Читать книгу Die Thronfolgerin - Hildegard Burri-Bayer - Страница 10

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»Ich denke nicht daran, an dieser Hochzeit teilzunehmen«, rief Maria entschlossen aus und verschränkte ihre Arme vor der Brust, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen.

Madame Halewyn tauschte einen erschrockenen Blick mit dem Hofschneider, der auf Marias Worte hin überrascht das Maßband, das er in der Hand hielt, zu Boden hatte sinken lassen.

»Lasst uns allein«, befahl sie schließlich und wartete, bis der Schneider, gefolgt von Marias Hofdamen, den Ankleideraum verlassen hatte.

Sie wandte sie sich an Maria, die ihren Blick trotzig erwiderte.

»Was denkst du dir nur dabei?«, fragte sie vorwurfsvoll.

»Es ist deine Pflicht, an dieser Hochzeit teilzunehmen und deinen Vater zu unterstützen.«

Maria gab ihr keine Antwort.

Madame Halewyn trat auf sie zu und ergriff ihre Hände.

Ihre Stimme nahm einen beschwörenden Klang an.

»Deine Mutter hätte es so gewollt. Sie hat deinen Vater und auch dieses Land über alles geliebt und hätte niemals etwas getan, um ihm zu schaden.«

Marias Augen füllten sich mit Tränen. »Ich will meinem Vater nicht schaden«, erwiderte sie beschämt, »aber ich fühle mich, als würde ich meine Mutter verraten, wenn ich auf dieser Hochzeit erscheine.«

»Dein Vater heiratet diese Engländerin allein aus politischen Gründen. Jeder weiß, wie sehr er deine Mutter geliebt hat. Sie wird immer in seinem Herzen sein, und niemand wird dort jemals ihren Platz einnehmen. Und jetzt lass uns weitermachen, sonst werden deine Kleider nicht rechtzeitig fertig werden.«

Erleichtert sah sie, wie Maria nickte.

Madame Halewyn hatte alle Hände voll zu tun, um Marias aufgeregt durcheinanderflatternde Hofdamen mit den notwendigen einzelnen Schritten des Zeremoniells während der Hochzeit vertraut zu machen und den immer wieder neu aufflammenden Streit um die Platzverteilung in ihrem Gefolge zu schlichten.

Lisette als zweiter Hofdame hätte ein Platz direkt hinter Maria gebührt, doch da sie die anderen Hofdamen um einen Kopf überragte und so das harmonische Bild störte, hatte Olivier ihr einen Platz in der letzten Reihe zugewiesen.

Hartnäckig weigerte sie sich, ihren Platz einzunehmen.

»Wenn ich schon nicht vorne mitgehen darf, werde ich eben das Kissen mit dem Seidentuch tragen«, forderte sie gekränkt.

Die dunkelhaarige Irmingard, der diese ehrenvolle Aufgabe zugewiesen worden war, dachte jedoch nicht daran, sich diese kampflos wieder wegnehmen zu lassen.

Ein heftiger Streit entstand, und Madame Halewyn hatte große Mühe, ihn zu schlichten, weil beide Damen sich einfach nicht mehr beruhigen wollten.

Jeder Schritt war während der Festlichkeiten von Sire Olivier de la Marche, dem Zeremonienmeister, genau festgelegt worden. Unnahbar und Respekt einflößend stand er Madame Halewyn in diesen schweren Tagen zur Seite und lobte, tadelte und verzweifelte, bis sich die schnatternde Mädchenschar auf sein Kommando hin endlich wie ein einziger Körper in weich fließender Harmonie in Bewegung setzte. Eine erst silbern, dann wieder golden schimmernde Woge, die das nach Prunk gierende Volk verzücken und den an Glanz alles überstrahlenden burgundischen Hof in überirdische Sphären rücken würde.

An einem heißen Junitag war es endlich so weit.

Ein Raunen ging durch die Menge, als das mit Fahnen und Wappen geschmückte Schiff der Braut in den Hafen einfuhr.

Margarete von York saß in tadelloser Haltung, umgeben von den Damen des englischen Hochadels, in einem goldenen Sessel, über den ein scharlachroter Baldachin gespannt war. Sie hatte gelernt, ihre Gefühle hinter einem hoheitsvollen, unbewegten Gesichtsausdruck zu verbergen, und so konnte ihr niemand ansehen, was sie fühlte oder dachte, als sie ihrem neuen Leben entgegenblickte.

Sie war lediglich ein Unterpfand für das Bündnis zwischen England und Burgund und hatte deswegen ihre Heimat und damit alles, was ihr lieb und teuer war, zurücklassen müssen. Es war ein seltsames Gefühl, nicht mehr als ein Pfand zu sein, und während der Überfahrt auf dem schlingernden Schiff war sie abwechselnd wütend und traurig darüber gewesen.

Doch dann hatte der Wind aufgefrischt, und die Wellen waren donnernd auf die Planken gestürzt. Das Meer tobte, und eine Weile sah es danach aus, als ob das Schiff kentern und die Mannschaft mitsamt den Passagieren auf den Grund des Meeres sinken würde.

Margarete lag in wollene Decken gehüllt unter Deck und zitterte am ganzen Körper. Sie wollte noch nicht sterben und flehte Gott an, ihr beizustehen. Sie dachte an die Sünden, die sie begangen hatte, an den jungen Edelmann, für den ihr Herz heimlich schlug, obwohl sie wusste, dass es nicht sein durfte.

Wollte Gott sie strafen, weil sie versucht hatte, sich gegen ihr Schicksal aufzulehnen? Und gegen die von ihm gewollte Ordnung, die vorsah, dass Menschen ihres Standes sich ausschließlich zum Wohle ihres Volkes vermählen durften?

Als ihr Bruder Eduard VI. ihr mitgeteilt hatte, dass sie den Herzog von Burgund heiraten würde, war sie entsetzt gewesen, und es hatte eine Weile gedauert, bis sie sich damit abgefunden hatte.

»Die Heirat ist wichtig für England und für das Haus York«, hatte Eduard ihr erklärt. »Ich erwarte von Euch, dass Ihr mich über Karls Pläne auf dem Laufenden haltet. Ihr müsst Eure Ohren überall haben und solltet gut auf Eure zukünftige Schwiegertochter achten und Euren ganzen Einfluss bei der Wahl ihres Bräutigams geltend machen.«

Danach hatte er sie leicht auf beide Wangen geküsst, und sein Mund war ganz nah an ihrem Ohr gewesen.

»Ihr werdet mir fehlen, teure Schwester, und denkt immer daran: Der Bräutigam Maria von Burgunds muss ein Engländer sein.«

Sie hatte es versprochen und sich unter Tränen von ihm verabschiedet. Ob sie Eduard und ihre Heimat jemals wiedersehen würde?

Von beiden Seiten des Ufers erschallten jubelnde Zurufe, begleitet vom Hufschlag der Pferde und dem Knattern flatternder Fahnen, die zahlreiche Ritter in schimmernden Rüstungen der prächtig geschmückten Kogge entgegenstreckten.

Margarete hatte alles getan, um ihre strahlende Erscheinung auch noch durch eine dem Anlass angemessene prunkvolle Kleidung und Ausstattung zur Geltung zu bringen.

Ihr tief dekolletiertes Hochzeitsgewand aus weiß schimmernder, golddurchwirkter Seide war über und über mit Edelsteinen besetzt.

Ein goldenes Collier mit funkelnden Rubinen zierte ihren schlanken Hals, und ihr rotblondes kunstvoll frisiertes Haar wurde von einem dazu passenden Diadem gekrönt.

Mit zitternden Knien verließ sie gefolgt von ihren Damen das Schiff.

Die dicken Bohlen des Steges schwankten bedrohlich unter ihren Füßen.

Feine Schweißperlen glänzten auf ihrer Stirn, als sie sich verzweifelt darum bemühte, das Gleichgewicht zu behalten, während sie sich den Blicken der gaffenden Menge, die jede ihrer Bewegungen genau verfolgte, schutzlos ausgeliefert fühlte.

Nach einem kurzen Blick in das bleiche Gesicht der Gräfin Blount, ihrer engsten Vertrauten, erkannte sie, dass sie von ihr keine Hilfe erwarten konnte. Hohlwangig und mit gesenktem Blick kämpfte Theresa von Blount gegen die aufsteigende Übelkeit an, die sich dank des Gestanks von ranzigem Wollfett, der wie eine schmutzige Glocke über dem Hafen hing, noch verstärkte. Seitdem sie den sicheren Boden Englands verlassen und das schlingernde Schiff betreten hatte, hatte sie sich die Seele aus dem Leib gespien.

Mühsam zwang Margarete sich dazu, einen Schritt vor den anderen zu setzen, und spürte erleichtert, wie das Schwanken langsam nachließ.

Das erste Mal seit Wochen hatte sie wieder festen Boden unter den Füßen, aber es war nur ein schwacher Trost, wenn sie daran dachte, was noch alles vor ihr lag.

Die Eindrücke, die von allen Seiten auf sie einströmten, vermischten sich mit dem Quietschen der mächtigen hölzernen Kräne am Kai des nahe gelegenen Minnewater-Hafens, wo gerade schwere Lasten von mehreren ankernden Schiffen abgeladen wurden. Die Flüche der Männer, die Kisten und Fässer schleppten, und das Ächzen der Masten im Wind überdeckten fast das Kreischen der Möwen, die silbernen Schatten gleich über das glitzernde Wasser glitten.

Warme Winde umschmeichelten Margaretes Gesicht, und die heiße Mittagssonne tauchte das fremde Land mit den schmalen, hohen Häusern in ein gleißendes Licht. Ihre treppenförmigen Giebel erinnerten sie an die kostbaren gestickten Spitzen, die Flandern neben seinem begehrten Tuch weit über seine Grenzen hinaus berühmt gemacht hatten.

Ob sie in diesem Land wohl glücklich werden würde?

Marias Herz pochte ungestüm, als Margarete unter den neugierigen Blicken der Menge auf sie zutrat.

Überrascht musterte sie die hochgewachsene junge Frau, die so gar nicht dem Bild entsprach, das sie sich von ihr gemacht hatte. Sie war viel zu jung, um ihre Mutter zu sein, und Maria konnte weder Kälte noch Arglist in den feinen Gesichtszügen ausmachen.

Margarete ließ Marias Musterung schweigend über sich ergehen und nutzte die Möglichkeit, die Tochter des Herzogs ihrerseits einer ersten Musterung zu unterziehen. Maria war kleiner als sie und von eigenartiger Schönheit. Sie wirkte ein wenig verloren in dem kostbaren Kleid, das sie wie ein goldener Käfig umschloss.

Ihre Augen trafen sich, und der unnahbare Ausdruck, der wie ein Schutzschild auf Margaretes Gesicht lag, wich einem warmen, scheuen Lächeln, als sie Maria zur Begrüßung beide Hände reichte.

Ihr Lächeln rührte Maria, ebenso wie die Wärme, die in ihren schönen Augen lag und die so blau waren wie der Himmel an einem strahlenden Sommertag.

Sie vergaß ihre voreilig gefassten Vorbehalte, und eine Welle der Zuneigung für die schöne, junge Engländerin erfasste sie, als sie, von ihren Gefühlen überwältigt, die ihr dargebotenen Hände ergriff und sie tröstend drückte.

Sie ahnte nicht, dass sie in Margarete damit eine schwesterliche Freundin gefunden hatte, die ihr ein Leben lang treu zur Seite stehen sollte.

Weil die Räumlichkeiten des Schlosses für die Hochzeitsfeierlichkeiten nicht ausreichend Platz boten, war auf dem Ballspielplatz vor dem Schloss ein riesiger hölzerner Saalbau errichtet worden.

An beiden Enden des Saales befanden sich Emporen, an seinen Längsseiten standen achtzehn Tafeln für die Gäste bereit, an deren einem Ende und quer zu ihnen gestellt sich die Ehrentafel unter Baldachinen aus golddurchwirktem Tuch erhob.

Im Licht unzähliger Kerzenleuchter funkelten Prachtgewänder und Juwelen, auf Kredenzen und Tischen schimmerte Prunkgeschirr, und an den Wänden leuchteten herrliche Tapisserien.

Margarete hatte gerade ihren Platz zwischen Karl und Maria eingenommen, als auch schon das erste Kommando des Herolds ertönte.

Unter den rauschenden, hellen Tönen der Fanfaren öffneten sich die Türen, und die Herren des Hochadels marschierten in silberverbrämten Seidenröcken mit den ersten Fleischplatten herein.

Der Vorschneider trat vor das Brautpaar und küsste andächtig das Heft des herzoglichen Messers. Ihm folgte der Vorkoster, der das silbern eingefasste Stück eines Einhorns bekreuzigte, mit dem die Giftlosigkeit jedes einzelnen Gerichtes bewiesen werden sollte und der sich danach unverzüglich ans Werk machte. Der Brotverwalter küsste kniend die Serviette, bevor er sie dem Herzog überreichte, und damit war die Tafel eröffnet.

Margarete war überwältigt! Karl von Burgund hatte sie in eine Welt geführt, die so unwirklich und fantastisch war wie ein schimmernder Traum. Sie fühlte sich, als wäre sie Teil eines bis ins kleinste Detail inszenierten Theaterstücks und vermied deshalb jede Bewegung, aus Angst, sie könnte etwas Falsches tun.

Maria schien ihre Unsicherheit zu spüren, denn sie beugte sich vor und brachte ihren Mund nah an Margaretes Ohr.

»Du brauchst nicht gleich vor Ehrfurcht zu erstarren. Der elegante Chevalier mit dem Einhorn ist ein ungebildeter dummer Tropf, der kein Wort Latein spricht, und der aufgeplusterte Serviettenhalter zittert schon, wenn mein Vater ihn nur anschaut.«

Margaretes Anspannung löste sich ein wenig. Lächelnd lauschte sie Maria, als diese fortfuhr, all den fremden Gesichtern um sie herum einen Namen zu geben, und ihr auch gleich noch die eine oder andere Anekdote zu den Betreffenden beisteuerte, bis ihr der Kopf schwirrte.

»Wenn sie erst einmal genügend Wein in sich hineingeschüttet haben, bleibt von ihrer Würde nicht mehr viel übrig.«

Sie zwinkerte Margarete verschwörerisch zu und war überrascht, wie vertraut sie ihr in der kurzen Zeit schon geworden war.

Antoine, der Großbastard von Burgund, betrachtete Margarete aufmerksam, bevor er lautstark seinen Becher erhob. Er besaß eine gewisse Ähnlichkeit mit seinem Halbbruder Karl, dem er treu ergeben war, nur waren seine Züge feiner und sein Lächeln unwiderstehlich.

Er war von der gleichen rastlosen Unruhe beherrscht wie Karl, hatte darüber hinaus aber auch die Leidenschaft seines Vaters, Philipp des Guten, für schöne Frauen und guten Wein geerbt.

Es waren diese Vorlieben, die ihn mit dem Grafen von Campobasso verbanden, einen etwas undurchsichtigen und rücksichtslosen Mann, der einzig und allein um sein eigenes Wohlergehen besorgt war.

»Wir trinken auf Englands entzückende weiße Rose, die uns schon bald drei ganz besondere Lilien einbringen wird«, rief Antoine nun fröhlich aus und trank dem Grafen von Campobasso zu, der ihm begeistert applaudierte.

Oliviers hageres Gesicht versteinerte. Die derbe Anspielung auf die Lilien, die König Ludwigs Wappen zierten, war eine Beleidigung für die französischen Gäste, die am Ende der langen Tafel platziert worden waren.

Zu seiner Erleichterung waren diese jedoch so sehr mit Essen und Trinken beschäftigt, dass sie die Anspielung gar nicht mitbekommen hatten, doch es war nur eine Frage der Zeit, bis ihnen die abfälligen Worte des Großbastards zugetragen werden würden.

Fürsten- und Herzogssöhne betätigten sich als Mundschenke, Truchsessen und Vorschneider, während Speisenprüfer zwischen den einzelnen Gängen morgenländische Früchte in Gewürzen und marokkanischen Zucker sowie warmes Wasser zum Händewaschen reichten, das mit aromatischen Essenzen parfümiert war.

Weintrauben wurden in Silberkörbchen und verschiedene Fische auf aufgetakelten Schiffen serviert, die mit den Wappen der einzelnen Länder Burgunds geschmückt waren, während der darauf folgende Fleischgang wiederum in unterschiedlichen Gärten, von goldenen Hecken umfriedet, angerichtet war.

Einige der Gerichte waren Margarete so fremd, dass sie zuerst unauffällig beobachtete, wie ihre Stieftochter sich davon nahm, bevor sie selbst zuzugreifen wagte.

Nachdem das Konfekt serviert worden war, erschallten erneut die Fanfaren.

Margarete hielt den Atem an, denn ein goldener Löwe von der Größe eines Pferdes war der Welt der Fabeln entsprungen und kam direkt auf sie zugefahren. Auf seinem Rücken saß ein winziges, als Hirtin verkleidetes Zwergenmädchen. Sein langes, üppiges Haar floss wie geschmolzenes Gold über seine Schultern und bildete oberhalb seiner Stirn einen Wirbel, den das Volk »Teufelsmütze« nannte.

Vor dem Brautpaar angekommen, öffnete sich der mächtige Rachen des Löwen, doch anstatt des erwarteten Gebrülls erklang ein liebliches Willkommenslied.

Der Hofmarschall hob die Zwergin vom Rücken des Löwen und setzte sie vor Margarete auf den Tisch, mit der Bitte, auch sie möge ihre zukünftigen Schäflein getreulich hüten.

Das Mädchen trug ein viel zu schweres eisernes Halsband, wie es für wilde Tiere gefertigt wurde, und starrte Margareta ängstlich an.

Zitternd erhob es sich und verneigte sich mit weichen Knien vor seiner neuen Herrin, wie es ihm befohlen worden war.

In seinem Eifer, alles richtig zu machen, neigte es seinen Kopf jedoch zu weit nach vorn und verlor das Gleichgewicht. Seine kurzen Ärmchen ruderten noch eine Weile wild durch die Luft, dann stürzte es kopfüber in Margaretas Schoß.

Margareta erbleichte und auch die Hochzeitsgesellschaft schwieg erschrocken, unsicher, wie sie reagieren sollte. Sogar die Musiker hatten aufgehört zu spielen und warteten auf ein Zeichen des Kapellmeisters.

Die Stille in dem großen Festzelt wurde mit jedem Augenblick drückender. Aller Augen richteten sich auf den Herzog, der sich noch nicht entschieden hatte, wie er reagieren sollte, als der stark angetrunkene Graf von Campobasso sich nicht länger beherrschen konnte und in prustendes Gelächter ausbrach. Das Gesicht Herzog Karls entspannte sich, als andere Gäste nun ebenfalls in Campobassos Lachen mit einfielen und sich das Gelächter nach und nach zu einem wahren Sturm steigerte. Die Gäste schienen sich vor lauter Vergnügen gar nicht mehr beruhigen zu können.

Es war aber auch zu komisch, wie die Zwergin der Braut am Tage ihrer Hochzeit in den Schoß gekullert war.

Auf einen Wink Karls hin hob ein Diener das Mädchen aus Margaretas Schoß heraus und trug es aus dem Zelt.

Sofort begannen die Musiker wieder zu spielen, und unter ihren raumfüllenden Klängen beruhigten sich die Gäste langsam wieder, wenn auch nur langsam. Doch auch die Musik konnte nicht verhindern, dass heimlich darüber getuschelt wurde, ob dieser Zwischenfall nicht ein böses Omen dafür gewesen war, dass die neue Herzogin von Burgund keine gesunden Kinder gebären würde.

Unter den strengen Augen Oliviers de la Marche gingen die festlichen Darbietungen weiter; allegorische Szenen, Pantomimen, Moriskentänze und Vorführungen mit verschiedenen dressierten Raubtieren folgten in bunter Reihe und setzten dem Getuschel zunächst ein Ende.

Maria war ebenso entzückt wie Margarete, deren Sinne von der Fülle der fremdartigen fantastischen Darbietungen so überwältigt waren, dass sie darüber all ihre Ängste und ihre Aufregung über den Sturz der Zwergin vergaß. Erst als Karl besitzergreifend nach ihrer Hand griff, kehrte sie ernüchtert in die Wirklichkeit zurück.

Das unmissverständliche Begehren in seinen dunklen Augen trieb ihr eine brennende Röte ins Gesicht, und obwohl sie sich vor der Hochzeitsnacht fürchtete, spürte sie einen wohliger Schauer durch ihren Körper rinnen, als Karl ihr unvermittelt in die Augen sah, ohne ihr die Möglichkeit zu lassen, seinem Blick auszuweichen.

Der Mann an ihrer Seite war dunkel und fremd, und in seinem spöttischen Lächeln schwang Überlegenheit und Stolz mit.

Doch die Art und Weise, wie er sie ansah, traf sie mitten ins Herz.

Ihr Puls begann vor Aufregung zu rasen, und ihre Kehle und ihre Lippen waren auf einmal wie ausgetrocknet.

Entgegen aller Etikette zog Karl nun selbst die goldene Kanne zu sich heran und füllte ihr eigenhändig den Becher mit dem schweren Burgunderwein, der ihr die Sinne vernebelte und sie in eine Wolke seligen Entzückens hüllte. Selbstvergessen fuhr sie sich mit der Zungenspitze über die Lippen, während Karl fasziniert jede noch so kleine Bewegung und Regung an ihr beobachtete.

Sein Blick glitt über ihren schlanken weißen Hals, hinunter zu dem schimmernden Dekolleté, das den Ansatz ihrer vollen Brüste erkennen ließ, ohne jedoch zu viel von ihnen preiszugeben.

Berauscht vom Wein, schenkte Margarete ihm ein zaghaftes Lächeln, in dem ein Hauch von Herausforderung lag, was Karl entzückte.

Über die ewigen Streitereien und vielen Kriege, die er führte, hatte er fast schon vergessen, wie viel Vergnügen eine schöne und willige Frau einem Mann bereiten konnte. Doch heute Nacht würde es anders sein.

Nachdem die letzten Klänge der Kapelle verhallt waren, geleitete der gesamte Hofstaat das Brautpaar in seine Gemächer.

Während die Kammerherren Karl aus seinen Gewändern halfen, bemühte sich eine Schar tuschelnder Damen in einem Nebenraum um Margarete.

Neugierige Augen hefteten sich auf ihren Körper und beobachteten jede ihrer Gesten und jeden Ausdruck ihres Gesichts. Fremde Hände halfen ihr aus dem kostbaren Brautkleid, lösten die Krone aus ihrem Haar und kämmten es so lange, bis es in seidigen Wellen über ihre Schultern fiel.

Anschließend verrieben die Damen kostbare Duftöle auf ihrer Haut und streiften ihr ein weiß schimmerndes, hauchdünnes Seidengewand über, das angenehm kühl auf ihrer Haut lag und ihren Körper mehr enthüllte als verbarg.

Mit flatterndem Herzen trat Margarete schließlich vor den riesigen Kristallspiegel, der die gesamte Stirnseite ihres Ankleidezimmers einnahm und das warme Licht der Kerzen zurückwarf und dadurch noch einmal vervielfachte.

Heiße Röte stieg ihr in die Wangen, als sie bemerkte, wie sich die Konturen ihres Körpers deutlich unter dem schleierähnlichen Gewand abzeichneten und ihre üppigen Brüste, die schmale Taille und die langen, schlanken Beine voll zur Geltung brachten.

Unter der kühlen Seide hatten sich ihre Brustwarzen aufgerichtet und drückten nun provozierend gegen den dünnen Stoff.

Sie fühlte sich nackt und bloßgestellt vor all den Frauen, die sie mit kaum verhohlener Neugier anstarrten, und wünschte sich, dass ihre Zofe Theresa bei ihr sein könnte, doch ihr Gemahl hatte all ihre Hofdamen mit dem Schiff nach England zurückgeschickt. Sie hatte nicht gewagt, dagegen zu protestieren, und sich unter Tränen von ihnen verabschiedet.

Abrupt wandte sie sich von ihrem Spiegelbild ab und zwang die Damen dadurch, ihr in die Augen zu sehen.

»Ihr könnt gehen«, befahl sie schärfer als beabsichtigt.

Doch die Damen bewegten sich nicht, sondern starrten sie nur verständnislos an.

Margarete hatte in ihrer Aufregung gar nicht bemerkt, dass sie englisch gesprochen hatte. Ihre Stimme zitterte leicht, als sie ihren Befehl in fließendem Französisch wiederholte, woraufhin sich die Damen nunmehr gehorsam vor ihr verneigten und sich entfernten.

Margarete war allein.

Sie atmete noch einmal tief durch, dann betrat sie mit weichen Knien das Brautgemach, in dem Karl sie bereits erwartete. Ein überwältigendes Lichtermeer aus unzähligen Kerzen in hohen goldenen Leuchtern ließ nur wenige Stellen in dem prunkvollen Raum im Schatten.

Geblendet schloss Margarete die Augen und blieb einen Augenblick inmitten der weit aufschwingenden Flügeltüren stehen.

Ein riesiges Bett, das direkt ihr gegenüberstand, beherrschte die gesamte Stirnseite des Schlafgemachs.

In Grün und Violett gehaltene Vorhänge aus schimmerndem Damast hingen wie fließend von einem hohen Gestell herab über dem Bett und umrahmten es wie ein Wasserfall von drei Seiten.

Bei dem Gedanken an das, was sie erwartete, überkam sie ein Anflug von Panik. Ihre Kehle war wie zugeschnürt. Unwillkürlich drückte sie ihre Schultern durch, verschränkte ihre Arme wie zum Schutz über der Brust und zwang ihren Blick vom Bett zu den Seitenwänden.

Die dort aufgehängten prachtvollen und kostbaren Tapisserien zeigten allesamt Schlachtenszenen aus vergangenen Zeiten; mutige Krieger und stolze Feldherren, die zum Herrschen geboren waren, Alexander, Cäsar, Hannibal.

Staunend schritt sie an den Kunstwerken vorbei, ohne ihren Blick von ihnen zu wenden. Die dargestellten Krieger wirkten so lebensecht und lebendig, als würden sie jeden Augenblick aus der Wand hervortreten.

Der Wirker, der diese Teppiche gewebt hatte, musste wahrhaftig ein großer Künstler sein, den sie unbedingt einmal kennen lernen wollte. Sobald sich eine Gelegenheit bieten würde, würde sie sich nach ihm erkundigen.

Plötzlich kam ihr wieder zu Bewusstsein, wo sie war, und sie wunderte sich über ihre Gedanken, die mehr als merkwürdig waren in einer Situation wie dieser. Da stand sie halbnackt in ihrem Brautgemach, alleine mit einem Mann, den sie kaum kannte, und dachte über einen unbekannten Künstler nach.

Aber es war nicht das erste Mal seit ihrer Ankunft in Burgund, dass ihr in diesem fremden Land etwas so unwirklich erschien wie in einem Traum.

In der Mitte des Raumes blieb sie stehen und versuchte ihre Gedanken zu ordnen, doch ihr Kopf war plötzlich leer. Sie spürte, wie ihre Zunge schwer wurde, und war froh darüber, nicht sprechen zu müssen. Der berauschende Wein, den ihr Gemahl ihr während des Mahls eingeschenkt hatte, schien erst jetzt seine volle Wirkung zu entfalten.

Benommen fuhr sich Margarete über ihre Stirn. Aus den Augenwinkeln heraus sah sie zu Karl hinüber.

Er wirkte schläfrig wie ein gesättigtes Raubtier, das seine Beute dennoch keinen Moment aus den Augen ließ.

Sie spürte, wie seine Blicke über ihren Körper wanderten, ähnlich einer sanften Brise, und ein angenehmes Kribbeln breitete sich auf ihrer Haut aus.

Es gefiel Karl, wie interessiert Margarete seine Lieblingsteppiche betrachtete, die er sogar auf jedem seiner Feldzüge mit sich führte.

Sie schien so in ihre Betrachtung versunken, dass sie ganz vergessen zu haben schien, warum sie hier war.

Eingehüllt in seinen Schlafrock aus Zindeltaft, saß er in einem breiten Lehnstuhl vor dem Kamin, das Gesicht halb im Schatten, und beobachtete sie unter halb geschlossenen Lidern.

Ihre vollen Brüste erregten ihn, und er spürte, wie sein Blut heiß wurde.

Ohne den Blick von ihr zu wenden, erhob er sich und trat hinter sie.

Sein warmer Atem streifte ihren Nacken, als er sich vorbeugte und ihre Brüste mit beiden Händen umschloss.

Margarete erschauerte unter der Berührung, und ihr Herz hämmerte wie wild in ihrer Brust. Die Bilder vor ihren Augen verschwammen, als er sanft begann, ihre Brüste zu kneten, und spielerisch ihre Brustwarzen zwischen seine Finger nahm, bevor seine Hände weiter über ihren Körper wanderten, mühelos die empfindlichsten Stellen fanden und sie erst sachte, dann fordernder streichelten.

Karl ließ sich Zeit. Er hatte beschlossen, diese Nacht auszukosten, die Einzige, die er sich auf lange Zeit gesehen zugestehen wollte.

Margaretes Haut erglühte unter seinen Berührungen, heiße, nie gekannte Schauer liefen durch ihren Körper, und die Welt um sie herum fing an, sich in luftige Schleier aufzulösen.

Auch Karls Atem ging schneller, und wie von selbst schlang Margarete ihre Arme um seinen Hals, als er sie hochhob und zum Bett hinübertrug. Durch den dünnen Stoff hindurch spürte sie seine harten Muskeln, die sich bei jeder seiner Bewegungen spannten und streckten, während er sie aufs Bett gleiten ließ.

Sanft, aber bestimmt löste er ihre Arme, die ihn noch immer fest umschlungen hielten, und schob das Seidenhemd langsam über ihre Hüften, Taille und Busen, bevor er es ihr schließlich über den Kopf streifte und achtlos auf den Boden fallen ließ.

Danach lag sie vor ihm, wie Gott sie erschaffen hatte.

Sie war schön. Einen Augenblick berauschte er sich an ihrem Anblick, ihrer schmalen Taille, der wohl gerundeten Hüfte und den weißen Schenkeln, von deren Mitte ihre Scham rötlich abstach.

Margarete streckte die Arme nach ihm aus und bot ihm lockend ihren Mund. Als er sich neben ihr ausstreckte, war er überrascht von der ungestümen Leidenschaft, mit der sie ihn empfing.

Wie von selbst fanden sie in einen gemeinsamen Rhythmus. Ihre Körper glitten ineinander, ertasteten und erkundeten einander ohne jede Scham und Vorbehalte, und selbstvergessen ließen sie sich in ihrer Lust von einem Höhepunkt zum nächsten treiben.

Die Thronfolgerin

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