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2. Kapitel

Erwin lag die halbe Nacht wach. Es wollte und wollte ihm keine Lösung für diese junge Frau einfallen.

Am Vormittag ging er in den Supermarkt und fragte eine Verkäuferin, was Maoams seien. Die nicht gerade intelligent aussehende und sich ebenso verhaltende Verkäuferin ließ ihn einfach stehen und schüttelte nur mit dem Kopf.

Zum Glück war ein Kind in der Nähe, das Erwin ganz selbstverständlich und hilfsbereit zu dem Regal mit den Maoams führte. Noch bevor er sich bedanken konnte, war das Kind wieder verschwunden. Erwin hätte gern auch diesem Kind Maoams gekauft, aber es war unauffindbar.

Nach dem Einkauf konnte Erwin sich nicht entschließen, die Maoams zu probieren. Es hätte ihm zu viel Überwindung gekostet.

Am Nachmittag war er überpünktlich im Park. Helga und Maria erwarteten ihn schon.

„Erwin, Du bist einfach ein richtig cooler Typ“, sagte Maria und nahm hocherfreut die Maoams und zog Erwin zum Steinehüpfen.

„Kannst Du mir erklären, warum die Steine über das Wasser hüpfen und nicht einfach untergehen? Mama konnte es mir nicht erklären; die hat keine Ahnung.“

„Natürlich kann ich das erklären, ich bin ja schließlich...“ Erwin stockte einen Moment und fuhr dann fort: „Fachmann für Steinehüpfen.“

„Dann erkläre es mir bitte.“

„Also, das ist ganz einfach. Man braucht einen ganz flachen Stein, der aussieht wie eine Scheibe eines gekochten Eis.“

„He? Ein gekochtes Ei?“

„Eigentlich muss der Stein wie eine Ellipse aussehen, damit er die richtige Rotation erhält.“

„Sag das doch gleich, dass Du eine Ellipse meinst. Ich weiß, was das ist. Sieht aus wie ein gequetschter Kreis. Aber was ist eine Rotation?“

„Du bist ja ein ganz kluges Mädchen. Rotation ist eine Drehbewegung. Wenn der elliptische Stein die richtige Drehbewegung erhält, hüpft er umso öfter über das Wasser.“

„Und wie machen wir, dass der Stein rotatiert?“

„Wenn man dem Stein beim Werfen mit dem Zeigefinger zuletzt loslässt, rotiert er.“

„Er rotiert und rotatiert also nicht?“, fragte Maria.

„Genauso ist es!“

Beide brauchten fast eine halbe Stunde, bis Maria es schaffte, die Steine über das Wasser hüpfen zu lassen.

Helga hatte beiden zugesehen und war erstaunt, wie Erwin, der ihrer Meinung nach schon etwas dement war und sich stets wie ein Trottel verhielt, solche kindgerechten Erklärungen abgeben konnte.

„Erwin, ich wollte mich für meinen gestrigen Überfall bezüglich der Betreuung von Maria entschuldigen.“

„Warum wollen Sie sich denn entschuldigen. Es war einer meiner schönsten Nachmittage der letzten Zeit.“

„Ich heiße Helga Meister. Wir kennen unsere Nachnamen gar nicht, obwohl wir uns seit sechs Wochen fast täglich sehen.“

„Erwin Schminke, aber lassen wir es bitte bei den Vornamen; ich finde das schöner und persönlicher und für Maria viel angenehmer.“

„Einverstanden! Entschuldigung, aber der Name Erwin Schminke kommt mir sehr bekannt vor. Es gab hier an der Uni einen Professor Schminke, bei dem hat der Vater von Maria promoviert.“

„Ja, davon habe ich auch schon gehört. Bitte erlauben Sie mir die Frage, was aus Marias Vater geworden ist.“

„Nachdem er seinen Doktorhut hatte, ist er sofort nach Amerika gegangen. Seitdem habe ich nichts mehr von ihm gehört.“

„Sie sagten doch gestern, dass Sie eine promovierte Volkswirtin seien. Schminke lehrte doch aber an der TU Maschinenbau mit Schwerpunkt Obsoleszenz.“

„Ja, das weiß ich. Marias Vater hat an der TU studiert und ich habe in Frankfurt studiert.“

„Ach so. Ich war schon ganz durcheinander. Aber erzählen Sie mir bitte noch einmal, warum man Sie auf der Bank nicht genommen hat.“

„Das können Sie doch nicht verstehen, lieber guter Erwin. Mit meiner Qualifikation haben die Chefs Angst, dass ich mehr weiß als sie; das kann kein Chef ertragen.“

„Also ich wäre früher glücklich gewesen, wenn mal einer mehr als ich gewusst hätte.“

„Na, lassen wir das Ganze. Ich will noch eine Freundin besuchen. Wir sehen uns ja bestimmt morgen wieder hier im Park“, sagte Helga und verließ Erwin und die Parkbank am Weiher.

Auf dem Nachhauseweg erinnerte sich Erwin an eine seiner früheren Assistentinnen. Sie hatte den Uni-Betrieb verlassen und mit einem Partner in der Nähe von Dresden ein Beratungsunternehmen gegründet. Das Letzte, was er von ihr gehört hatte, war, dass der Laden recht gut laufen würde.

Am frühen Abend hatte Erwin die Telefonnummer seiner ehemaligen Assistentin gefunden und rief sie an.

„Hallo Monika, hier spricht Erwin Schminke. Ich wollte nur einmal hören, wie es Ihnen geht.“

Nach diesen Worten herrschte auf der anderen Seite der Leitung Funkstille.

„Hallo Monika, sind Sie es und vor allen Dingen noch am Apparat?“

„Das glaube ich einfach nicht. Sie rufen mich an, Herr Professor?“

„Ja, warum denn nicht?“

Jetzt sprudelte Monika ohne Punkt und Komma hocherfreut los und freute sich ehrlich über Erwins Anruf.

Im Laufe des Telefonates erfuhr Erwin, dass ihre Beratungsfirma einen kräftigen geschäftlichen Rückschlag erlitten hätte, weil Monikas Partner sich von ihr getrennt und eine Konkurrenzfirma aufgemacht hatte. Er habe die meisten Kunden mitgenommen und mache ihr mit Firmenspionage das Leben schwer. Außerdem war der Partner für die kaufmännischen Angelegenheiten zuständig und sie, Monika, für die fachlichen Dinge. Von den geschäftlichen Notwendigkeiten der Führung ihres Unternehmens habe sie recht wenig Ahnung und noch keinen zuverlässigen neuen Geschäftspartner gefunden.

„Monika, ich werde nächste Woche Dresden besuchen und wenn Sie möchten, bei Ihnen reinschauen. Vielleicht habe ich auch eine passende neue Partnerin für Sie.“

„Herr Professor, das wäre wunderschön, wenn Sie mich hier in Radebeul besuchen würden. Ich kann es gar nicht erwarten.“

Erwin beendete das Gespräch mit den Worten: „Also dann bis in ein paar Tagen bei Ihnen. Ich rufe kurz vorher an. Machen Sie es bis dahin gut und Wiederhören.“

Vor dem Schlafengehen las Erwin noch eine Stunde in „Eichendorfs Taugenichts“ und freute sich über die romantische Sprache. Er fand eine früher angebrachte Markierung fast am Ende des dritten Kapitels: ... und alles ists gleich, ob ich noch da bin, oder in der Fremde, oder gestorben. Da kam mir die Welt auf einmal so entsetzlich groß und weit vor und ich so ganz allein darin, daß ich aus Herzensgrunde hätte weinen können.

Er fühlte sich wie Eichendorffs Taugenichts und dachte daran, wer denn wohl überhaupt richtig Notiz davon nehmen würde, wenn er jetzt stürbe. Seine Kinder würden vielleicht kurz trauern und sich aber alsbald darüber beschweren, dass sie mit seiner Beerdigung und allem Drum und Dran so viel Arbeit hätten.

Diese Gedanken machten ihn sonderbarerweise gar nicht traurig.

„Die Kinder wissen ja nicht, dass ihre Mutter alle meine Beraterhonorare gespart und gut angelegt hat, damit wir uns später ein Ferienhaus in Dänemark kaufen könnten“, redete er mit sich selbst und fuhr fort, dass er aber ohne die Seinige nicht mehr nach Dänemark gehen würde.

Bevor er einschlief, dachte er wieder an das Kind Maria und daran, dass sie die Einzige wäre, die ihn vermissen würde, weil es ja nun keine Maoams mehr gebe.

Wirtschaftsspionage

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