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2.Ein Blick auf die Schäden von Wirtschaftskriminalität – ›Peanuts‹? Abfälle

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Ist es kriminell, Flüsse, Seen und die Meere zu verseuchen? Luft und Flüsse waren ja doch früher die ›kostenlosen Entsorgungsträger‹. Ich habe es als Kind selbst erlebt, wie sich der Fluss Kocher in meiner Geburtsstadt Aalen mit all den Farben gefüllt hat, welche die entsprechende Färberei dort jeweils abgelassen hatte.


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Auf die selbst gezogenen Pflanzen wurde E 605 gesprüht – ein heute verbotenes Pflanzengift. Der Himmel über der Ruhr, wo meine Frau herkommt, war meist nicht blau, sondern von Ruß durchsetzt, was u. a. den Lungen nicht besonders förderlich war.

All das war nicht kriminell – jedenfalls nicht im juristischen Sinn. Und es war üblich. Es hatte vor allem bestimmte Vorteile: für die verseuchenden Unternehmen.

Konnte man es wirklich nicht besser wissen? Oder betrachtete man dies schon damals als Kollateralschäden einer ›florierenden‹ Wirtschaft? Als notwendiges Übel?

Das kapitalistische Wirtschaftssystem hat eine unbeschreibliche Warenfülle hervorgebracht, mehr als es kaufkräftige Nachfrage gibt, weshalb für die reichen Staaten der Begriff der ›Wegwerfgesellschaft‹ geprägt wurde. Weil aber die Produktion im Mittelpunkt stand und immer noch steht (Marxisten sagen, die Verwandlung des Mehrwerts in Waren), sind die damit einhergehenden Abfälle doch weit mehr als nur ein Kollateralschaden; sie gehören zum System, sind also systemimmanent.

Am Grundprinzip, Abfälle privater Unternehmen zulasten der Gemeinschaft zu entsorgen (zu externalisieren) und auf diese Weise interne Kosten zu sparen, hat sich bis heute eigentlich nichts geändert.

Ein außergewöhnlicher Abfall, weil er besonders lange (nach)wirkt, ist der Abfall der Atomwirtschaft. Da stellt sich schon die Frage: Wie kann es überhaupt sein, dass Atomkraftwerke gebaut werden durften, ohne dass die Entsorgungsfrage auch nur annähernd gelöst war? Eine Frage, die bis heute nicht geklärt ist!

Weshalb war man beispielsweise bei einer einfachen Pizzeria kleinlicher und hat die Lizenz zum Aufstellen von Tischen und Sitzen nur erteilt, wenn eine Toilette nachgewiesen werden konnte?

Ist es vielleicht die Größenordnung? Ist es womöglich die Sichtbarkeit? Oder ist es vielmehr eine gesellschaftliche Meinungsprägung größten Ausmaßes, die ihren Ursprung in der gedanklichen Trennung der Kernspaltung in eine ›böse‹ Technologie in Form der Atombombe und eine vermeintlich ›gute‹ in Form der ›zivilen Nutzung‹ dieser Energie hatte?

Tatsächlich sind wir heute, trotz einer weltumspannenden kritischen Anti-AKW-Bewegung, nicht viel weiter. Denn trotz ungeklärter Entsorgung des radioaktiven Abfalls werden neue AKWs geplant, auch in der Europäischen Union.

Und es stellt sich die weitere Frage: Weshalb werden heute noch die meisten der damals entstandenen Folgekosten den Unternehmen abgenommen, auch den profitablen, und der Bevölkerung aufgebürdet? Und weshalb wird es zugelassen, dass die Folgen für Millionen von Jahren unseren Nachkommen zur Last fallen? Und warum soll das nicht kriminell sein?

Wie lange dürfen japanische Unternehmen hochgiftiges Plutonium in den Pazifik leiten?

Weshalb dürfen von Lingen aus immer noch deutsche Kernbrennstäbe an ausländische AKWs (darunter auch Japan) exportiert werden?

Diesem Problem hat auch BCC in seinem Heft BIG Business Crime einen größeren Artikel gewidmet:

»Das unbewältigte Erbe von gerade mal einem halben Jahrhundert Stromproduktion bedroht und belastet die nächsten 330.000 Generationen. Kein Druckfehler. 330.000 Generationen, das sind über acht Millionen Jahre. Man kann sich kaum ausmalen, wie sehr Milliarden von Nachkommen unsere Generation wegen dieser tödlichen Hinterlassenschaft verfluchen werden.«10

Noch erstaunlicher sei allerdings, dass es Politik und Wirtschaft seit Jahrzehnten gelungen sei, dem Volk zu suggerieren, die Atomtechnik sei eine sichere und beherrschbare. Aus Schwarz einfach Weiß zu machen sei eine Form der Manipulation, die durchaus zum Instrumentarium der Wirtschaftskriminalität gezählt werden dürfe.

Umwelt und Umweltverbrechen wurden von BCC auch in weiteren Beiträgen beleuchtet. Denn etwa in der Abfallwirtschaft haben sich das Organisierte Verbrechen und die legale Wirtschaft immer schon überschnitten.

Und bezeichnenderweise spielt auch das große Schweigen in einem Beitrag von Eckhardt Momber in BIG Business Crime 1/2017 eine zentrale Rolle, wenn er am Schluss auf die Frage, was das Wichtigste auf seiner Reise nach Fukushima war, bemerkt:

»Zweierlei, erstens die bedrohliche Unsichtbarkeit der Radioaktivität und zweitens das mehrheitliche Schweigen im Wissen darüber in einem Land, in dem es nun schon zum dritten Mal zu einer atomaren Explosion gekommen war.«11

Nicht ohne Grund ist Omertà (die Schweigepflicht) ein Prinzip der Mafia und anderer krimineller Organisationen.

Stellvertretend für das Abfallproblem sei hier nachfolgend der ganz aktuell im Frühjahr 2021 in die Öffentlichkeit gelangte Fall der Laugenentsorgung zulasten von Flüssen und Trinkwasser durch K+S12 geschildert und analysiert, weil er alle typischen Merkmale von Unternehmenspolitik in ihrem Verhältnis zu Staat und Kommunen aufweist.

Business Crime – Skandale mit System

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