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3. Bedeutung von „Insbesondere“
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Abschließend bleibt zu erörtern, welche Bedeutung dem Wort „insbesondere“ in § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zukommt. Nach allgemeiner Einordnung handelt es sich bei der Aufzählung von Entlohnungsgrundsätzen und Entlohnungsmethoden lediglich um Regelbeispiele für die betriebliche Lohngestaltung. Diese Beispiele sind nicht abschließend. Unter betrieblicher Lohngestaltung könnten noch andere Fallgestaltungen subsumiert werden. Dies verdeutlicht das Wort „insbesondere“.
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Es könnte die Auffassung vertreten werden, dass dem Regelbeispielscharakter des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG keinerlei Bedeutung zukommt, da alle Fälle der betrieblichen Lohngestaltung bereits unter Entlohnungsgrundsatz und Entlohnungsmethode subsumiert werden können.
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Aufschluss über diese Behauptung gibt die historische Entwicklung. Nach § 56 Abs. 1 h) BetrVG 1952 konnte der Betriebsrat mitbestimmen bei der „Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung von neuen Entlohnungsmethoden“. Die betriebliche Lohngestaltung wird nicht genannt. Erst mit der Reform des BetrVG 1972 änderte sich der Wortlaut in unsere heutige Fassung. Aus der Gesetzesbegründung geht hervor, dass sich das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats in § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG über das damalig geltende Recht hinaus auf alle Fragen der betrieblichen Lohngestaltung erstrecken sollte, um so ein umfassendes Mitbestimmungsrecht in diesem Bereich sicherzustellen.27
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Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber unter der betrieblichen Lohngestaltung mehr versteht als allein die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung von neuen Entlohnungsmethoden. So ist es nicht verwunderlich, dass auch die ältere Rechtsprechung zunächst auf dem Begriff der betrieblichen Lohngestaltung eingegangen ist, um im Anschluss als Beispiele Entlohnungsgrundsatz und Entlohnungsmethode zu nennen.28
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Die neuere Rechtsprechung hingegen definiert m.A. den Entlohnungsgrundsatz verkürzend mit der betrieblichen Lohngestaltung und subsumiert alle Fälle unter den Entlohnungsgrundsatz.29 Daraus lässt sich ableiten, dass die Rechtsprechung dem Regelbeispielscharakter des § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG keinerlei Bedeutung (mehr) beimisst. Dies kann nicht überzeugen. Denn unter der betrieblichen Lohngestaltung muss weit mehr verstanden werden. Zur Lohngestaltung gehört auch die Festlegung, in welchem Verhältnis verschiedene Entlohnungsgrundsätze zueinander stehen, wenn ein kombiniertes Entgeltsystem gewählt wird.30 Zu den Strukturformen des Entgelts und damit zu den Entgeltfindungsregeln gehören darüber hinaus auch der Aufbau der Vergütungsgruppen und die Festlegung der Vergütungsgruppenmerkmale.31 Schließlich fällt unter die Lohngestaltung bei zusätzlichen Leistungen des Arbeitgebers die Aufstellung der Verteilungsgrundsätze.32 Diese Regelungsinhalte lassen sich nicht unter den Entlohnungsgrundsatz oder die Entlohnungsmethode subsumieren, sind jedoch gängige Praxis.
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Daher sollte die Rechtsprechung den Begriff der betrieblichen Lohngestaltung wieder stärker in den Blick nehmen, denn er verdeutlicht, dass der Betriebsrat bei weit mehr als allein bei der Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und der Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung mitzubestimmen hat.