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Hüttenadvent

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Wenn ich an die langjährige Arbeit als Hüttenwirt zurückdenke, dann vor allem an die Abende bei schlechtem Wetter, die ganz der Familie gehörten. Als unser Sohn geboren war, mussten wir ihn im zarten Alter von einem halben Jahr für drei Monate zu meinen Eltern geben, da es unverantwortlich gewesen wäre, ihn auf das Matrashaus am Hochkönig mitzunehmen. Zwei Sommer lang war dies der Fall und jedes Mal, wenn wir vom Berg ins Tal siedelten, waren wir unserem Sohn fremd. Dieser Umstand brach uns schier das Herz, weswegen ich mich beim Alpenverein für eine Hütte bewarb, die tiefer lag und leichter erreichbar war. Nun war unsere Familie das ganze Jahr über vereint, und wir waren glücklich.

Im Winter konnte man uns nur mit Tourenski erreichen, ein Umstand, der uns nur wenige Gäste bescherte, und so musste gut hausgehalten werden, um einigermaßen finanziell über die Runden zu kommen. Damals gab es auf der Hütte noch Gaslicht mit empfindlichen Glühstrümpfen, die sofort zerbröselten, wenn man mit einem Gegenstand dagegenstieß. Deswegen behalfen wir uns an einsamen Abenden mit der Petroleumlampe und mit einer Laterne, deren dicke Kerze ein heimeliges Licht abgab. Beim Spiel am Küchentisch bekamen die Augen unseres Sohnes im Kerzenlicht einen Glanz, der uns verzauberte. Im Advent, wenn wir eingeschneit und allein in der Hütte waren, ergaben sich unwiederbringliche, romantische Stunden, in denen wir uns als Familie besonders nah waren.

Freilich war das Leben auf der Hütte mit Entbehrungen verbunden. Das kleine Häuschen mit den Toiletten war einige Meter abseits vom Hauptgebäude und ohne irgendeine Heizung.

Es bedurfte an kalten Wintertagen auch großer Umsicht, um das Wasser am Fließen zu halten. Bei Schneefall musste man ständig die Wege zum Klohäuschen und zur Holzhütte freischaufeln.

An einem Spätherbsttag, an dem bereits einige Zentimeter Schnee lagen, hatte sich eine Dohle an einem Zaunstempen verfangen. Schuld waren ein Stück Stacheldraht und ein kleines Plastiknetz, in dem sie mit einem Fuß hängen geblieben war. Mit der Hand ließ sie sich nicht fangen und so warf ich ein Handtuch über sie und befreite sie aus dem Stacheldraht. Das Netz an ihrem Fuß war das größere Problem. Es war bereits ein wenig eingewachsen und ihre Krallen an diesem Fuß von den verzweifelten Befreiungsversuchen mit dem Schnabel arg verletzt. Vorsichtig und mit der Hilfe meiner Frau und unseres kleinen Buben gelang die Befreiung und wir pflegten von nun an diese Dohle in unserer Holzhütte in einer leeren Box unseres Hasenstalls neben unserem weißen Angora-Hasen. Anfangs wollte sie nicht fressen. Wir versuchten es mit allerlei Dingen, die so in einer Hüttenspeisekammer zu finden sind. Rosinen waren schließlich unsere und der Dohle Rettung. Rosinen mochte sie für ihr Leben gern und wir hatten sehr viele davon auf Vorrat für den Kaiserschmarren, der oft mit Rosinen von den Gästen verlangt wurde. Irgendwann im Advent, als die Wunde am Bein verheilt war, entließen wir sie unter Protest unseres Sohnes wieder in die Freiheit. Von diesem Zeitpunkt an kam sie immer wieder einmal vorbei, um ein für sie bereitgestelltes kleines Schüsserl mit Rosinen leerzupicken. Sie wurde mit der Zeit so zahm, dass sie sich auf meinen Arm setzte oder auf die Schulter. Elf Jahre lang kam sie zu unserer Freude und der Freude der Gäste zu Besuch und machte mit lautem Geschrei auf sich aufmerksam, wenn einmal keine Rosinen im Schüsserl bereitlagen.

Unseren Tieren schenkten wir gerade in der stillen Zeit des Advents und des Winters überhaupt sehr viel Aufmerksamkeit. Da war ja auch Yeti, unsere Collie-Hündin, die schon am Matrashaus zu unserer Familie gehörte. Mit ihr machte ich die Ausbildung zum Lawinenhund, doch musste ich mit ihr nie zu einem Ernstfall ausrücken. Yeti verstand sich auch gut mit unserem Nymphensittich Cora. Der Vogel durfte es sich sogar in ihren langen Haaren bequem machen, wenn sie auf dem Boden lag. Und dann war da noch der Angora-Hase. Struppi wurde er von unserem Sohn getauft. An den einsamen Adventtagen durfte er auch in die Hütte und lag hier mit Vorliebe in der Holzlade des Küchenofens. Struppi war stubenrein. Wenn er an der Tür kratzte, war das ein Zeichen, dass er hinaus musste.

Alle unsere Tiere verstanden sich prächtig und wenn wir einige Schritte vor die Hütte gingen, dann begleiteten sie uns. Nun muss man sich das so vorstellen: Der Hund lief mit und der Hase hoppelte hinterher und dann kam auch noch die Dohle dazu, die bei diesen Spaziergängen gern dabei war und mitflog. Sie landete aber immer mit Abstand von Yeti, die sie oft verscheuchte. Unterhaltung pur für uns, die oftmals für viel Gelächter sorgte.

An den Abenden im Advent erfanden wir Geschichten oder Märchen wie jenes vom Apfel mit den roten Wangen und erzählten sie unserem Sohn …

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