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Kap.3 Rittersaal

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Sir Richel tobte!

Gabriel hatte kaum die Möglichkeit sich seinem Vater gegenüber zu verteidigen. Natürlich hatte der Berater des Fürsten vom Abbruch der Handelsbeziehungen mit den Garneks erfahren, bevor dieser überhaupt an der Festung ankam. Sir Richel hatte seinen Sohn sofort zu sich zitiert.

„Ist es dir schon aufgefallen? Die Slarnom tanzen dir auf der Nase herum. Jeder weiß, dass sie ein aggressives Volk sind. Du selbst hast dich erst vor kurzem mit ihnen geschlagen. Hör auf mich! Wir müssen König Somalesch sofort um Verzeihung bitten und die Slarnom endlich der Stadt verweisen.“ Aufgeregt ging Gabriels Vater im Rittersaal hin und her.

„Vater, es gibt eine viel größere Gefahr als ein paar raufende Slarnom!“ erklärte Gabriel. „Die Nordländer sind hier!“

Sir Richel hielt mitten in der Bewegung inne.

„Was?“ Ungläubig schaute er seinem Sohn in die Augen.

„Ist das wahr? Woher weißt du das?“

„Ilse Pompilse hat es mir gesagt.“ antwortete er.

„Wer, zum Teufel, ist Ilse Pompilse?“ Sir Richel hatte Schweißperlen auf der Stirn. Er hatte vor Gabriels Geburt einen Angriff der Nordländer abgewehrt. Sie waren zähe, gnadenlose Kämpfer, die nicht stoppten bevor sie ihr Ziel erreichten oder tot waren. Würden sie tatsächlich Krieg führen und es bis in die Stadt schaffen, gäbe es ein Massaker.

„Ilse Pompilse ist die Beraterin des Slarnomanführers.“ hörte Sir Richel Gabriel sagen. Der Vater des Fürsten musste laut auflachen.

„Eine Slarnom? Eine Slarnom! Und du glaubst ihr? Ist das etwa die Hexe, die den Garnek verprügeln ließ. Du hast mich eben ganz schön erschreckt. Hör meinen Rat! Vergiss das Geschwafel von dem Weibsstück. Entschuldige dich bei König Somalesch und verweise die Slarnom endlich der Stadt!“

Sir Richel hatte seine Ruhe und damit seine Gelassenheit wiedergefunden. Wäre er Fürst gewesen, er hätte die Slarnom damals vor der Stadt ihr Lager aufschlagen lassen, nicht mitten im Flüchtlingslager der Fabelwesen. Er traute dem herumziehenden Volk nicht. „Ich habe es in ihrem magischen Würfel gesehen. Es ist wahr! Ich vertraue Ilse! Nicht alle Slarnom sind schlecht!“ gab der junge Fürst gereizt zurück.

„Also tatsächlich eine Zauberin, vielleicht doch eine Hexe. Sie kann dir alles Mögliche in ihrem Würfel zeigen.“ zweifelte sein Vater. Der Fürst wurde immer gereizter. Warum vertraute sein Vater ihm nicht mehr und warum glaubte er ihm nicht, dass Ilse eine gute Frau ist? Sir Richel machte einen Vorschlag: „Hör zu! Du entschuldigst dich bei König Somalesch und bittest um Wiederaufnahme der Handelsbeziehungen. Dann gehst du zu deiner Ilse Pom.. , wie auch immer und sorgst dafür, dass ihre Leute keinen Unfug mehr machen. Des Weiteren versetzt du unsere äußeren Turmwachen in erhöhte Bereitschaft.“

Den letzten Teil fügte der Fürstenvater nur hinzu, um Gabriel etwas friedlicher zu stimmen. In Wirklichkeit glaubte er, dass die Slarnom mit der angeblichen Bedrohung der Nordländer von ihren eigenen Verfehlungen ablenken wollte.

Gabriel hingegen war froh um den letzten Satz seines Vaters. Er ging tatsächlich davon aus, sein Vater nähme die Bedrohung doch nicht ganz auf die leichte Schulter. Was bedeutete, dass Richel Ilse zumindest ansatzweise glaubt.

*

Nach der Debatte mit seinem Vater hatte Gabriel das Bedürfnis nach frischer Luft. Er ging in den Burghof und sah Ambrosius noch in der Festungsschmiede arbeiten.

„Na, Dickerchen, noch ein wenig Eisen klopfen?“ foppte er seinen Schmied.

„Einer von uns beiden muss ja was arbeiten.“ gab der schlagfertig zurück.

„War keine Glanzleistung heute auf dem Markt.“ fügte er noch hinzu.

„Hat sich ja schnell rumgesprochen.“

„Ich habe so fest und laut wie möglich auf das Eisen geschlagen. Ich konnte das Toben deines Vaters, als er von der Aktion hörte, nicht übertönen. Wie kommst du eigentlich darauf, dass die Slarnom plötzlich nett sind?“

Ambrosius hatte mit dem Arbeiten aufgehört.

„Wegen Ilse. Sie hat mir gezeigt, dass die Slarnom gut sind.“ antwortete Gabriel verträumt.

„Ist das das hässliche Weibsstück, das vor ein paar Tagen um Gnade gewinselt hatte?“

„Sie ist nicht hässlich, Ambro. Sie hat einen Leberfleck an der Nase. Das stimmt. Aber sie hat auch Augen, so grün wie Frühlingsgras, so grün wie der Frühling selbst.“ Gabriel machte eine Pause bevor er weitersprach.

„Und sie hat uns auf die Nordländer im Kugratwald aufmerksam gemacht.“

„Du spinnst, Gabo!“ Immer wenn der Fürst ihn Ambro nannte, nannte der Schmied ihn Gabo.

„Erstens: Falls wir von derselben Frau sprechen, ist diese absolut eklig. Das genaue Abbild einer Hexe, außer der Figur vielleicht. Die war ganz ansprechend. Und zweitens: Jeder kennt die Geschichten von deinem Vater und den Nordländern. Die trauen sich nie wieder eine Stadt wie Steinfall zu überfallen.“

Sir Richel und seine Armee hatte damals, gemeinsam mit den Garneks die Nordländer zurückgetrieben und bis in die verschneiten Berge von Ascaria gejagt. Gabriel wurde streng.

„Sprich nicht so von Ilse! Sogar mein Vater glaubt ihr. Er hat mir geraten die Wachen in erhöhte Bereitschaft zu versetzen.“

Ambrosius schüttelte nur noch den Kopf. „Wolltest du mit mir ein Liebesgedicht für Ilse einüben oder hattest du einen wirklichen Grund mich von der Arbeit abzuhalten?“ Er stellte die Frage spaßig. Insgeheim machte er sich aber große Sorgen. Das war nicht der Gabriel den er kannte. Doch der Fürst boxte ihm nur freundschaftlich auf die Schulter, zwinkerte ihm zu und machte sich ohne geantwortet zu haben auf in Richtung Herrenhaus.

Bevor er das Wohngebäude erreichte machte er noch einen Abstecher zum Wachlokal der Festung und befahl dem anwesenden Offizier, die Soldaten auf der Stadtmauer zu verdoppeln und erhöhte Bereitschaft für die Truppen auszurufen.

*

Der Rittersaal war verlassen als er dort ankam. Sir Richel hatte sich schon zu Bett begeben. Auch der Fürst war müde, doch beschäftigten ihn die Ereignisse des Tages zu sehr um gleich in den Schlaf finden zu können. Noch nie war er in der Situation, dass die ganze Stadt bedroht wurde, noch nie gab es Streit mit den Fabelvölkern. Er war froh, dass sein Vater ihm mit Rat und Tat zur Seite stand.

Nun hatte er sich auf einen der schmuckvollen Stühle an der Tafel des Rittersaales niedergelassen und betrachtete die Bilder seiner Vorfahren. Die Wände waren reihum bedeckt mit seinen Urahnen. Auch einige Frauen waren darunter. Vor allem die Damen waren oft in kämpferischen Posen, bekleidet mit schweren Rüstungen dargestellt.

Zwischen den Bildern hingen die reichverzierten Schmuckschilder der jeweils gezeigten Personen.

Alle hatten, zumindest als Teilbild, die Klippen mit dem schützenden Schild in ihrem Wappen.

Das Zeichen der Steinfalls.

Jede dieser Personen hatte die Stadt vor Gefahren verteidigt.

Wie hatten die sich wohl gefühlt als eine Bedrohung wahrnehmbar wurde, überlegte Gabriel als eine der Türen des großen Saales sich öffnete und die Mutter des Fürsten eintrat. Sie ging zu ihrem Sohn, strich ihm sachte über das Gesicht, legte ihm dann die Hände auf die Schulter und massierte seinen Nacken. Sie trug schon ihr Nachtgewand über das sie einen wärmenden Wollmantel gelegt hatte. Ihre Haare waren von der strengen Tagesfrisur befreit und umspielten nun sanft ihr, trotz des gehobenen Alters, wunderschönes Gesicht. „Ich habe mit deinem Vater gesprochen“, begann sie. „Er macht sich große Sorgen um dich. Bist du dir sicher was diese Slarnom angeht?“

„Mutter!“ Gabriel sprang auf.

„Vater fordert die Wachbereitschaft zu erhöhen, also glaubt er mir. Warum fängst du jetzt wieder mit diesen Zweifeln an?“ Lady Helega senkte beruhigend die Arme.

„Weil es unmöglich scheint, dass eine Frau, die einem pöbelnden Volk angehört und wie du sagst sogar Einfluss auf den Anführer dieser Menschen nimmt, keine Hintergedanken dabei hat.“

„Mutter, du kennst sie nicht einmal und maßt dir ein Urteil an. Lasst mich doch alle in Ruhe!“ rief der junge Fürst und verließ wütend den Rittersaal.

Mit sorgenvollem Blick schaute die Fürstenmutter ihrem Sohn nach.

Der rannte zum Stall und ging zu Silberstern.

Das Einhorn lag schlafend in seiner Box. Gabriel setzte sich zu dem Tier, lehnte sich an dessen Seite und fand dort endlich ein wenig Ruhe.

Genug um schließlich einschlafen zu können.

Der Schwarze Stier II

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