenhänge im Güterverkehr, so auf den Zusammenhang zwischen dem Transportgut und „seinem“ passenden Transportmittel und den Zusammenhang zwischen der Häufigkeit, Verteilung und Größe von Produktionsstätten in Abhängigkeit von der Beschaffenheit und Transportaffinität der benötigten Ausgangsstoffe oder Endprodukte.