Читать книгу Gesammelte historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski - Henryk Sienkiewicz - Страница 29

Siebentes Kapitel.

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Inhaltsverzeichnis

Vor ihrer Abreise nach Szczytno stellten sich die vier Brüder und de Fourcy bei dem Fürsten und der Fürstin ein, um sich zu verabschieden. Wohl herrschte dabei keine allzufreundliche Stimmung, allein der Fürst, welcher der alten polnischen Sitte gemäß die Gäste nicht mit leeren Händen entlassen wollte, schenkte jedem der Brüder einen schönen Marderpelz und eine Menge Silbermünzen. Als es zu der Verabschiedung von der Fürstin kam, trat in dem Augenblick, da Zygfryd de Löwe ihr die Hand küßte, Hugo von Danveld zu Danusia, und sagte: »Eine Abgesandte wird sich hier einstellen und Euch, Jungfräulein, einen heilenden Balsam aus dem hercynskischen Walde bringen.«

De Fourcy hatte dies Gespräch beobachtet, und bestrickt von der zauberhaften Schönheit Danusias, fragte er, als er sich mit seinen Gefährten schon unterwegs nach Szczytno befand: »Wer ist das schöne Hoffräulein, mit dem Ihr vor der Abreise spracht?«

»Die Tochter Jurands!« entgegnete der Kreuzritter. »Ich versprach ihr, Balsam für den jungen Ritter zu senden, dem sie, wie Ihr wißt, angelobt ist,« erklärte er, »und der mit dem Auerochsen gekämpft hat. Wenn sich dann ein Lärm erhebt wegen der Entführung des Mädchens, wer will uns dann die Schuld beimessen, da wir ihr sogar aus Barmherzigkeit ein Heilmittel gesandt haben?«

»Das ist alles gut,« rief de Lowe, »es handelt sich aber darum, jemand Verläßliches zu finden.«

»Ich schicke eine zuverlässige, mir ergebene Frau mit dem Balsam an sie ab. Ihr befehle ich, Augen und Ohren offen zu halten. Wenn dann unsere Leute, zum Scheine von Jurand kommend, sich einstellen, werden sie den Weg schon geebnet finden.«

»Es wird jedoch schwer fallen, die Leute zu finden,« wendete de Löwe ein.

»Nein. Das Volk bei uns spricht die gleiche Sprache wie hier zu Lande. Es befinden sich zudem in der Stadt – traun – sogar unter unsern Knechten, Leute, welche sich ihrer Verurteilung in Masovien durch die Flucht entzogen haben – Räuber, Diebe – die aber thatsächlich keine Furcht kennen, die zu allem bereit sind. Diesen stellte ich, für den Fall, daß sie ihre Absicht erreichen, eine große Belohnung in Aussicht, für den Fall des Mißlingens aber den Strick.«

»Schau, schau! Und falls sie Verrat üben sollten?«

»Die üben keinen Verrat, denn in Masovien ist schon für jeden der Pflock bereit, und über einem jeden hängt der Urteilsspruch. Wohl aber ist es nötig, sie mit neuen Gewändern zu versehen, damit sie für eine in Wahrheit von Jurand geschickte Gesandtschaft gelten können – und was die Hauptsache ist: der Brief mit dem Siegel des Jurand.«

»Es muß eben alles gut eingefädelt werden,« meinte Rotgier. »Vielleicht beabsichtigt aber Jurand, sich wegen des letzten Zusammenstoßes zu dem Fürsten zu begeben, um sich über uns zu beklagen und sich selbst zu rechtfertigen. Möglicherweise eilt er von Ciechanow zu der Tochter auf den Jagdhof und es kommt dann soweit, daß unsere, zu der Tochter Jurands geschickten Leute, sich diesem selbst anvertrauen.«

»Die Leute, welche ich schicke, sind mit allen Hunden gehetzt. Die werden schon wissen, in welche Gefahr sie sich begeben, so sie sich Jurand anvertrauen. Deren Kopf zum Pfande, daß an ein solches Zusammentreffen nicht zu denken ist.«

Nun aber ergriff Godfryd, der jüngste unter den Rittern, das Wort und meinte: »Ich begreife weder Euere Vorsicht noch Euere Furcht, es könne ruchbar werden, daß das Mädchen auf unsere Veranlassung hin entführt worden sei. Haben wir sie erst einmal in unserer Gewalt, dann müssen wir doch jemand zu Jurand schicken und ihm sagen lassen: ›Deine Tochter ist bei uns – willst Du, daß sie die Freiheit erlangt, so liefere de Bergow aus oder ergieb Dich selbst.‹ Was soll man denn anders thun? Freilich wird es dann bekannt, daß wir das Mädchen aufgreifen ließen.«

»Das ist richtig!« rief der Herr de Fourcy, der wenig Geschmack an der ganzen Sache zu finden schien. »Weshalb etwas verbergen wollen, was ans Tageslicht kommen muß?«

Hugo de Danveld aber wandte sich lächelnd an Godfryd. »Jurand kennt uns besser als Ihr. Man wird folgendermaßen zu ihm reden: ›Deine Tochter steht unter dem Schutze Szombergs, und wenn Du Dich auch nur rührst – denke an die Kinder des Witold‹.«

»Und daraufhin?«

»Daraufhin wird de Bergow freigelassen, und auch der Orden wird von Jurand befreit.«

»Traun!« rief Rotgier, »alles ist so gut ausgedacht, daß unsere Unternehmung sicher glücken wird.«

Und schweigend ritten sie weiter. Vor ihnen aber schritt, zwei oder drei Büchsenschüsse entfernt, ihr Gefolge, um den Weg zu ebnen, der fußhoch mit Schnee bedeckt war, da es in der Nacht heftig geschneit hatte. An den Bäumen hingen zwar noch dicke Eiszapfen, der Tag aber war neblig, und es war so warm, daß die Pferde mit Schweiß bedeckt waren. Ueber dem Gehölze, den Wohnstätten der Menschen zu, flogen Schwärme von Krähen, die Luft mit ihrem Gekrächze erfüllend.

Sinnend dahinreitend, blieb Herr de Fourcy ein wenig hinter den Kreuzrittern zurück. Er war seit mehreren Jahren Gast derselben, hatte an den Kämpfen gegen Samogitien teilgenommen, wo er sich durch seine Tapferkeit auszeichnete, und beabsichtigte nun, in den Orden einzutreten, da er bei ihm eine Aufnahme fand, wie sie nur die Kreuzritter im stande waren, einem fremden Kämpen zu gewähren. Bis jetzt hatte er sich bald in Marienburg aufgehalten, bald irgend einen befreundeten Komturen besucht, stets darauf bedacht, auf seinen Fahrten Ergötzung und Abenteuer zu finden. Seit er vor kurzem in Lubow mit dem reichen de Bergow zusammengetroffen war, seit man ihm eingehend über Jurand gesprochen, hatte er seine Lust nicht zügeln können, sich mit einem Manne zu messen, der rings um sich her Schrecken verbreitete. Die Ankunft des siegreichen Majneger hatte nur dazu gedient, die Ausführung des Unternehmens zu beschleunigen. Der Komtur von Lubow hatte ihnen die Kriegsknechte dazu gestellt, er hatte indessen den drei Rittern soviel, sowohl von der Grausamkeit, wie auch von der List und der Treulosigkeit Jurands erzählt, daß jene dessen Aufforderung, die Reisigen zu entlassen, nicht berücksichtigten. Sie fürchteten bei ihrem Unternehmen umzingelt, geschlagen oder in die dunklen Kerker von Spychow geworfen zu werden. Jurand aber, der sofort vermutete, daß es sich hier nicht nur um einen ritterlichen Kampf, sondern auch um Raub und Plünderung handle, hatte sie angegriffen und ihnen eine furchtbare Niederlage beigebracht. De Fourcy sah Bergow mit seinem Pferde zusammenbrechen, er sah Majneger, von einer Lanze durchbohrt, niedersinken, er hörte die Kriegsknechte vergeblich um Barmherzigkeit flehen. Ja, er selbst vermochte sich kaum zu retten. Tagelang irrte er in den Wäldern umher, wo er vor Hunger gestorben oder von wilden Tieren zerrissen worden wäre, wenn er nicht Ciechanow erreicht hätte, wo sich die Brüder Godfryd und Rotgier befanden. Aus dem ganzen Kampfe trug er das Gefühl der Beschämung, der Demütigung, ja des Hasses gegen den Ueberwinder davon. Tiefes Herzeleid, tiefer Schmerz erfüllten ihn wegen de Bergow, der ihm als Freund sehr nahe stand. Aus innerster Ueberzeugung schloß er sich dem Vorgehen der Ordensritter an, als sie Klage erhoben auf Buße und auf Freilassung des unglücklichen Gefährten, und als die Klage erfolglos geblieben war, da gab es für ihn im ersten Augenblicke nichts, was er nicht vollführt hätte, um an Jurand Rache zu nehmen. Jetzt aber regten sich bei ihm plötzlich allerlei Bedenken. Als er hörte, was Hugo de Danveld sagte, ergriff ihn unendliches Staunen. Nachdem er im Laufe der Jahre den Kreuzrittern nähergetreten war, sah er nur zu gut ein, daß man sie bei den Deutschen, überhaupt im Westen, falsch beurteilte. Freilich kannte er in Marienburg gerecht und streng denkende Ritter, und nur zu häufig beklagten diese die Zügellosigkeit, die Zuchtlosigkeit der Brüder, den Mangel an Disziplin bei ihnen – und de Fourcy mußte ihnen in allem recht geben. Allein wegen der großen Tapferkeit, die alle Ordensritter auszeichnete, bewunderte er sie dennoch aufrichtig. Er hatte sie bei Wilna gesehen, wo sie Brust an Brust mit den polnischen Rittern kämpften, bei der Belagerung der Burgen, die mit übermenschlicher Ausdauer von den polnischen Hilfstruppen verteidigt wurden, er sah sie unter den Streichen der Beile und Schwerter fallen, im gemeinsamen Ansturm und im Einzelkampfe. Wohl zeigten sie sich unbarmherzig und grausam gegen die Litauer, allein sie kämpften gleichzeitig wie die Löwen – und im Strahlenkranze des Ruhmes wandelten sie dahin. Nun aber dünkte es de Fourcy, daß Hugo de Danveld auf eine Weise redete, sich in einer Weise gebärdete, die jeden edeldenkenden Ritter in tiefster Seele empören mußte – und seine Begleiter wandten sich darob nicht einmal in Abscheu von ihm ab, sondern sie legten jedem seiner Worte ein besonderes Gewicht bei. Er konnte sich nicht mehr zurechtfinden und schließlich fragte er sich, ob er zu einem solchen Plane die Hand bieten dürfe.

Wenn es sich nur um die Entführung des Mädchens wegen der Auslieferung de Bergows gehandelt hätte, würde er sich ohne weiteres an dem Unternehmen beteiligt haben. Die Kreuzritter sannen jedoch auf noch ganz andere Dinge. Sie wollten durch die Entführung des Mädchens nicht nur die Freigebung de Bergows erzwingen, sondern auch Macht über Jurand gewinnen – sie hofften, durch Danusia letzteren in ihre Gewalt zu bekommen, um ihn dann zu ermorden und sicherlich mit ihm zugleich auch das Mädchen, damit ihre Grausamkeit, ihr schändliches Verbrechen verborgen bliebe. Bedrohten sie das Mädchen denn nicht schon mit dem Lose der Kinder von Witold für den Fall, daß Jurand sich zu widersetzen wagte? »Keines der beiden werden sie freigeben,« sagte sich de Fourcy, »und doch tragen sie das Kreuz und müßten mehr als alle anderen auf ihre Ehre, auf ihre Pflichten bedacht sein.« Seine ganze Seele bäumte sich in diesem Augenblick gegen all die Schändlichkeiten auf, allein da er sich doch noch vergewissern wollte, ob sein Verdacht begründet sei, wandte er sich aufs neue an Danveld und fragte: »Wie ist’s? Gebt Ihr das Mädchen frei, wenn Jurand sich Euch stellt?«

»Wenn wir sie losgeben würden, müßte sich ja die ganze Welt davon überzeugen, daß wir beide aufgreifen ließen,« entgegnete Danveld.

»Traun, was gedenkt Ihr mit dem Mädchen anzufangen?«

Daraufhin neigte sich Danveld gegen den Sprechenden und erwiderte mit einem bösen Lächeln: »Wornach fragt Ihr? Darnach, was wir früher oder was wir später mit ihr anfangen werden?«

Jetzt wußte de Fourcy, was er wissen wollte. Während eines Augenblickes kämpfte er mit sich selbst, dann aber hob er sich ein wenig im Bügel und sagte so laut, daß alle vier Ritter ihn hören konnten: »Der fromme Bruder Ulrych von Jungingen, der ein Schmuck, eine Zierde des Ritterstandes ist, sprach einmal also zu mir: ›Unter den älteren Brüdern in Marienburg befinden sich noch würdige Kreuzritter, aber die, welche auf den Grenz-Komtureien sitzen, bringen dem Orden nur Schande‹. Und wie steht es mit Eurer Ritterehre? Nicht durch schmähliche Thaten dient Ihr dem Erlöser. Wißt daher, daß ich nicht die Hand zu Eurem Plane biete, ja daß ich ihn auch zu vereiteln suchen werde.«

»Was wollt Ihr vereiteln?«

»Daß Ihr voll List, voll Grausamkeit, also geradezu schmählich handelt.«

»Und wie wollt Ihr uns daran hindern? Im Kampfe mit Jurand habt Ihr Euer Gefolge und Eure Habe eingebüßt. Ihr hängt von der Gnade der Kreuzritter ab und müßt Hungers sterben, wenn sie Euch kein Stückchen Brot mehr hinwerfen. Deshalb laßt einen jeden von uns vieren wissen – wie Ihr unsern Plan vereiteln wollt.«

»Wie ich ihn vereitle?« wiederholte de Fourcy. »Ich kann an den Hof zurückkehren und die Fürstin warnen, ich kann dafür sorgen, daß in der ganzen Welt Euer Vorhaben ruchbar wird.«

Daraufhin blickten die Brüder einander an, und innerhalb einer Sekunde veränderte sich ihr Gesichtsausdruck. Hauptsächlich Hugo de Danveld schaute längere Zeit fragend auf Zygfryd de Löwe, wandte sich aber dann abermals zu dem Herrn de Fourcy: »Ihr überhebt Euch,« bemerkte er, »Ihr gewinnt Euren Lebensunterhalt durch den Orden, und Ihr wollt Euch ihm widersetzen und uns des Verrates zeihen?«

»Verrätern will ich nicht dienen.«

»Ei, ei, sieh da, hütet Euch, Eure Drohung auszuführen. Wißt, daß der Orden seine Gegner zu treffen weiß.«

Nun aber zog de Fourcy, den diese Worte noch mehr aufstachelten, sein Schwert, faßte es fest in die Rechte, legte die Linke über die Spitze und rief: »Bei dieser Spitze, welche nun die Form des Kreuzes hat, bei dem Haupte des heiligen Dyonisius, meines Schutzpatrones, und bei meiner ritterlichen Ehre schwöre ich, daß ich den masurischen Fürsten und den Großmeister warnen werde.«

Daraufhin ließ sich Danveld mit einer seltsam dumpfen und veränderten Stimme also vernehmen: »Der heilige Dyonisius möge seinen abgeschlagenen Kopf unter dem Arme halten, wenn jedoch einmal der Eure fällt …«

»Wollt Ihr mir drohen?« warf de Fourcy ein.

»Nein, ich schlage sofort zu!« entgegnete Danveld.

Und mit diesen Worten stieß er dem Ritter das Messer mit solcher Kraft in die Seite, daß es bis an den Griff in dessen Körper drang.

De Fourcys Mund entrang sich ein entsetzlicher Schrei, er versuchte während einiger Sekunden sein Schwert mit beiden Händen zu schwingen, allein es entfiel ihm, denn nun stachen gleichzeitig die andern drei Ritter so lange mitleidslos mit ihren Waffen auf ihn ein, bis er vom Pferde stürzte.

Dann folgte tiefes Schweigen. Aus zahllosen Wunden blutend wälzte sich de Fourcy auf dem Schnee, in den er die konvulsivisch zuckenden Finger eingrub. Unter dem bleifarbenen Himmel aber ertönte das Gekrächze der Krähen, welche über die stillen Wälder den Wohnsitzen der Menschen zuflogen.

Erst nach längerer Pause begannen die Mörder miteinander zu flüstern.

»Unser Gefolge hat nichts bemerkt,« erklärte leise Danveld.

»Nichts,« erwiderte de Löwe, »die Leute sind schon zu weit voraus. Ich vermag niemand mehr zu sehen.«

Jetzt ertönte auf dem gebahnten Wege Pferdegetrappel, und Hugo de Danveld rief rasch entschlossen: »Wer dies auch sein mag, er muß sterben.«

De Löwe aber, der den schärfsten Blick unter ihnen hatte, trotzdem er der älteste war, erklärte: »Ich kenne ihn. Es ist jener Knappe, welcher den Auerochsen mit dem Schwerte tötete. Ja, ich habe recht, er ist es.«

»Verbergt Eure Schwerter, damit er nicht stutzig wird,« warf nun Danveld ein. »Ich will aufs neue als erster auf ihn losgehen, Ihr könnt dann folgen.«

Der Böhme war mittlerweile auf acht oder zehn Schritt nahe gekommen, dann hielt er plötzlich sein Pferd an. Er erblickte den Toten im Blute schwimmend, er sah das reiterlose Pferd, und Staunen malte sich auf seinem Antlitz. Doch nur eine Sekunde währte dies, gleich darauf aber wandte er sich an die Brüder und sagte in einem Tone als ob er nichts gesehen hätte: »Ich grüße Euch, tapfere Ritter.«

»Wir kennen Dich,« entgegnete Danveld, sich langsam nähernd. »Was ist Dein Begehr?«

»Mich sendet der Ritter Zbyszko aus Bogdaniec, dessen Waffen ich trage, und der, von einem Auerochsen auf der Jagd verwundet, sich nicht selbst bei Euch einstellen konnte.«

»Was will Dein Herr von uns?«

»Mein Herr gebot mir, so zu Euch zu sprechen: ›Fälschlich klaget Ihr Jurand von Spychow an, seine ritterliche Ehre schmälert Ihr ihm, nicht wie echte Ritter habt Ihr gehandelt, nein, wie kläffende Hunde: deshalb fordert er den, welcher so voll Tücke gesprochen hat, zum Zweikampfe zu Fuß oder zu Roß, auf Leben und Tod, und er ist bereit, ihn an irgend einem Ort zu treffen, den Ihr bestimmt, sobald ihn Gott in seiner Gnade und Barmherzigkeit von seinen Leiden genesen läßt‹.«

»Sage Deinem Herrn, daß die Ordensritter zum Kampfe sich nur mit der ausdrücklichen Erlaubnis des Großmeisters oder des Marschalls stellen dürfen, bei denen wir in Marienburg die Zustimmung einholen werden.«

Abermals blickte der Böhme auf den Leichnam des Herrn de Fourcy, denn zu diesem war er hauptsächlich geschickt worden. Zbyszko wußte ja, daß die Ordensritter sich nicht zum Zweikampfe stellen, da er indessen gehört hatte, daß sich unter ihnen ein weltlicher Ritter befinde, wollte er sich mit diesem messen, da er dadurch hoffte, Jurand für sich zu gewinnen. Nun aber lag jener Ritter, hingeschlachtet wie ein Tier, inmitten der vier Kreuzritter.

Der Böhme begriff nicht recht, was vorging, da er jedoch von Jugend auf an große Gefahren gewöhnt war, befand er sich stets auf der Hut. Er bemerkte auch sehr wohl, daß sich ihm Danveld während des Sprechens immer mehr näherte, während die andern seitwärts auf ihn zukamen, gerade als ob sie ihn umzingeln wollten. Seine Aufmerksamkeit verdoppelnd, verwandte er kein Auge von Danveld, war doch seine Lage schon dadurch eine äußerst gefährdete, weil er in der Eile vergessen hatte, Waffen mitzunehmen. Danveld war ihm mittlerweile immer näher gekommen und hub von neuem an: »Ich versprach, Deinem Herrn heilenden Balsam zu senden, allein schlecht hat er mich dafür bezahlt. Folglich sage ihm …« Hier erhob er die Rechte bis zur Schulter des Böhmen: »Folglich sage ihm, daß ich, schaue her, in solcher Weise antworte.«

Bei diesen Worten versuchte er sein Schwert in die Kehle des Knappen zu stoßen, allein seine Absicht wurde vereitelt. Eine jede seiner Bewegungen war von dem Böhmen beobachtet worden, der jetzt mit eiserner Hand die Rechte des Angreifers umklammerte und sie in ihren Gelenken derartig bog und drehte, daß die Knochen krachten. Dann, sich tief auf sein Pferd herabbeugend, jagte er unter dem Schmerzensgebrüll des Verletzten davon, ohne daß ihn die anderen daran hätten hindern können.

Wohl versuchten Rotgier und Godfryd, ihn zu verfolgen, allein sie kehrten bald wieder zurück, in Schrecken versetzt durch das Stöhnen und Schreien Danvelds. De Löwe stützte ihn mit seinen Armen, er aber mit totenbleichem und doch auch wieder bläulichem Gesichte fuhr fort, dermaßen zu brüllen, daß das mit den vorausgeschickten Wagen reitende Gefolge die Pferde anhielt.

»Was ist Euch?« fragten Rotgier und Godfryd.

De Löwe befahl ihnen jedoch, so rasch wie möglich einen Wagen herbeizuschaffen, denn Danveld konnte sich offenbar nicht mehr im Sattel halten. Kalter Schweiß trat ihm auf die Stirn, besinnungslos fiel er zurück.

Sobald der Wagen bereit stand, wurde der Verletzte auf Stroh gebettet. So rasch wie möglich strebte man hierauf der Grenze zu. De Löwe trieb zur Eile an, war es ihm doch klar, daß nach den Vorgängen, ganz abgesehen von der Fürsorge für Danveld, keine Zeit verloren werden durfte. Bei letzterem auf dem Wagen sitzend, rieb er dessen Gesicht von Zeit zu Zeit mit Schnee, allein es gelang ihm lange nicht, den Ohnmächtigen zur Besinnung zu bringen.

Erst in der Nähe der Grenze öffnete Danveld die Augen und blickte staunend umher.

»Wie ist Euch?« fragte de Löwe.

»Ich empfinde keinen Schmerz mehr, allein meine Hand ist völlig gefühllos geworden.«

»Sie ist erstarrt, deshalb haben auch die Schmerzen aufgehört. In der warmen Stube werden sie zurückkehren. Doch danket Gott, daß Ihr im Augenblicke Linderung fühlt.«

Auch Rotgier und Godfryd näherten sich jetzt dem Wagen.

»Das Unglück ist geschehen,« rief ersterer, »was werden wir nun beginnen?«

»Wir sagen,« erklärte Danveld mit schwacher Stimme, »der Knappe habe de Fourcy getötet.«

»Von neuen Schandthaten, von neuen Missethaten können wir berichten!« fügte Rotgier bei.

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